Hallo zusammen,
heute habe ich mich hier im Forum angemeldet, um in diesem Thread antworten zu können, da es hier um eines meiner absoluten Lieblingsbücher geht. Dies ist mein erster Beitrag bei Literaturschock.
Ich habe "Der Meister und Margarita" zum ersten Mal vor ca. 20 Jahren gelesen, noch zu DDR-Zeiten. Damals war das Buch nicht leicht zu bekommen und ging von Hand zu Hand. Nach der Wende habe ich mir das Buch dann gekauft und nochmals gelesen, aber das ist nun auch schon etliche Jährchen (ungefähr 10) her. Ich erinnere mich also nicht an alle Einzelheiten.
Nach dem ersten Lesen war ich begeistert von dem Buch. Ich habe es immer vorwiegend als gesellschaftskritisch/politisch empfunden. Bulgakow prangert die Mißstände in der Sowjetunion der 20er/30er Jahre an: Korruption, Mangelwirtschaft (Wohnungsmangel, Schiebung mit Mangelwaren), Bürokratie. Das alles ist herrlich satirisch beschrieben, mit vielen Anspielungen, die Handlungsebenen meisterhaft verknüpft. Der Teufel und seine Gesellen mischen die Moskauer Gesellschaft so richtig auf, und die "negativen Personen", die wegen persönlicher Vorteile ihre Seele dem Teufel verkaufen, werden bestraft: der Dichter Besdomny (der schlechte Literatur schreibt, sich aber bei den Mächtigen andienert, um unverdient berühmt zu werden) landet in der Psychiatrie. Auch die Bestechlichen (z.B. dieser Hausmeister mit dem Schmiergeld) kriegen ihre Strafe ab. Der arrogante Vorsitzende des Schriftstellerverbandes, der seine Macht mißbraucht, und meint, es gäbe keinen Gott, und der Mensch hätte sein Schicksal selber in der Hand, bekommt das Gegenteil bewiesen ("Ihnen wird der Kopf vom Leib getrennt, weil Annuschka Sonnenblumenöl verschüttet hat" - eine meiner Lieblingsszenen in dem Buch). Die Machthaber der ehemaligen Sowjetunion haben immer wieder versucht, den christlichen Glauben auszumerzen und Atheismus staatlich zu verordnen (ähnlich übrigens in der DDR). Es ist ihnen nicht gelungen.
Im Gegensatz dazu steht der Meister, der, indem er sein Buch schreibt, sich selber treu bleibt, und dafür persönliche Nachteile in Kauf nimmt. (Hier fließen sicher persönliche Erlebnisse Bulgakows ein, denn er hatte ja auch unter stalinistischer Zensur zu leiden, und "Der Meister und Margarita" ist erst lange nach seinem Tod erschienen.) Und Margarita, die ihr zwar materiell abgesichertes, aber liebloses Leben leer findet, nachdem sie den Meister (eine authentische Persönlichkeit) kennengelernt hat.
Weil der Meister authentisch ist und sich selbst treu bleibt, ist sein Werk unzerstörbar und wird er am Ende der Geschichte erlöst. Das ist für mich die Grundaussage des Buches. Eine Erfahrung, die ich in meinem eigenen Leben bestätigt gefunden habe. Am Ende fährt man besser damit, wenn man der Versuchung widersteht, seine Seele zu verkaufen für persönliche Vorteile. Ich denke das ist auch heute noch aktuell.
Vielleicht sollte ich das Buch jetzt nochmal lesen, um zu sehen ob es noch immer genauso auf mich wirkt.
Natürlich steckt in dem Buch noch viel mehr. Aber ich denke, das hier ist erstmal lang genug. Jetzt versuche ich noch, fünf dieser Ratten als Bewertung hier hineinzubekommen.
Viele Grüße,
kaluma