Beiträge von Trugbild

    Der Steppenwolf hat mich in seinen Bann gezogen, mich gefesselt, verwirrt, verstört und enttäuscht.

    Die Geschichte um Harry Haller war mir zwar größtenteils verständlich und ich erkannte mich auch stellenweise in ihm wieder, aber am Ende blieb ich dennoch erstmal ratlos zurück.


    Glücklicherweise hat sich ein Deutscher Lehrer die Mühe gemacht, das Buch in einem Video ausführlich zu besprechen und mit Informationen aus Hesses damaliger Lebenssituation anzureichern, inbesondere den Lehren aus Hesses Psychotherapie, die er zur Zeit der Entstehung des Buches wohl gemacht hat. Dadurch wurde vieles klarer und verständlicher und die losen Teile haben sich zu einem Ganzen zusammengefügt. Die Individuation des Buches ist mir sozusagen Dank diesem Film gelungen. :)

    Dieser Lehrer hat wirklich einen fantastischen Job gemacht und darum erlaube ich mir hier, einen Link zum zusammenfassenden PDF-File zu setzen, in dem auch ein Link zum 68-minütigen Youtube-Video enthalten ist:

    http://www.klausschenck.de/ks/…teppenwolf-ueberblick.pdf

    Meine persönliche Meinung zum Steppenwolf ist, dass die Kernaussagen zu umständlich verpackt worden sind und es unumgänglich ist, sich mit der Lebenssituation Hesses zur Zeit der Entstehung auseinanderzusetzen (insbesondere die Schritte zur Individuation nach C.G. Jung, die ihm wohl in seiner Therapie vermittelt worden sind), um das Buch vollends zu verstehen. Verglichen mit den beiden anderen Büchern von Hesse, die ich bisher gelesen habe (Siddhartha und Das Glasperlenspiel) wirkt es auf mich etwas unausgegoren, umständlich und verworren. Es war nicht einfach, einen roten Faden zu finden. Nachdem mir die beiden anderen Bücher so gut gefallen haben, bleibt vor allem die Enttäuschung.


    2ratten

    Dolorian hat riesige Brüste und Glasken würde sich eher an einem Astloch vergehen als enthaltsam zu sein.


    (...) er (Glasken) legte der Funkerin seinen Arm um die Schulter, um an ihrem Kopf vorbeisehen zu können. Glasken wurde bewußt, dass seine Hand zwar auf ihrer linken Brust ruhte, er sich aber noch keine Ohrfeige eingefangen hatte. Er drückte sie einmal liebevoll und versuchsweise.


    McMullen hat ein Gespür für Erotik, das in etwa so feinfühlig ist wie ein Luxusdampfer im Yachthafen. Schade, dass er so viel davon in sein Buch reindrücken musste - das erweckte in mir bisweilen einen geradezu zwanghaften Eindruck. Dabei hatte es so gut angefangen: die Grundidee passt und ist interessant. Die erste Hälfte des Buches hatte mich sehr angesprochen - die zweite dann weniger. Lemorel wird von der sensiblen jungen Frau zum weiblichen Hitler und Glasken hat auch auf dem Schlachtfeld schlußendlich nur Titten im Kopf. Dazu eine lieblos gestaltete und ab Mitte des Buches völlig wertlose Karte mit den geographischen Begebenheiten. Auf den letzten (gefühlten) 200 Seiten folgt eine ausgedehnte Beschreibung des sinnlosesten Krieges, von dem ich wahrscheinlich jemals gelesen habe.


    Trotzdem noch....
    3ratten

    Ah ja...
    wobei ich jetzt natürlich sagen kann, dass ich unter "zerpflücken" das Auseinandernehmen und eventuelle Uminterpretieren einer Aussage verstehe... und das habe ich ja nicht gemacht... ich habe die Aussage mit nachweisbaren Zahlen widerlegt und ja nicht wirklich zerpflückt.


    ...aber wieso schreibt man irgendeine Behauptung in ein Forum, wenn man keine Antworten wünscht? Da wäre ein Gästebuch vielleicht besser geeignet. :smile:
    Zumal es dann auch noch genau derjenige Thread ist, der vom Ursprungs-Thread losgelöst wurde, damit diskutiert werden kann?


    Ist das hier jetzt eigentlich ein Forum oder eine lose Aneinanderreihung von nicht zusammenhängenden Aussagen, auf die man nicht eingehen darf?
    Na dann schreibe ich doch jetzt auch ganz einfach: ich wünsche nicht, dass dieses Post zerpflückt wird. :rollen:
    Oder vielleicht sollte man diesen Thread aufteilen in zwei Threads und die Diskussion über die Diskussion über das eigentliche Ursprungs-Thema auslagern.


    Sie kann aber als Gegenstück ebenso "Warum gerade ein Zauberlehrling und nicht Alice im Wunderland oder Star Wars oder sonst wer?" implizieren.


    Nicht Star Wars? Und nicht Alice im Wunderland?
    Da möchte ich daran erinnern, dass 1999 Star Wars - Episode 1 knapp 1 Milliarde Dollar eingespielt hat, Episode 2 im Jahr 2002 rund 650 Millionen Dollar und Episode 3 im Jahr 2005 850 Millionen Dollar.... ohne jetzt auch noch die Trickfilm-Fernseh-Serie, die anhaltende Bücher-Reihe und so weiter wirklich zu berücksichtigen...


    Die Neuverfilmung von Alice im Wunderland, erschienen in diesem Jahr, befindet sich momentan bei rund 880 Millionen Dollar und liegt somit bereits vor Harry Potter und die Kammer des Schreckens und Harry Potter und der Gefangene von Azkaban. Er liegt aktuell gemessen an den Einspielergebnissen auf Platz 17 aller Zeiten!


    Und was ist mit Avatar? Der hat so viel eingespielt, wie die drei erfolgreichsten Harry Potter-Filme zusammen!


    Daraus könnte man ja jetzt wieder schliessen, dass es eben ein "aktueller" Hype ist, aber man kann die Einspielergebnisse natürlich schlecht mit den Einspielergebnissen von früher gleichsetzen (z.B. aufgrund der Teuerung bei Kinopreisen, zunehmend weltweiter Vermarktung etc.)
    Tatsächlich ist "Star Wars" der erste Film in der Rangliste, der älter als 1993 ist - und der ist von 1977. Bis zu Jurassic Park im Jahr 1993 war Star Wars der erfolgreichste Film. Beide sind dem Bereich der Phantastik zuzuordnen - und Star Wars hat mit seinen Rittern, Schwertern, Prinzessinen und Imperien sowieso eher mehr Elemente aus dem Fantasy-Bereich als aus der Science Fiction.


    Und das sind jetzt alles Zahlen und Fakten und keine unbelegten Behauptungen.


    Trugbild: Ich schreibe dir eine PN zu dem Thema, dann kannst du selbst entscheiden, inwiefern du den Vortrag ernst nehmen willst oder nicht. Der Grund, warum ich keine Inhalte nachliefere, ist der oben genannte. Wenn man so hingestellt wird, als ob man die Unwahrheit sagt, hat man nicht viel Lust, sich in eine ausgedehnte Diskussion zu begeben. Zumal ich weiß wie Diskussionen hier ausarten können und ich nicht Teil einer solchen sein möchte.


    Danke für die PN.
    Es war falsch ausgedrückt. Wie bereits geschrieben zweifle ich nicht an, dass dieser Vortrag so stattgefunden hat. Richtig wäre vielleicht gewesen: dieser Vortrag mit der vermeintlichen Erkenntnis, dass...

    Kann ich grundsätzlich verstehen... allerdings habe ich halt schon so vielen unqualifizierten Leuten zugehört, die sich aus irgend einem Grund dazu berufen gefühlt haben, ein Publikum mit ihren Erkenntnissen und Gedankengängen zu beglücken, dass die Skepsis zu einer Art natürlicher Reaktion geworden ist.
    Ich zweifle nicht daran, dass der Vortrag stattgefunden hat - ich zweifle nur an der Qualität, da mir die These des auffällig zunehmenden Konservativismus in Kinder- und Jugendbuchliteratur ein typisches Produkt übereifriger Allegoriker scheint.
    Mir kam es jedenfalls vor, als ob dieser "Vortrag" bewusst so erwähnt wurde, dass alleine der Tatsache, dass etwas vor Publikum vorgetragen wurde, eine gewisse Gewichtung zuteil werden müsste - und das lehne ich entschieden ab - zumal ja jetzt auch keine Inhalte nachgeliefert werden. Der Fakt der Ablehnung des unehelichen Geschlechtsverkehrs in aktueller Fantasy-Literatur für Jugendliche bleibt auf das fragwürdige Beispiel eines typisch amerikanisch-prüden Teeny-Romans begrenzt, der aufgrund der Randbedingungen unglücklicherweise anstatt in der "Beverly Hills 90210"-Schublade in der Abteilung "Phantastik" gelandet ist.

    Im zweiten Band der Bartimäus-Trilogie kommt sogar ein Verführungszauber zum Einsatz.


    Naja. Ok. :D
    Also mal abgesehen davon, dass man sich darüber streiten kann, inwiefern das jetzt in den angesprochenen Bereich geht, würde das ja eher meine Seite stützen, da Bartimäus ja aktuelle Fantasy-Literatur ist und offenbar nicht so konservativ wie in dem vermeintlichen Vortrag angesprochen. :)


    Trugbild:
    Und warum gehst du davon aus, dass ich nur von populärer amerikanischer Jugendliteratur spreche?


    Weil Du Twilight als einziges Beispiel anführst und mir ehrlich gesagt auch gar kein anderes Beispiel einfällt.
    Welche Beispiele gibt es denn noch?


    Die Fantasy-Literatur die mir bekannt ist, spricht das Thema Sex noch nicht einmal ansatzweise an.


    [Edit:] Das ist natürlich ungenau ausgedrückt. Natürlich ist mir die Existenz von Nackenbeisser-Fantasy/Grusel bekannt, zu der Twilight wohl so eine Art jugendgerechter Light-Variante ist - aber die würde ich definitiv nicht in den Bereich Kinder-/Jugend-Fantasy einordnen, da die ja ziemlich eindeutig eine Zielgruppe >30 haben.

    Eine interessante Frage, im Hinblick darauf, dass ich neulich einen Vortrag zum Thema Kinder- und Jugendbuch gehört habe, in dem erwähnt wurde, dass ein erstaunlich konservativer Ruck derzeit durch die KiJuLiteratur geht (Man nehme nur das "no Sex until Marriage" der Twilight-Romane als prominentestes Beispiel). Auch das ist eine Frage, die ich nicht einfach so abtun würde.


    Ach... populäre amerikanische Kinder- und Jugendliteratur war mal anders?

    Es ist doch eine triviale Erkenntnis, dass man Kinder und Jugendliche mit Fantasy- und Abenteuerliteratur am ehsten zum Lesen kriegt. Was schauen sich denn Kinder und Jugendliche am Fernsehen und im Kino an? Es sind wohl nur wenige, die auf der Leinwand sogenannt "wertvolle" Filme einem guten Fantasy- oder Action-Kracher vorziehen würden. Allenfalls noch Komödien - die halt in Buchform nicht so rübergebracht werden können wie auf der Leinwand (bzw. schon gewisse Anforderungen an den Leser stellen und daher nicht so optimal für einen Leseeinstieg sind).
    Ich habe es nie verstanden, wie man 13- oder 14-jährige für "Der Richter und sein Henker" will begeistern können. Da lebt man wohl ein bisschen in einer elitären Traumwelt. :)


    Ich bin jedenfalls 32 Jahre alt und finde nicht, dass es früher viel anders war. Im Bereich Bücher und Filme gab es keine Massen-Hysterien wie Harry Potter oder Twilight, aber auch wurden z.B. die "New Kids on the Block" als Produkt global vermarktet und alle erdenklichen Fan-Artikel verkauft. Es hat wohl ein bisschen gebraucht, bis sich das richtige Buch für eine derartige Ausschlachtung anbot und wenn der Stein mal rollt...


    In der Grundschule lasen wir Krabat. Und das ist definitiv ebenfalls im Bereich der Fantasy anzusiedeln. Und ab dem Alter von 11 oder 12 habe ich Stephen King gelesen und das stammt schlussendlich auch aus dem Reich der Phantastik. Übrigens war Stephen King damals in aller Munde und alle lasen Stephen King (so kam es mir jedenfalls vor).
    Mitte 90er las ich dann vor allem Dean Koontz, dessen Bücher ebenfalls meist einen hohen Phantastik-Gehalt haben und von dem es schon damals hiess, dass er über 170 Millionen Bücher verkauft hat...


    Zudem gab's schon in den 80ern die John Sinclair-Reihe, die ein absoluter Renner war. Als Hefte, als Bücher, als Hörspiele...


    In den 70ern und 80ern gab es noch die Mark Brandis Science Fiction-Reihe, die ebenfalls ein beachtlicher Erfolg war.


    Und wieso erwähnen wir auch nicht mal die ganzen Action-Comics a la Spiderman, Batman, Superman etc. Was ist denn das anderes als Fantasy? Und die sind schon seit über einem halben Jahrhundert äusserst erfolgreich und wurden schon in den 70ern und 80ern als Fernsehserien und Kinofilme umgesetzt.


    weit zurück in den 30ern gab es die Rolf Torring-Hefte - ebenfalls ein beachtlicher Erfolg.
    Oder was ist mit Perry Rhodan? Diese Reihe gibt es schon seit anfangs 60er?
    ...


    Je mehr ich darüber schreibe, desto mehr bin ich überzeugt, dass das einzige, was ich sich wirklich geändert hat die mediale Aufmerksamkeit und das unfassbare Ausschlachten einzelner Produkte ist.



    PS: Und mal ehrlich - was hat unser kleine Zauberlehrling eigentlich zu melden gegen eine Alice, die schon seit 145 Jahren durchs Wunderland zieht und über alle Jahrzehnte verteilt schon rund 30 (!) mal verfilmt wurde? (ganz zu schweige von den TV-Serien).
    Tatsächlich waren laut Wikipedia die 20er Jahre das einzige Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts, in dem es nicht mindestens 1 Alice im Wunderland-Verfilmung gegeben hat.


    Und doch, die heutigen Jugend ist anders. Würde keine Nachfrage nach in der Umfrage beschriebenen "Fanartikeln" bestehen, würden diese in der kapitalistischen Welt nicht produziert.


    Aber auch das ist kein neues Phänomen, schon ab den 70er Jahren wurde die ganze "Star Wars"-Thematik Merchandise-mässig ausgeschlachtet bis zum geht-nicht-mehr. Darauf hat man ihr Potenzial mehr und mehr erkannt.
    Die Antwort darauf ist also nicht, dass die Jugend von heute anders ist, sondern dass der Kapitalismus einfach seine Zeit braucht, um Potenziale zu erkennen und auszuschöpfen.


    Zitat

    Warum sind die Verkaufszahlen so hoch?


    Ich glaube, dass auch diese Frage falsch gestellt ist. Neu sind nicht die hohen Verkaufszahlen, sondern dass sich die hohen Verkaufszahlen auf wenige Werke konzentrieren, während früher die Verteilung viel grösser war - da gab es vielleicht lokale Hypes, aber keine globalen, durch die Medien aufgegriffene und verstärkte.
    Zudem glaube ich, dass durch den zunehmenden Wohlstand auch Bibliotheken eine weniger bedeutende Rolle mehr spielen.
    Wenn man das Buch natürlich am Tag des Erscheinens bereits gelesen haben muss, dann kommen Bibliothek nicht in Frage. Und wenn alle das gleiche Buch wollen sowieso nicht.


    Zitat

    Warum LESEN so viele Jugendliche wobei es doch viel einfacher gehen kann?!


    Ist es nicht so, dass früher viel mehr Jugendliche gelesen haben als heute?


    Zitat

    Vielleicht sehnt sich die "Jugend", vielleicht sehnen WIR uns lediglich ein wenig "back to the roots".


    Zurück zu den Wurzeln?
    Du denkst, die Jugend von heute ist noch schlimmer als die alte Generation dem Wahn verfallen, dass früher immer alles besser war?
    Früher, als es noch den kalten Krieg und die sehr realistische Bedrohung einer globalen nuklearen Katastrophe gab?
    Oder früher, als es noch Weltkriege gab?
    Oder früher, als Unternehmer ihre Angestellten mit 6 12-Stunden-Tage pro Woche in der Fabrik haben ausbluten lassen?
    Oder früher, als die Länder Europas ihre blutige Kolonialisierung betrieben haben?
    Früher, als uneheliche Kinder verurteilt wurden?
    Als man Ehen auf Biegen und Brechen hat weiterführen müssen, völlig egal von den Zuständen hinter verschlossenen Türen?
    Als Frauen noch kaum etwas zu sagen hatten?


    Das würde der Annahme entsprechen, dass die heutige Jugend keine Ahnung von Geschichte hat und irgendwelchen Hirngespinsten nachhängt.


    Neinein... das Bedürfnis nach Ablenkung ist nichts Neues. Abschalten mit Abenteuerromanen - das gibt es doch schon seit der allgemeinen Verfügbarkeit von Büchern und der zunehmenden Bildung der Bevölkerung. Mit Büchern wie "Die Schatzinsel" (1883) oder "Tom Sawyer" (1876).


    Zudem ist folgender Satz ziemlich verkehrt:

    Zitat


    Wenn wir uns die Inhalte der Werke anschauen, ist festzustellen, das so gut wie jede Reihe in eine bestimmte Richtung aufgebaut ist: heile Familie, Liebe, Zusammenhalt, Freundschaft.


    Harry Potters direkte Umgebung als "heile Familie" zu bezeichnen ist ja doch sehr gewagt. :) Bastian Balthasar Bux wächst bei seinem Vater auf, der völlig überfordert ist. Momo scheint überhaupt keine Eltern zu haben. Peter, Susan, Edmund und Lucy müssen vor dem Krieg flüchten und zu einem kautzigen Professor ziehen....


    das nur einige bekannte Werke. Wie du auf die Idee kommst, dass Fantasy-Bücher in Richtung "heile Familie" aufgebaut sind, ist mir ein Rätsel. Was Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt betrifft: das dürfte wohl in den meisten jugendgerechten Genres anzutreffen sein und beschränkt sich sicher nicht auf Fantasy.


    "Literarisches Leben heute - Kinder- und Jugendliteratur - Warum fasziniert die heutige Jugend ein Zauberlehrling und ein Vampir? "


    Ich finde diese Fragestellung sehr seltsam. Wieso "heutige Jugend"?


    Bram Stokers "Dracula" wurde bereits 1897 veröffentlicht. "Die Chroniken von Narnia" und "Der Herr der Ringe" stammen aus den 50ern. Das erste Pen & Paper-Rollenspiel "Dungeons & Dragons" stammt aus den 70ern...
    Und wie steht es mit klassischen Märchen und den darin vorkommenden Hexen und Teufeln? Oder noch weiter zurück die Griechischen Sagen mit einäugigen Ungeheuern, Riesen und Göttern.


    Die Antwort auf genau diese Fragestellung muss lauten: "Weil die heutige Jugend auch nicht so viel anders ist als Hunderte von Generationen vor ihr"


    Der "Hype" wird doch vor allem als "Hype" wahrgenommen, weil die Medien ihn dazu machen. Fantasy-Welterfolge gab es auch vor Harry Potter und Twilight - und das ohne die heutigen Marketing-Instrumente. Das Bedürfnis nach fantastischer Literatur war schon immer da. In den 80ern war zum Beispiel die Fighting Fantasy-Reihe von Ian Livingstone und Steve Jackson ein totaler Renner (über 15 Millionen verkaufte Exemplare). Diese Verkaufszahlen mögen nichts sein im Vergleich zum Harry Potter-Hype, aber wie gesagt hat man ja damals auch nie und nimmer eine solche Marketing-Kampagne betrieben.

    Ich habe das Buch kürzlich gelesen. Mir hat sehr gefallen, wie (zumindest ansatzweise) die Gefahr von fanatisch betriebener Wissenschaft und deren eigentlich unübersehbaren Parallelen zu religiösem Wahn und den Möglichkeiten zur Manipulation grosser Menschenmassen thematisiert wird.


    Der Anfang des Buches ist sehr gemächlich, aber durchaus ansprechend geschrieben. Über Ungenauigkeiten oder Fehler in den technischen Beschreibungen kann ich nichts sagen - allerdings find' ich's Schade, wenn der Autor noch explizit erwähnt, dass Snooker ein höreres Niveau ist als "gewöhliches" Billard, dann aber vom Versenken der Kugel mit der Nummer 3 schreibt. Das ist schon ziemlich bitter. :)


    Das Ende finde ich rundum gelungen - hätte mich nichts besseres vorstellen können.


    4ratten

    Danke für den Hinweis, vallenton. Hatte das dann auch entdeckt, dass es eine Fortsetzung gibt. Allerdings reizt mich die natürlich nicht wirklich. :) Es gab in der Handlung im ersten Band einfach ein zu wenig interessantes Ziel. Meiner Meinung nach gab es eigentlich überhaupt kein wirkliches Ziel, sondern war nur ein Rumgegurke im Weltraum - aber dafür gibt es ja extra diese Szene mit dem Gespräch unter den Raumfahrern, wo explizit jeder in aller Deutlichkeit sagt, was er als sein persönliches Ziel ansieht... aber die Sache mit Myron scheint mir dann doch zu irrelevant: diese Geschichte mit seiner Tante scheint ihn ja überhaupt nicht zu belasten, sie ist kaum je Thema. Tatsächlich steht er ja eigentlich besser da als vorher. Da sehe ich keine Motivation, irgendetwas anderes als den IST-Zustand zu erreichen.


    Ich werde sicher nochmals was von Vance lesen - werde mich aber sicher erstmal an den Werken aus dem Zenit seines Schaffens orientieren.

    Es ist keine "Haltung", nach Logikfehlern zu suchen. Ich suche nicht bewusst danach. Wenn Dir z.B. jemand ein Bild von einer Stadt mit Eifelturm im Hintergrund zeigt und Dir sagt, dass das Bild Rom darstellt, dann musst Du ja auch nicht bewusst nach dem Fehler suchen, oder?
    So geht es mir jedenfalls - ich versuche halt, in die Geschichte einzutauchen, mir alles bildlich vorstellen und da stören solch grobe Patzer einfach. Wenn ich mir einen Kannibalen vorzustellen versuche, der das Vokabular eines Akademikers bemüht, dann hab ich einfach ein Problem.


    Und nein, ich erwarte von den Autoren heute nicht zu viel - ich erwarte das, was schon unzählige gute Autoren mit Bravour geschafft haben: eine Welt ohne gravierende Widersprüche zu schaffen.

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    Inhalt
    In einer fernen Zukunft gelingt es dem jungen Myron, dem ihm von seinen Eltern zugedachten Spiesser-Leben zu entkommen und reist als Besatzungsmitglied auf einem Transport-Raumschiff zu verschiedenen von Menschen besiedelten Planeten.


    Meinung
    Jack Vance gilt als Altmeister der Science Fiction. Auf ihn aufmerksam geworden bin ich durch die Widmung in Dan Simmons "Die Hyperion-Gesänge", wo er von Simmons als größten aller Weltenerschaffer bezeichnet wird.
    Ganz offensichtlich war es ein Fehler, mich für einen so neuen Roman von Vance zu entscheiden. Tatsächlich wirkte das Buch auf mich vielmehr wie ein angestaubter Entwurf aus früheren Jahrzehnten, auf den er vielleicht zurückgegriffen hat, um die Nachfrage zu befriedigen und etwas Neues veröffentlichen zu können (das soll keine konkrete Unterstellung sein, sondern vielmehr beschreiben, wie ich das Buch empfunden habe).
    Die Geschichte wirkt altbacken und bedient nur Science Fiction-Klischees, die es schon in unzähligen anderen Büchern gibt. Auch eine brauchbare Rahmenhandlung sucht man vergeblich.


    Dazu kommt eine geballte Ladung an sprachlichen Unzulänglichkeiten oder Patzern und logischen Fehlern, zu denen ich ein paar Beispiele nenne:


    - Sämtliche Charaktere in diesem Buch sprechen die gleiche Sprache auf die genau gleiche Art und Weise - leicht hochgestochen und beinahe übertrieben höflich. Das passt sehr gut zur Hauptfigur Myron und dessen Tante, die in der entsprechenden Gesellschaftsschicht verkehren - wirkt aber völlig deplatziert, wenn sie von wilden Kannibalen gesprochen wird, die nur darauf warten, unvorsichtige Touristen häuten zu können. Das trägt wesentlich dazu bei, dass alle Charaktere flach und konturlos bleiben. Es ist mir rätselhaft, wie ein gestandener Autor so schreiben kann.


    - Ein "spitz zulaufender Zylinder" ist meines Wissens nach kein Zylinder, sondern ein Kegel. Das kann aber auch ein Fehler des Übersetzers sein.


    - Wenn sich der Transporter auf einem Planeten von Kontinent zu Kontinent bewegt, werden unterschiedliche Zeitzonen komplett ignoriert. Das Raumschiff startet am späten Nachmittag, und kommt wenig später am Abend auf einem anderen Kontinent an.


    - Im Buch wird erklärt, dass der Schiffscomputer die Tag-Nacht-Phasen an Bord so steuert, dass sie sich auf dem langen Flug durch den Weltraum langsam so verschieben, dass bei der Ankunft kein Jetlag entsteht. Das wird zum einen dadurch völlig hinfällig, dass sich das Raumschiff eben oft auch auf dem Planeten über beträchtliche Distanzen von Raumhafen zu Raumhafen bewegt - und zum anderen widerspricht es der Antriebsbeschreibung zu Beginn des Buches, wo erklärt wird, dass man sich mit Überlichtgeschwindigkeit einem Planeten nur "ungefähr" nähern und den exakte Ankunftsort nicht im voraus ermitteln kann (was genau betrachtet die Raumfahrt zudem zu einem verdammt gefährlichen Unternehmen macht :) )



    Ein paar nette Beschreibungen von Planeten und ihren Eigenarten verleiten mich dazu, neben dem Minimum von 1 Ratte wenigstens noch ein Mäuschen zu vergeben.

    1ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Das Buch von Andre Agassi hat bei seinem Erscheinen für einigen Wirbel gesorgt. Geständnisse über Drogenkonsum und Aussagen über seine Abneigung gegen Tennis lassen vielleicht eine sensationslüsterne Enthüllungs-Story vermuten, das entspricht aber nicht der Wahrheit. Glücklicherweise habe ich das Pressenecho gar nicht mitgekriegt (das hätte mich womöglich abgeschreckt), sondern hatte mich spontan dazu entschieden, dass dies meine erste Autobiografie werden soll - einfach weil mir Andre Agassi immer als interessanter Mensch erschien.


    Tatsächlich verfasst hat das Buch Pulitzer-Preisträger J. R. Moehringer - entsprechend ist das Buch ausgezeichnet aufgebaut, spannend geschrieben und stilistisch einwandfrei. Dass der Name von Moehringer auf dem Umschlag nicht erscheint, war Moehringers ausdrüklicher Wunsch (da es ja nicht seine Lebensgeschichte ist) - aber im abschliessenden Dankeswort wird darauf eingegangen, wie das Buch genau entstanden ist.


    Der Inhalt handelt natürlich von Tennis, Tennis, Tennis, Tennis. In Agassis Leben hat sich alles um Tennis gedreht (schaut man sich die Amazon-Rezensionen an, kam das für einige anscheinend überraschend). Die gesamte Karriere wird chronologisch und sehr genau beschrieben - teilweise werden einzelnen Matches mehrere Seiten genauer Beschreibung gewidmet. Man erfährt, was in den jeweiligen Situationen in seinem Kopf vorging, wie er mit Rückschlägen umging, wie er sich selbst motiviert oder demotiviert hat, über Beziehungen zu anderen Spielern usw.
    Für jemand wie mich, der sich für diesen Sport begeistern kann, ist das Buch spannend wie ein Thriller. Neben dem Lesen habe ich immer wieder Youtube besucht, mir die Highlight beschriebener Spiele nochmals angeschaut und sie durch das Buch viel emotionaler erlebt.


    Für mich war es gewinnbringend zu lesen, wie er seinen Absturz in den 90ern auffangen konnte, wie er immer wieder neuen Mut fassen konnte, welche Schlüsse er daraus gezogen und was er daraus gelernt hat. Über den teilweise auftauchenden Amerikanischen Kitsch, sehe ich gerne hineweg, ziehe aber ein Mäuschen dafür ab. :)


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Autor: Alek Popov
    Titel: Für Fortgeschrittene
    Residenz Verlag, 2009. 282 Seiten. Gebunden. Bei Amazon 22 Euro (Stand: Feb. 10)


    Inhalt und Meinung:
    "Für Fortgeschrittene" ist eine Sammlung skurriler, oft ironischer Kurzgeschichten mit viel Schwarzem Humor. Meist haben sie direkt oder indirekt mit Bulgarien (dem Heimatland des Autors) zu tun - spielen dort oder haben Protagonisten bulgarischer Herkunft. Alek Popov nimmt gängige Klischees auf die Schippe und stellt die kulturellen Differenzen zu anderen Ländern überspitzt dar. Das ganze verpackt er in teils haarsträubende Geschichten mit viel Humor, der nicht selten makaber und bitterböse ist.


    "Monty Python auf bulgarisch" heisst es auf der Cover-Rückseite - aber irgendwie wird es beiden Seiten nicht gerecht. Ist Verwandtschaft spürbar, sind Popovs Geschichten aber doch nicht auf Monty Pythons unverkennbar abgedrehte Art und Weise albern, sondern haben bisweilen auch einen deutlich wahrnehmbaren kritischen Unterton.


    Ich habe mich in einem örtlichen Buchladen von diesem Buch anlachen lassen und zum Glück hat mich auch der beachtliche Preis nicht abgeschreckt. Ich habe noch nie eine so gelungene, originelle und fabelhaft pointierte Sammlung von Kurzgeschichten gelesen.


    Entsprechend gibt es von mir:
    5ratten

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    Titel: Der Steingänger
    Autor: Davide Longo


    Allgemein:
    176 S.; btb Verlag; 2008; bei amazon 8.00 €
    Sprache: Deutsch (Originalsprache: Italienisch)


    Inhalt:
    Cesare ist ein in die Jahre gekommener Einsiedler, der zurückgezogen in der Nähe eines kleinen Dorfes in Italien lebt. Eine Nachts entdeckt er die Leiche von Fausto und schnell wird klar, dass es sich um einen Mord handelt.
    Während die Einwohner gegenüber der Polizei schweigen, ergründet Cesare nach und nach, was in jener Nacht passiert ist.



    Meine Meinung:
    Davide Longo versteht es ausgezeichnet, eine triste, kalte und düstere Atmosphäre zu erzeugen. Die Gegend ist steinig, rau und trostlos. Es wird wenig gesprochen. Es wird wenig gesagt.
    Das führt allerdings auch dazu, dass man das Gefühl hat, jede noch so unwichtige Information aus den spärlichen Beschreibungen mit viel Kraft regelrecht heraussaugen zu müssen. Mehr und mehr wird klar: der Autor muss wohl vieles verschweigen, damit die doch sehr triviale Geschichte nicht nach wenigen Seiten schon erzählt ist.
    "Zeigen, nicht beschreiben", heisst ein Schriftsteller-Grundsatz und mir scheint, Longo hat ihn etwas zu ernst genommen. So erfährt man beispielsweise nicht, dass Cesare ein Museum betritt, sondern man muss es sich aus wenigen Worten, die er mit der Empfangsdame spricht und den spärlichen Angaben selbst zusammenreimen. Longo schreibt auch nie, dass die Hauptfigur ein starker Raucher ist - er lässt sie einfach praktisch auf jeder Seite eine Zigarette anzünden. Und das ging mir fast am meisten auf den Geist: noch nie habe ich ein Buch gelesen, in dem so viele Zigaretten explizit erwähnt wurden (es müssen etwa 60 oder 70 sein - auf rund 170 Seiten!) Wenn man mich fragt, worum es in diesem Buch geht, muss meine erste Antwort erstmal sein: Nunja. Also in erster Linie wird geraucht.


    2ratten

    Habe das Buch gestern Abend zu Ende gelesen...


    Zum Inhalt
    Émile und Juliette sind für einander bestimmt - seit ihrer ersten Begegnung im Vorschul-Alter sind sie ein Paar. Nun sind sie 65, pensioniert und wollen den Lohn für ein Leben voll Arbeit geniessen: ein Haus, weit abseits von Städten, Lärm und anderen Menschen. Es gibt nur einen einzigen Nachbarn: ein 70-jähriger Arzt, der mit seiner Frau in einem Haus auf der anderen Seite des Bachs lebt.
    Schon am ersten Tag ihres Einzugs werden sie vom Arzt besucht. Er kommt um Punkt 16 Uhr und geht um Punkt 18 Uhr, lässt sich bedienen, blickt grimmig, trägt nichts zu einer Konversation ein, nimmt sich schon für die einfachsten Fragen lange Bedenkzeit und antwortet dennoch nur mit Ja oder Nein.
    Von da an steht er jeden Tag um 16 Uhr an der Tür und klopft. Und was sich Émile und Juliette auch einfallen lassen - der Nachbar raubt ihnen mehr und mehr Nerven und den Traum von der abgeschiedenen Idylle.


    Meinung
    Mit einfachen Mitteln gelingt es Amélie Nothomb, eine gruslige Atmosphäre zu erzeugen, die an den Nerven zerrt und den Leser kaum mehr loslässt. Die Entwicklung der Geschichte erinnerte mich in ihrer Art und Weise stark an Kurzgeschichten von Edgar Alan Poe, der ja auch ein Meister darin war, die menschlichen Abgründe zu erforschen.
    Doch meiner Meinung nach kann die Geschichte das Level nicht halten und flacht gegen Ende etwas ab. Sehr schade.


    Es reicht aber für:


    4ratten