Beiträge von Mrs.Dalloway

    Jaqui: Ich meinte dabei gar nicht Vegetarier, sondern einfach ganz normale Menschen, die gegenüber Vegetariern sagen, dass sie selten Fleisch essen und das dann nicht so gut ankommt. Wenn man Vegetarier ist, sollte man gar kein Fleisch essen. Das sehe ich schon auch so.


    @Nimue: Ja, ich mach mich mal auf die Suche nach Zitaten. Kann allerdings ein wenig dauern. :winken:

    Dagegen sagt ja hier auch niemand was. Nur: Wozu braucht es dann noch einen trendigen Namen? Früher gab es auch nur einmal pro Woche Fleisch auf dem Teller. Da wäre niemand auf die Idee gekommen, sich als Flexitarier zu bezeichnen. Daran sieht man doch erst recht, dass es eher ungewöhnlich ist, mal kein Fleisch zu essen.


    Gut, der Name ist natürlich bescheuert, aber es wurden hier (auch vor der Leserunde) schon öfter mal abwertende Kommentare gegen Leute gebracht, die von sich sagen, dass sie wenig Fleisch essen. Dachte, jetzt wäre der Moment, mal nachzufragen, ob das denn wirklich so schlimm ist. :winken:


    Verwerflich nicht, aber erstens ist das Buch von Schlosser nun schon zwölf Jahre alt, was im Zuge einer wissenschaftlichen Arbeit eine Ewigkeit ist. Unser Prof. sagte immer, wir sollen Literatur verwenden die höchstens fünf Jahre alt ist. Und gerade bei dem Thema kann sich sehr viel ändern.


    So sehe ich das auch. Und wenn das Buch schon 12 Jahre alt ist, kann es ja auch sein, dass die Interviews noch älter sind bzw. diese auch nicht von Schlosser direkt durchgeführt wurden. Hat denn jemand dieses Buch und kann nachsehen?


    Ich habe gerade noch einmal nachgesehen, die Zitate aus Kapitel 3 der Schlachtarbeiter haben (fast?) alle eine Quellenangabe. Oder meine ich jetzt etwas anderes?


    Und diese sind alle aus einem anderen Buch übernommen. Ich würde aber gern wissen, wie die Interviews abgelaufen sind und ob diese Arbeiter ehemalige Arbeiter sind oder dort noch immer Arbeiten. Bei Interviews bin ich da immer skeptisch und wenn sie nur auf ein weiteres Buch verweist, reicht mir das nicht.

    Und wie ist es mit den Gedankenspielen, die in "Die Welle" oder "Das Experiment" beschrieben werden? Es entspricht Tatsachen, dass Menschen, die in Machtpositionen über Schwächere willkürlich agieren dürfen, diese Macht auch ausnutzen (ja, ich weiß - Ausnahmen gibt es immer).


    Ich finde die Beispiele nicht ganz passend. Wenn es sich um Mensch-Mensch-Situationen handelt, ok. Aber ich denke, dass die meisten dieser Arbeiter auch so abgestumpft sind, dass Tiere einfach als Objekte behandelt werden und dann ist das doch noch einmal etwas anderes, weil ich glaube, dass sich da doch weniger Wut aufbaut. Aber vielleicht denke ich auch zu positiv... Ich weiß auch nicht...

    In einem der Artikel steht drin, dass es keine ausgebildeten Metzger, sondern überwiegend angelernte Hilfskräfte sind :winken:


    Das schon, aber wenn man eine Metzgersausbildung macht, muss man da doch sicher auch durch, oder? Das stelle ich mir zumindest so vor. Aber wie gesagt: Ich frag mal nach.


    Ich habe auch eine Freundin, die Tiermedizin studiert und ebenfalls in einem Schlachtbetrieb mithelfen muss (die genaue Begründung dafür weiß ich gerade leicht nicht mehr).

    Dass man das nicht genau gleichsetzen kann, ist mir bewusst. Was ich aber z. B. nicht weiß, ist wie so eine Metzgerausbildung so abläuft, sprich ob man da nicht auch mal in so Betrieben arbeiten muss. Bei meinem Onkel z. B. meine ich zu wissen, dass er da mal gearbeitet hat. Naja, ich werde diesbezüglich auf jeden Fall mal nachforschen und ein paar Fragen stellen.

    Ich kann zwar nur aus persönlichen Erfahrungen sprechen, aber mein Papa ist Metzger und mein Onkel auch. Die Umstände sind (bzw. waren: Hausschlachtungen sind ja nicht mehr erlaubt) zwar andere, weil es natürlich in sehr viel geringerem Rahmen abläuft, aber im Grunde bleibt es gleich: Beide töten Tiere und von beiden könnte ich nicht sagen, dass sich das irgendwie auf ihr Leben mit Menschen auswirkt. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass ich meinen Papa früher oft zum Schlachthof begleitet habe und die Leute da habe ich auch noch als sehr nett und lebensfroh in Erinnerung. Hier kann ich Joys Berichte einfach so überhaupt nicht mit meinen eigenen Erfahrungen in Einklang bringen und deshalb habe ich da gerade große Probleme, logisch an das Kapitel zu gehen. Joys Beispiele sind Einzelfälle und meine auch. Es steht also Aussage gegen Aussage... Wenn ich meinen Papa das nächste Mal sehe, frage ich aber mal nach, wie das so ist, ob man abstumpft etc.


    Den Rest des Kapitels fand ich gut und nachvollziehbar. Außer ein paar kleinen Aussetzern ("das kranke System" etc.) war er auch neutral und objektiv gehalten, fand ich. Auf das nächste Kapitel freue ich mich besonders. Mal schauen, wie viel mir bekannt vorkommt und ob ich auch schon Mythen auf den Leim gegangen bin.

    Jaqui: Ich glaube eigentlich schon, dass das geht. Es gibt ja sogenannte Foodforscher, die Bücher über Ideologie und Symbolik des Essens schreiben. Ich finde auch, dass Joys Ansatz schon ganz gut ist, nur - wie schon erwähnt - einseitig angewendet.


    Würde ich als Fleischesserin übrigens ein Buch über "richtige" Ernährung schreiben, würde bei mir wohl auch vegetarisch/vegan besser abschneiden. Ich bin mir durchaus bewusst, dass das die ethisch eher vertretbare und vermutlich gesündere Alternative ist, aber das heißt nicht, dass sie für jeden und für die individuellen Bedürfnisse gleichermaßen gut ist.


    Ok, das kann ich nachvollziehen und sehe das sogar genauso. Eine Alternative wäre hier z.B. "Kein Fleisch macht glücklich" von Andreas Grabolle. Dieser ist Biologe, Klimaexperte, Wissenschaftsjournalist und hat das Buch als Fleischesser begonnen (wurde aber im Verlauf der Recherchen zum Veganer). Wäre so etwas glaubwürdiger?


    Die Referenzen klingen gut, aber auch hier wird ja die eigene Ernährungsweise zum Thema gemacht. Ich persönlich fände ein Buch interessant, bei dem ich nicht nach der ersten Seite sagen kann, wie sich der Autor ernährt. Ich habe mir gerade mal die Amazonbeschreibung von Grabolles Buch durchgelesen und weiß nach dem ersten Satz schon, dass es nichts für mich ist:


    Zitat von amazon

    Wie ernähren wir uns richtig?


    Lass mich raten: Vegan? :zwinker: Ich glaube, bei Ernährung gibt es kein richtig und falsch. Ich kann mich gesund, ethisch korrekt, einseitig etc. ernähren, aber meines Erachtens nicht richtig oder falsch. Die Frage ist für mich ein wenig unglücklich gewählt. (Wobei ich hier natürlich nicht das Buch verurteilen will, wenn ich es nicht gelesen habe. Vielleicht steckt ja sogar amazon oder ein Verlagsschreiber hinter dieser Inhaltszusammenfassung.) :winken:

    Mich würde interessieren, wie der Eindruck entsteht.


    Ich habe den Eindruck aber auch. Das liegt ganz einfach daran, dass Joy selbst Vegetarierin (Veganerin?) ist und man dies beim Lesen einfach merkt. Das Thema ist ihr wichtig und natürlich verfechtet sie deshalb die eigene Sichtweise. In dem SZ-Interview sagt sie ja auch, dass Fleisch essen im Gegensatz zu ihren ethischen Grundprinzipien steht. Logischer Umkehrschluss ist, dass Fleischesser für sie unethisch handeln und auch wenn sie das so nie direkt sagt, zwischen den Zeilen kommt es doch immer mal wieder durch.


    Ich gebe zu, dass Joy sich schon sehr viel Mühe gibt, das alles möglichst sachlich zu halten, was man auch aus der Wahl ihrer Personalpronomen lesen kann:


    Zitat von SZ-Interview

    Der erste Mechanismus ist das Leugnen. Wenn wir leugnen, dass es ein Problem gibt, müssen wir auch nichts dagegen machen. Das Leugnen drückt sich zum Beispiel darin aus, dass wir die gesamte Tierproduktion, die Schlachtfabriken und so weiter, so gut wie nie zu sehen bekommen.


    Sie benutzt zwar "wir" und vermittelt dem Leser da ein Zugehörigkeitsgefühl, das auch ausdrücken soll: "Keine Angst. Es liegt am System. Du bist nicht persönlich dafür verantwortlich." Andererseits ist dieses "wir" aber eben eine Illusion, weil es sich doch nur auf Fleischesser bezieht und Vegetarier/Veganer das System durchblickt haben.


    So ein Buch wäre nur dann neutral, wenn es auch wirklich aus einer neutralen Position heraus geschrieben würde, z. B. der eines Food-Forschers, der seine eigene Essensweise nicht thematisiert und beide Seiten kritisch betrachtet. Joy betrachtet immer nur den Karnismus kritisch und das ist die große Schwachstelle.

    Wäre ein ganz gutes Beispiel nicht z. B. das Gastrecht in Staffel 3? (Entschuldigt, mir fällt gerade auch kein gutes Beispiel aus den ersten Staffeln ein)



    Ist jetzt nur ein kleines Beispiel, aber da fehlte mir in der Serie die Erklärung. :winken:


    Ein Argument wurde hier von den Fleischessern noch gar nicht gebracht: Vegetarisches Essen schmeckt nicht.


    Ich glaube, das Argument wurde von uns ganz einfach noch nicht aufgeführt, weil alle Mitschreiber hier erstens interessiert sind an der Thematik und offen für Neues, und zweitens weil wir durch die ganzen veganen Kochbuchthreads ja auch indirekt mitbekommen haben, dass es durchaus schmecken kann.


    Interessant finde ich, dass alle von dir genannten Beispiele für nicht ganz so schmackhaftes vegetarisches/veganes Essen entweder laut Titel ein Fleischgericht nachahmen oder mit Ersatzprodukten daherkommen. Vielleicht würden sie ja besser schmecken, wenn nicht schon der Titel einen Vergleich mit Fleischprodukten nahelegt, sondern es eben einfach heißt "toskanische Gemüsepfanne mit Cashewnüssen" oder so. Das ist aber nur meine Vermutung. Ich kenne ja eure Kantine nicht. :breitgrins:

    Hm, das sind leider die meisten :redface:. Du darfst das jetzt nicht mit den Leuten hier im Forum verwechseln, aber wenn ich höre, dass Kühe gemolken werden müssen, weil sonst ihr Euter platzt, dann bekomme ich die Krise. Oder ein "Was soll denn mit den ganzen Tieren passieren, wenn alle vegan werden?". Es ist wirklich kaum zu glauben, welche Ansichten da oft vorherrschen. Immer wieder hört man, dass die Leute beim Metzger "ihres Vertrauens" einkaufen (nur regionales Fleisch von Kühen, die hier sicher auf der Weide stehen) usw.


    Wobei ich hier aber einen Unterschied sehe zwischen diesen Fleischessern und den befragten Studenten. Die von nimue genannten Fleischesser sind zwar auch uninformiert, sind sich dessen aber nicht bewusst, weil ihr "Wissen" eben auf irgendwelchen Quellen beruht (sei es Fernsehen, Klatsch mit Freunden, was auch immer). Die Studenten in Joys Beispiel reagieren auf ihre Folgefragen aber immer mit "Weiß nicht." oder "Ist halt so.". Das impliziert auch eine gewisse Uninteressiertheit. In meinem Kopf stelle ich mir dabei sofort einen Raum voller baggyjeanstragender, kaugummikauender, halbschlafender Studenten vor, die sowieso nicht zuhört. Und wenn das jetzt die Metapher für Fleischesser sein soll, finde ich das schon ein wenig problematisch.

    Für den durchschnittlich gebildeten Verbraucher gibt es keine Alternative zum Fleischkonsum. Er wüsste gar nicht, was er dann kochen sollte (so wie meine Eltern). Fleisch, Milch, Eier, Butter, Kartoffeln, Marmelade, Obst und Gemüse gehören immer auf den Tisch. Nichts davon kann sich der normale Verbraucher wegdenken.


    Ich glaube aber, das ändert sich und zwar gerade in der jüngeren Generation. Ich kann mir sogar vorstellen, dass der "Lifestyle-Veganismus" stark dazu beiträgt. Wenn Veganismus weniger "politisch" wirkt, wirkt er auch weniger "abnormal" und man traut sich eher mal, andere Lebensmittel auszuprobieren.


    Den Zusammenhang zwischen Bildung und Fleischkonsum kann ich zwar nachvollziehen, aber da immer mehr Medien (auch RTL oder so) Veganismus jetzt weniger als politische Extremposition und mehr als Lifestyleentscheidung oder Diätmöglichkeit darstellen (kommt zumindest mir so vor), kann ich mir schon einen Wandel vorstellen.


    Das meiste, was hier steht, kannte ich aus anderen Artikeln oder Büchern, aber ich habe noch nie in solcher Deutlichkeit Schilderungen gefunden, wie die Angestellten der Schlachthöfe mit den Tieren umgehen.


    Auch ich fand genau diese Schilderungen am heftigsten bis ich aber bemerkte, dass Joy hier keine wirklichen Quellen nennt. Sie verweist nur auf ein anderes Buch, aber nicht wann/wo/wie diese Interviews angestellt wurden und ob der andere Autor vielleicht auch nur einen anderen Autor zitiert.


    Ich will damit nicht abtun, dass es so zugehen kann, aber bessere Quellenangaben würden dem Buch mehr Authentizität verleihen. Gerade Interviews hängen doch stark von den Rahmenbedingungen etc. ab.


    Meine vorläufige Antwort wäre: Man hat in der Kindheit gewisse Ekelmuster verinnerlicht. Und Verhaltensweisen. Die Fliege darf getötet werden, der in der Wohnung verirrte Schmetterling wird hingegen eingefangen und wieder freigelassen. Zudem bedienen bestimmte Tiere unseren Beschützerinstinkt. Eine Katze spricht uns mehr an als ein Schwein oder eine Kuh (zumal eine Katze eben auch von einem Kind zu handeln ist, ganz im Gegensatz zu einer Kuh). Dann kommt hinzu: Fleischfarbe rosa gilt als lecker, daher wird dann als Erwachsener auch Hummer gegessen, bei Insekten gibt es diese Farbe jedoch nicht. Also eine Form der Konditionierung, oder wie nennt man das?


    Und da diese (arbiträren)* Verhaltensweisen von Eltern, Erziehungsinstituten und Medien vermittelt werden, die Althusser und Marx als ideologische Staatsapparate ansehen, hättest du somit eine Ideologie des Essens. :breitgrins: Eine logische Begründung gibt es aber nicht, weshalb die meisten Diskussionen mit "Das war halt schon immer so" enden.



    [size=6pt]* "arbiträr" aus Sicht eines Kulturwissenschaftlers. Ein Biologe würde vielleicht mit Instinkten und Warnfarben argumentieren, nur leider habe ich davon persönlich keine Ahnung. Ich habe als Kind zumindest fröhlich im Dreck gesessen und Würmer gegessen bis meine Eltern sie mir entsetzt entrissen haben. :redface:[/size]