Beiträge von allegra

    Das Erstlingswerk „Zorn, Tod und Regen“ von Stephan Ludwig spielt in einer fiktiven deutschen Stadt, die an einem größeren Fluss liegt, aber nie genauer benannt wird. Hauptkommissar Zorn und sein Kollege Schröder sind mit der Aufklärung eines Mordfalls betraut, von dem anfangs lediglich das Blut des Opfers vorhanden ist. Bald darauf passieren weitere Verbrechen, bei denen es lange Zeit unklar ist ob und wie sie zusammen hängen.


    Zorn ist ein Ermittler, der mich etwas an Chris Carters Hunter oder Ian Rankins Rebus erinnerte. Er ist desillusioniert, was seine Tätigkeit als Polizist betrifft, sieht sich als Aktensortierer und hat keinerlei beruflichen Ehrgeiz. Gegenüber Mitarbeitern legt er oft eine sehr schnodderige und rücksichtslose Art an den Tag. Er ist vergesslich, hält Verabredungen nicht ein, bricht gerne Regeln und arbeitet eher spontan und intuitiv. Sein Partner Schröder bildet sowohl äußerlich, wie charakterlich einen Gegenpol. Er hat ein sehr gutes Gedächtnis, arbeitet sehr gewissenhaft, systematisch und gründlich und ist auch, obwohl er übergewichtig ist, körperlich erstaunlich ausdauernd.


    Der Krimi ist in drei Teile unterteilt. Im ersten lernt man das Umfeld und die Protagonisten kennen, im zweiten wird die Handlung bis kurz vor der Auflösung vorangetrieben und im dritten Teil folgt ein unerwarteter Showdown. Unterstrichen wird die düstere Stimmung durch die Witterung. Im Verlauf der der Geschichte, die Ende April / Anfang Mai spielt, regnet es ununterbrochen, was am Ende pünktlich zum Showdown in heftigen Überschwemmungen mündet. Nach der Auflösung hört der Regen auf und die Aufräumarbeiten in der Stadt beginnen.


    Über den Inhalt möchte ich nicht mehr schreiben. Jedes bisschen mehr, könnte zuviel sein. Der Krimi lebt von seiner Spannung, die von Anfang an kontinuierlich ansteigt.
    Die Schilderungen von Misshandlungen empfand ich als recht drastisch, sie hörten aber immer dann auf, wenn ich dachte, dass ich das Buch jetzt mal aus der Hand legen musste. Der Krimi ist nichts für sehr Zartbesaitete, aber wer Thriller generell mag, wird damit keine Probleme haben.


    Mich hat dieses Debüt ziemlich genau 4 Tage bestens unterhalten. Die ersten zwei Tage habe ich relativ wenig gelesen und ab der Hälfte konnte ich das Buch kaum mehr weglegen.


    Ganz kleine Abstriche mache ich, weil mir vor allem im ersten Teil die Figuren etwas überzeichnet erschienen sind und ich in einem Fall so gar nicht nachvollziehen konnte, weshalb eine Figur nicht besser bewacht wurde, obwohl die Ermittler klar ausgesprochen haben, dass die Person in Gefahr ist. Das war für mich nicht nachvollziehbar. Mir hat auch nicht so gut gefallen, dass der Krimi vom Schauplatz her nicht festgelegt ist. Ich bin zwar nicht so der Fan von Regiokrimis mit Lokalkolorit, aber ich weiß doch gern, wo eine Geschichte spielt.



    Von mir eine ganz klare Leseempfehlung mit 4ratten

    Inhalt in eigenen Worten:


    Familie Staudt ist auf den ersten Blick eine richtige Vorzeigefamilie. Sie wohnt in ihrem schmucken Einfamilienhaus mit gepflegtem Garten, das sich perfekt in die bevorzugte Wohnlage fügt. Die Wohnungseinrichtung ist so professionell abgestimmt, dass man sich wie in einem Einrichtungsmagazin fühlt und sie schon steril wirkt. Offensichtlich lebt die Familie gut situiert, aber etwas Schreckliches ist passiert. Der 18 jährige Sohn René, der noch zur Schule geht, wird seit einigen Tagen vermisst. Er ist zuvor schon einmal weggelaufen und hat bei seinen Verwandten Unterschlupf gesucht. Doch diesmal ist er dort nicht aufgetaucht und die Eltern mussten ihn als vermisst melden. Natascha Krüger und Hannes Winterberg von der Polizei Siegen besuchen das Ehepaar Staudt um nähere Informationen im Zusammenhang mit Renés Verschwinden zu erhalten. Es ist aber längst nicht alles in wunderbarer Ordnung, wie es scheint und Michael Staudt setzt seine ganze Energie dafür ein, den Schein der Normalität zu wahren. Sehr bald beginnt die Fassade der perfekten Familie zu bröckeln.


    Gleichzeitig herrscht in Siegen große Aufregung. Ein kleiner Junge, der mit seiner Famile beim Geocachen war, hat in einer Plastikdose einen Knochen gefunden. Bald stellt sich heraus, dass es sich um einen menschlichen Finger handelt.


    Haben die beiden Ereignisse etwas miteinander zu tun? Was liegt bei Familie Staudt im Argen? Wo steckt René? - Natascha Krüger, Jörg Lorenz und Hannes Winterberg ermitteln.




    Meine persönliche Meinung:


    Der Roman Knochenfinder spielt in der Szene der Geocacher und ist nicht das erste Buch, das im Umfeld dieses Volkssports spielt. Ich selber habe kürzlich „Fünf“ von Ursula Poznanski gelesen und vermutlich gibt es auch noch weitere. Melanie Lahmer findet einen etwas anderen Zugang zu diesem Hobby. Die Schnitzeljagd mit GPS wird sehr gut erklärt, so dass man dem Krimi auch als „Nichtcacher“ sehr leicht folgen kann. Man spürt, dass Melanie Lahmer diesem Hobby auch selber sehr gerne nachgeht.


    Der Schauplatz dieses Kriminalromans ist Siegen, eine Stadt im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Für Natascha Krüger ist Siegen am Ende der Welt. Das Siegerland ist ein ehemaliges Bergbaugebiet und man erfährt einiges über den Bergbau und die Industrialisierung in der Region. Ich fand das sehr interessant, weil es für mich völlig unbekannt ist. Die anschaulichen Beschreibungen in freier Natur haben mir sehr gut gefallen.


    Die Hauptfigur, Natascha Krüger, wird sehr schön eingeführt. Sie ist jung, sympathisch, natürlich hübsch, aber auch bodenständig und sie ist Katzenliebhaberin. Interessanterweise ist sie Synästhetin. Das heißt, sie nimmt Zahlen und Gerüche auch als Farben wahr. Das wird mir im Buch etwas zu häufig erwähnt, was aber möglicherweise mein persönliches Problem ist, weil ich mich schon öfter mit der Thematik befassen musste. Diese Gabe trägt letztendlich mit zur Aufklärung des Falles bei und spielt so durchaus eine wichtige Rolle. Natascha bildet mit ihren Kollegen Jörg Lorenz und Hannes Winterberg ein Team. Wir erfahren einiges aus Winterbergs Privatleben, das nicht immer ganz so einfach ist, wie es sich ein Polizeibeamter wünschen würde. Da René die gleiche Schule wie seine Söhne besucht, führen die Ermittlungen auch ins Umfeld von Winterbergs Sohn Niklas.


    Was mir nicht so gut gefallen hat, war eine sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen Natascha und Simon, einem Kollegen aus einer anderen Abteilung. Das war mir teilweise etwas zu dick aufgetragen, hat aber die Geschichte doch voran gebracht, sodass man auch nicht darauf verzichten könnte. Vermutlich sollte dieses Techtelmechtel für den Romantikfaktor sorgen. Das hat bei mir aber nicht so wirklich gewirkt.


    Die Dialoge empfinde ich nicht durchwegs gleich gut gelungen. Sie wirken auf mich stellenweise etwas aufgesetzt. Die Gespräche zwischen den Polizisten finde ich durchaus authentisch, aber bei anderen Figuren wirken die Gespräche manchmal doch ziemlich gestelzt.


    Die Anzahl der Figuren, sowohl bei der Polizei, wie auch unter den Zeugen ist angenehm überschaubar. Die Protagonisten sind genau beschrieben und charakterisiert, so dass ich eine gute Vorstellung von ihnen gewonnen habe.


    Obwohl man im Prolog und im ersten Kapitel gleich mitten in der Geschichte ist, nimmt die Spannung dann doch nur langsam zu. Ich empfand sie eher als subtiles, sich steigerndes Unbehagen. Durch die quälende Ungewissheit habe ich mit Renés Eltern mitgefühlt. Was kann schlimmer sein, als nicht zu wissen, was dem eigenen Kind zugestoßen ist?
    In der zweiten Hälfte hat mich das Buch dann richtig mitgerissen. Ich musste einfach wissen, was mit dem Jungen passiert ist, so dass ich das Buch sehr schnell ausgelesen hatte.


    Ich muss zugeben, dass ich, was den Täter betrifft, lange auf einer falschen Fährte war.




    Mein Fazit


    Ich habe mich mit diesem Debüt gut unterhalten gefühlt. Ich konnte das Buch flüssig lesen und hatte keinerlei Verständnisprobleme, weil das Geocaching sehr gut erklärt wird. Einen kleinen Abzug mache ich, weil mir das Motiv des Täters nicht plausibel genug ist und weil am Ende der Lektüre immer noch einige kleine Unklarheiten herrschten, obwohl ich meinte, aufmerksam gelesen zu haben.


    Ein viel versprechendes Erstlingswerk - von mir erhält dieser erfrischende, junge Krimi eine Leseempfehlung mit 4ratten

    0070 - Mit der Lizenz, zu altern


    Autor:


    Marlies Ferber, geboren 1966, ist freie Autorin und Übersetzerin. Von Jugend an hatte sie ein Faible für alles Englische, vor allem für den britischen Kriminalroman. Nach Abschluss ihres Sinologiestudiums arbeitete sie als Buchredakteurin, bevor sie sich selbstständig machte. Immer wieder zieht es sie nach Großbritannien, auf ausgedehnte Reisen von der Südküste bis nach Schottland. Marlies Ferber lebt mit ihrer Familie in Hagen.
    (Info im Buch)



    Inhalt:


    Ex-Agent James Gerald (70) zieht vorübergehend in das Seniorenheim Eaglehurst in Hastings, um den Tod seines Freundes und Kollegen William Morat aufzuklären. Kurz nach James' Ankunft kommen zwei weitere Heimbewohner zu Tode. Bald kommt er mit Hilfe seiner früheren Kollegin Sheila Humphrey einem dunklen Geheimnis auf die Spur.
    (Verlagsinfo)



    Meine persönliche Meinung:


    James Gerald ist ehemaliger Geheimdienst Agent und erholt sich gerade von einer längeren Krankheit. Er ist geistig Topfit, körperlich ist er aber noch sehr geschwächt, so dass er zwar selbständig gehen, aber noch auf einen Rollator angewiesen ist. Er erhält von seinem Freund William ein rätselhaftes Schreiben: Ein Limerick mit der Bitte, ihn anzurufen. Doch James´ Anruf kommt zu spät. William stirbt und James Gerold kann das nur schwer akzeptieren und beschließt in der Altersresidenz „Eaglehurst“ in Hastings, wo William zuletzt gelebt hat, seine eigenen Ermittlungen anzustellen. Da er gesundheitlich noch Erholung und Pflege benötigt, kommt ihm das gerade recht und er mietet in „Eaglehurst“ ein Zimmer. Bei seiner Ankunft in der noblen Seniorenresidenz mit ihren, teilweise doch recht schrulligen Bewohnern, setzt der Krimi ein. Die fürsorgliche Leiterin, Mrs. White, legt sehr großen Wert auf intensive persönliche Betreuung und möchte nicht, dass sich ihre „Leutchen“ mit Hilfe von Rollatoren selbständig bewegen können. Doch James geht das zu weit. Seine ehemalige Sekretärin beim Geheimdienst, Sheila Humphrey, bringt ihm seinen Rollator vorbei, den sie noch mit ein paar Extras wie ein Navigationsgerät, sowie Tränengassprays ausgestattet hat. Sie fährt nicht gleich wieder nach London zurück, sondern verbringt eine spannende Zeit mit James in Hastings, wo sie mit ihm Ermittlungen zu seltsamen Todesfällen in Eaglehurst anstellt.


    Der Krimi ist nach dem klassischen Whodunit- Modell aufgebaut. Eine in sich abgeschlossene relativ kurze Handlung ohne viele Nebenschauplätze, die Anwesenden sind die Verdächtigen und ermittelt wird vor allem mit Intelligenz und Witz. James als 0070-Agent, Sheila, eine emanzipierte Miss Moneypenny, mit einer Prise „Q“ an technischem Erfindungsgeist und charmante „elderly ladies and gentlemen“, die einen etwas an „Fawlty Tours“ erinnern, garantieren für humorvolles Lesevergnügen.


    Sprachlich lässt sich der Krimi sehr flüssig lesen. Die Ausdrucksweise ist abwechslungsreich und kommt locker-flockig daher. Für mich ist das genau die richtige Mischung aus anschaulichen Beschreibungen, Handlung und Dialogen.


    Die Aufklärung des Kriminalfalles ist spannend und bringt einige unerwartete Wendungen, auch wenn für mich das eine lose Ende nicht wirklich so zusammengefunden hat, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich fand es ganz interessant und inspirierend, in diesem besonderen Umfeld zu rätseln. Auch wenn die Idee nun nicht ganz neu ist, so habe ich es doch sehr erfrischend empfunden.


    Mir hat dieser Krimi insgesamt ganz gut gefallen, ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt und dazu das eine oder andere feine Tässchen Tee geschlürft.


    Von mir bekommt dieses Debüt 4ratten

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    Autor


    John le Carré ist als David John Moore Cornwell 1931 in Poole, UK geboren und studierte an der Universität Bern Germanistik und moderne Sprachen. Wenige Jahre nach seiner Rückkehr nach England trat er in den Britischen Auslandgeheimdienst (MI6) ein, wo er während dem Kalten Krieg in Bonn und Hamburg Sowjetagenten ausspionierte.
    Le Carré und viele Agenten aus seinem Netzwerk sind durch Kim Philby an die Sowjets verraten worden. John le Carré selber wurde 1964 aus dem Geheimdienst abgezogen und hat sich danach ganz auf das Schreiben konzentriert.


    In seinen Thrillern um den Agenten George Smiley nimmt le Carré Bezug auf die Philby Affäre.



    Inhalt


    Einer der fünf Top-Leute des britischen Geheimdienstes muss ein Maulwurf sein, ein Top-Agent des KGB. George Smiley, als Relikt des Kalten Krieges im Zwangsruhestand, wird zurückgeholt, um den Laden auszumisten. Stück für Stück nimmt der Maulwurf menschliche Züge an bis hin zu einem rasanten Finale. Einer der packendsten Spionageromane aller Zeiten!!!
    (Quelle: Rückseite des Hörbuchs)



    Zum Inhalt in eigenen Worten


    Der Thriller spielt im Jahre 1974 in England mitten im Kalten Krieg. Der Britische Geheimdienst wir im Kampf gegen den Kommunismus und den KGB angeführt durch einen inneren Kreis von sechs Topagenten, genannt der „Circus“. Dessen Mitglieder: Der Leiter „Control“, der nie mit Namen genannt wird, seine rechte Hand George Smiley, Percy Alleline, Roy Bland, Bill Haydon und Toby Esterhaze.
    Control, der gesundheitlich schwer angeschlagen ist, hegt den starken Verdacht, dass sich innerhalb dieses Gremiums ein Maulwurf befindet – ein russischer Spion der Informationen aus dem innersten Kreis des SIS an Moskau weiterleitet.


    Er schickt einen Agenten, Jim Prideaux unter dem Decknamen Jim Ellis nach Ungarn, wo er den Namen des Maulwurfs erfahren soll, im Tausch gegen einen Ungarischen General, der nach England fliehen möchte. Das ganze ist eine Falle, Jim Prideaux wird schwer verletzt, von den Russen gefangen und unter Folter verhört. Als Folge davon müssen George Smiley und Control in den Ruhestand treten. Kurze Zeit später stirbt Control. Percy Alleline wird sein Nachfolger.


    Einige Monate nach diesen Ereignissen sucht Peter Guillam, ein Mitarbeiter des MI6, der Agenten im Ausland betreut, George Smiley auf. Guillam verfügt über Informationen, die darauf hindeuten, dass Control Recht hatte mit seinem Verdacht, dass im Circus ein Maulwurf sitzt. Peter Guillam und George Smiley machen sich gemeinsam auf die Suche nach dem Verräter. Sie besuchen zahlreiche Beteiligte, lesen Berichte und erfahren immer wieder einzelne Puzzleteile, die sich im Laufe des Thrillers zu einem Bild ergänzen, was Smiley erlaubt, den Maulwurf zu enttarnen.


    Le Carré spielt in diesem Thriller auf die Affaire um Kim Philby an, der bis 1963 mit den „Cambridge Five“ zahlreiche britische Agenten an den KGB verraten hat.



    Meine persönliche Meinung


    Mit diesem Hörbuch habe ich, was meine Lese- und Lauscherfahrung betrifft, Neuland betreten. Wir haben zwar sämtliche Thriller von le Carré auf englisch zu Hause, aber für mich waren sie immer etwas schwierig und die Materie ungewohnt. Aus diesem Grund war ich nicht sehr erstaunt, dass mir der Einstieg in dieses Hörbuch erst nicht leicht gefallen ist. Le Carrés Welt des Geheimdienstes unterscheidet sich sehr von der „Whiskey – geschüttelt nicht gerührt“-Welt von James Bond. Sie ist unauffällig, bescheiden und teilweise sogar schmuddelig. Wer von diesem Thriller viel Action, Verfolgungsjagden und Schießereien erwartet, wird enttäuscht werden. Die Handlung ist zum größten Teil aus der Perspektive von George Smiley beziehungsweise Peter Guillam erzählt und besteht vorwiegend aus Gesprächen, Erinnerungen und Berichten, die Smiley oder Guillam lesen. Dazwischen sind wenige kurze Sequenzen, die uns Jim Prideaux näher bringen, der an einer Privatschule französisch unterrichtet und ein eher kauziges Leben führt.


    Ich denke, man merkt es diesem Roman an, dass der Autor persönliche Erinnerungen und Erfahrungen eingearbeitet hat. Der Roman ist erstmals 1974 unter dem englischen Titel „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“ erschienen sicherlich als Reaktion auf die Enthüllungen der Affäre um Kim Philby, die 1963 dazu geführt hat, dass le Carré den Britischen Geheimdienst verlassen musste. Es lohnt sich, vor der Lektüre oder dem Hören des Hörbuchs, sich mit diesen Entwicklungen etwas vertraut zu machen. So ganz ohne gewisse Kenntnisse über den Kalten Krieg und die wichtigsten Enthüllungen wird man sehr vieles nicht verstehen. Mir fallen praktisch jedes Mal, wenn ich einzelne Passagen noch mal höre, neue Einzelheiten und Zusammenhänge auf.


    Der englische Titel „Tinker, Tailor, Soldier, Spy“ bezieht sich auf einen beliebten englischen Abzählreim, der jedem Kind in irgendeiner Abwandlung bekannt ist:
    „Tinker, tailor, soldier, sailor, rich man, poor man, beggar man, thief”
    Wer der „Tinker“ und der „Tailor“ ist, habe ich bis jetzt nicht sicher herausgefunden. Den „Soldier“ und den „Spy“ meine ich, identifiziert zu haben.


    Als Gewohnheitsleser von Thrillern, die in der Gegenwart spielen, fand ich es sehr interessant, wie sich die Agenten gegenseitig informiert hatten, in einem Zeitalter ohne Handy und Computer. Ein Badeanzug vor dem Fenster, ein Plakat an einer Wand oder ein hochgestellter Kragen zeigte dem anderen, ob ein Treffen stattfindet oder ob die Luft rein ist. Mit jeder Verabredung wurden gleichzeitig mehrere Ersatzverabredungen getroffen, falls die erste nicht klappte.


    Das Hörbuch in der mp3 Version ist auf 2 CDs, auf insgesamt 39 „tracks“ in der Dauer von 4 bis zu 32 Minuten, was für die Orientierung auf dem mp3-Player teilweise fast etwas lange ist, wenn man den Faden mal verloren hat.


    Auf dem Hörbuch gibt es keine Musik oder Hintergrundgeräusche. Der Sprecher Rainer Maria Erhardt versucht beim Lesen verschiedene Stimmen zu intonieren, so dass man bei Gesprächen gut versteht, wer gerade spricht. Bei Hörbüchern, die zu so großem Anteil aus wörtlicher Rede bestehen, ist mir das für das Verständnis sehr wichtig.
    Die größeren Kapitel sind durch Untertitel gekennzeichnet, die auf den Inhalt vorbereiten und praktischerweise der Aufteilung der „tracks“ entsprechen. Bei Perspektivwechseln innerhalb der Kapitel hat mir der Sprecher manchmal etwas zu schnell darüber hinweg gelesen, so dass ich öfter zurückgehen musste, um den Übergang zu finden. Aber ich finde das viel weniger schlimm, wenn die Lesung dafür ungekürzt ist.



    Mein Fazit


    Ich habe von diesem Buch sehr viel mitgenommen. Anfangs musste ich mir das Verständnis etwas erkämpfen und mir erst etwas historische Hintergründe erarbeiten oder auffrischen. Es ist eine Welt, in der Vertrauen auf Misstrauen trifft und Loyalität auf Verrat, die mir persönlich völlig fremd ist, aber die doch veranschaulicht, wie fragil das Kräftegleichgewicht zur Zeit des Kalten Krieges gewesen ist.


    Dame, König, As, Spion ist sicher keine schnelle Lektüre für zwischendurch. Aber wer sich bereits etwas auskennt mit der Materie oder an der jüngeren Geschichte interessiert ist, wird mit spannender und subtiler Unterhaltung belohnt.



    Ich vergebe: 4ratten

    Autor:


    Ursula Poznanski wurde 1968 in Wien geboren, studierte sich einmal quer durch das Angebot der dortigen Universitäten und landete schließlich als Redakteurin bei einem medizinischen Fachverlag. Nach dem fulminanten Erfolg ihres Jugendromans "Erebos" widmet sie sich nun hauptsächlich dem Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.
    (Quelle: Verlagsinfo)



    Inhalt:


    Eine Frau liegt tot auf einer Kuhweide. Ermordet. Auf ihren Fußsohlen: eintätowierte Koordinaten. An der bezeichneten Stelle wartet ein grausiger Fund: eine Hand, in Plastikfolie eingeschweißt, und ein Rätsel, dessen Lösung zu einer Box mit einem weiteren abgetrennten Körperteil führt. In einer besonders perfiden Form des Geocachings, der modernen Schnitzeljagd per GPS, jagt ein Mörder das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger von einem Cache zum nächsten. Es kommt zu mehr Morden, Zeugen verschwinden und die Zeit läuft der Polizei davon.
    (Quelle: Verlagsinfo)



    Meine persönliche Meinung:


    Schon nach den ersten zwanzig Seiten war mein Interesse an diesem Buch geweckt. Ich betreibe zwar selber Geocaching nicht, finde es aber ein ganz interessantes Hobby. Wenn es nur nicht dazu führen würde, dass Geocacher mit ihrem Auto bis so kurz wie nur erdenklich möglich vor den Fundort fahren würden und dadurch oft die Natur unnötig in Mitleidenschaft ziehen würden! Das habe ich leider auch schon beobachten müssen, aber das nur am Rande. Da kann das Buch ja nichts dafür.
    Die Kombination von Morden – Rätseln – Spiel übt auf mich eine besondere Faszination aus und so war ich sehr gespannt, wie Ursula Poznanski diese Elemente zu einem Thriller verwebt.


    Auf einer Wiese wird die Leiche einer Frau gefunden. Auf ihren Füßen sind Koordinaten eintätowiert, die zu einem Fundort eines Caches führen. Neben einer Männerhand beinhaltet die gefundene Plastikdose einen Brief, der sich direkt an die Polizei richtet und ein Rätsel, das zu den Koordinaten des nächsten Caches führt.


    Von diesen Rätseln hatte ich mir anfangs etwas mehr Beteiligung als Leser erhofft. Man kann sich allenfalls Gedanken machen, wie man vorgehen würde, um die im Rätsel genannten Person zu finden, aber miträtseln ist so gut wie nicht möglich. Da war ich etwas enttäuscht, so dass ich dann auch die Errechnung der Koordinaten rechnerisch nicht nachvollzogen habe, sondern einfach darüber hinweg las. Ich habe dann aber doch begonnen, die Koordinaten wenigstens bei google maps einzugeben und fand es ganz witzig, wenn ich beispielsweise (S. 130 im Buch) bei den Koordinaten N47°48.022 E013°10.910 ein Bild eines Wasserfalls gefunden habe und das Kapitel genau damit beginnt.


    Nach etwa 150 Seiten nimmt der Thriller dann Fahrt auf, so dass ich das Buch innerhalb kurzer Zeit fertig gelesen hatte. Die Spannung ist nach dem ersten Drittel ununterbrochen hoch. Man bekommt ausreichend Futter zum Mitdenken und Mitleiden. Es mangelt nicht an Leichen und Blut. Die Handlung ist sehr intelligent aufgebaut, bei den wenigen Nebenschauplätzen ist man lange nicht sicher, inwieweit sie für die Haupthandlung bestimmend sind.


    Die Hauptfiguren gefallen mir teilweise sehr gut. Das Ermittlerduo ist jung, dynamisch, sympathisch. Beatrice Kaspary hat als vollberufstätige alleinerziehende Mutter einerseits hohen Identifikationscharakter. Sie ist eine liebevolle Mutter, die sich glücklicherweise für die Betreuung ihrer Kinder auf ihre Mutter und ihren Bruder verlassen kann, wenn beruflich alles drunter und drüber geht. Für meinen Geschmack hatte ich genau ausreichend oft gelesen, dass die Kinder bei Oma schlafen oder das Wochenende bei ihrem Vater verbringen. Mehr hätte ich als störend empfunden. Wenn man selber Kinder hat, weiß man, dass es schwierig ist, alles unter einen Hut zu bringen und will nicht beim Lesen auch noch ständig daran erinnert werden, dass vielleicht jemand zu kurz kommen könnte.


    Beatrices Partner, Florin Wenninger ist mir etwas zu glatt geraten. Er ist gut aussehend, stilsicher, liebt ein gepflegtes Ambiente und gute Küche – und weil Geld doch auch ein bisschen sexy ist, ist er auch noch ein bisschen vermögend. Aber er unterstützt Bea optimal und kann guten Kaffee kochen. Ich hoffe erstens, dass es Fortsetzungen dieser Reihe gibt und zweitens, dass sich Florin dann doch noch etwas Ecken und Kanten entwickelt.


    Leider etwas klischeehaft geraten ist für mich Hoffmann, Florin und Beatrices Chef bei der Salzburger Polizei. Er ist die typische Nervensäge von Chef, der ständig Resultate einfordert, Bea nicht viel zutraut, weil sie als Frau und allein erziehende Mutter angeblich zu viele private Probleme hat und sich selber überhaupt nicht an den Ermittlungen beteiligt. Dieser Stereotyp von Chef kommt leider bei sehr vielen Krimis so ähnlich zum Zuge, da hätte ich mir mal etwas Abwechslung gewünscht.


    Sprachlich ist der Thriller sehr flüssig zu lesen und leicht zu verstehen. Poznanski schreibt sehr sicher, abwechslungsreich mit angenehmem Satzbau. Sie trifft genau meinen Geschmack, was die Mischung an Dialogen und beschreibendem und erzählendem Text betrifft.



    Mit Fuenf hat es Ursula Poznanski geschafft, sich nach zwei sehr gelungenen Jugendbüchern auch in die Herzen der erwachsenen Thriller Liebhaber zu schreiben. Ein junges, sympathisches Ermittlerduo und Geocaching, ein modernes Spiel für Erwachsene als Aufhänger sind die Hauptzutaten für diesen spritzigen, modernen Thriller. Ich würde gerne mehr von der Sorte lesen.


    Ich vergebe für Fuenf eine Leseempfehlung mit 4ratten

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    Autor


    Sebastian Fitzek, Jahrgang 1971, geboren in Berlin, entschied sich nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Promotion zum Dr. jur. gegen einen juristischen Beruf und für eine kreative Tätigkeit in den Medien. Nach dem Volontariat bei einem privaten Hörfunksender wechselte er als Unterhaltungschef und später als Chefredakteur zur Konkurrenz und machte sich danach als Unternehmensberater und Formatentwickler für zahlreiche Medienunternehmen in Europa selbständig. Er lebt in Berlin, wo er derzeit in der Programmdirektion eines großen Hauptstadtsenders tätig ist.


    (Quelle: Verlagshomepage luebbe.de)



    Sprecher


    Simon Jäger, 1972 in Berlin geboren, ist neben seiner Tätigkeit als Synchronsprecher auch Autor und Regisseur. Bekannt ist er unter anderem als deutsche Synchronstimme von Matt Damon (Die Bourne Verschwörung), Heath Ledger (Brokeback Mountain), Josh Hartnett (Pearl Harbour, 40 Tage und 40 Nächte) und River Phoenix (Indiana Jones III).


    (Quelle: Verlagshomepage luebbe.de)



    Inhalt


    Dr. Suker ist einer der besten Augenchirurgen der Welt. Und Psychopath. Tagsüber führt er die kompliziertesten Operationen am menschlichen Auge durch. Nachts widmet er sich besonderen Patientinnen: Frauen, denen er im wahrsten Sinne des Wortes die Augen öffnet. Denn bevor er sie vergewaltigt, entfernt er ihnen sorgfältig die Augenlider. Bisher haben alle Opfer kurz danach Selbstmord begangen. Aus Mangel an Zeugen und Beweisen bittet die Polizei Alina Gregoriev um Mithilfe. Die blinde Physiotherapeutin, die seit dem Fall des Augensammlers als Medium gilt, soll Hinweise auf Sukers nächste „Patientin“ geben. Zögernd lässt sich Alina darauf ein - und wird von dieser Sekunde an in einen Strudel aus Wahn und Gewalt gerissen ...


    (Quelle: Verlagsinfo)



    Meine persönliche Meinung


    „Der Augenjäger“ ist die Fortsetzung von „Der Augensammler“ und obwohl es für mich das erste Augen-Buch von Fitzek war, habe ich sofort in die Geschichte herein gefunden. Selbstverständlich habe ich durch die Lektüre von Rezensionen in etwa gewusst, worum es in „Der Augensammler“ geht und hatte sehr schnell den Überblick über die Hauptfiguren gewonnen.


    Simon Jäger drückt als Sprecher diesem Hörbuch einmal mehr seinen unverwechselbaren Stempel auf. Er schafft es, die verschiedenen Personen durchgehend mit verschiedenen Stimmen und teilweise leichter Dialektfärbung zu lesen, so dass man zwischendurch vergisst, dass es nur eine Person ist, die liest. Die einzelnen CDs werden mit passender, geheimnisvoller Musik eingeleitet und abgeschlossen, was ich als sehr stimmig empfunden habe.


    Zu Beginn der einzelnen Kapitel, die sich im Hörbuch praktischerweise mit den tracks decken, wird angekündigt aus welcher Perspektive - aus Alex Zorbachs oder aus Alina Gregorievs - das Kapitel erzählt wird. Das erleichtert die Orientierung sehr, wenn man mal zurückgehen muss.
    Die Erzählstränge von Zorbach sind in der Ich-Perspektive verfasst, was eine besondere Nähe zu ihm verschafft, während die Handlungen mit Alina in der 3. Person geschrieben sind, was den Leser (oder Hörer) in die Position eines Beobachters stellt. Das ist meiner Meinung nach eine sehr gute Lösung und trägt dem Umstand Rechnung, dass Alina blind ist und eine Schilderung aus ihrer Sicht ja nicht möglich wäre.


    In diesem Buch lernen wir einen neuen Täter kennen, Dr. Suker, der für mich die Inkarnation eines Albtraums darstellt. Er ist intelligent, gerissen, perfektionistisch und als Augenchirurg ein Meister seines Fachs. Dieser Zwiespalt - einerseits bewundert man seine Expertise auf seinem Fachgebiet und andererseits ist man abgestoßen durch sein grausames, psychopathisches Handeln – macht ihn zu einer sehr interessanten Figur.


    Auch die Figur der Alina gefällt mir recht gut. Sie ist auf jeden Fall eine sympathische Protagonistin mit der man mitfiebert und natürlich auch mitleidet. Nicht zuletzt, weil sie blind und dadurch doppelt hilflos ist.


    Ich konnte meinen mp3-Player kaum mehr auf die Seite legen und hatte dieses Hörbuch in zwei Tagen fertig gehört. Üblicherweise zieht sich das bei mir auch bei einem so kurzen Hörbuch etwa eine Woche hin. Von der Spannung her und vom Handlungsaufbau hat mir dieser Thriller auf jeden Fall sehr gut gefallen. Den Aufbau der Handlung empfand ich sehr klar und stimmig. Die unerwarteten Wendungen, die sich an Tragik jeweils noch toppen, selbst wenn man das Gefühl hat, es geht nicht mehr schlimmer, haben mir echtes „Thrillerfeeling“ beschert.


    Einige Punkte fand ich aber dann doch nicht so gelungen. So trägt für mich die spontane Selbstheilung des Alex Zorbach innerhalb weniger Stunden nicht gerade positiv zur Glaubwürdigkeit bei. Das war mir unnötig viel Dramatik, die den Plot nicht wirklich voran gebracht hat. Durch seine fast übermenschliche Zähigkeit, kann er mir nicht wirklich als Identifikationsfigur dienen.


    Leider kann ich so gar nichts anfangen mit dem Trend, den ich in letzter Zeit immer häufiger beobachte, dass „Mystery“ auf Realität trifft. Den Visionen von Alina kann ich so gar nichts Positives abgewinnen. Wenn etwas nicht weitergeht, dann hat sie eine Vision. Das ist mir zu einfach gestrickt. Ein Thriller ist für mich an naturwissenschaftliche Realitäten gebunden; die Geschichte müsste sich so abgespielt haben können.



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    Autor


    Gisa Klönne lebt als freie Schriftstellerin in Köln. Sie wurde 1964 in Stuttgart geboren und studierte nach dem Abitur Germanistik und Politologie in Darmstadt und an der University of Surrey (Guildford, G, sowie Anglistik, Germanistik und Theater- Film- und Fernsehwissenschaften an der Universität zu Köln. Sie arbeitete mehrere Jahre lang in verschiedenen Zeitschriftenredaktionen und berichtete als freie Journalistin für Medien wie Frankfurter Rundschau und Kölner Stadt-Anzeiger.
    Im Jahre 2009 gewann Gisa Klönne den renommierten Friedrich-Glauser-Krimipreis in der
    der Sparte „bester Kriminalroman“.
    Der vorliegende Krimi „Nichts als Erlösung“ ist Gisa Klönnes fünfter Kriminalroman der Serie mit dem Ermittlerduo Judith Krieger und Manni Korzilius.


    (Quelle: Autorenhomepage http://www.gisa-kloenne.de)



    Vollständige Serie


    Die Serie um Kommissarin Judith Krieger und Manni Kozilius ist im Ullstein Verlag erschienen:


    Der Wald ist Schweigen (2005)
    Unter dem Eis (2006)
    Nacht ohne Schatten (2008)
    Farben der Schuld (2009)
    Nichts als Erlösung (2011)



    Inhalt


    Ein Toter ohne Gesicht mitten in der Kölner Altstadt. Die Ermittlungen führen Hauptkommissarin Judith Krieger in die Vergangenheit. Zu einer Familientragödie. Und zu einem Kinderheim, dessen Wurzeln bis in die NS-Zeit reichen. Ist der Täter ein ehemaliges Heimkind? Ist Rache sein Motiv? Schon bald fordert er Judith Krieger zu einem perfiden Wettkampf heraus.
    Ein eindringlicher und rasant erzählter Kriminalroman über ein lange verschwiegenes Kapitel der deutschen Geschichte.


    (Quelle: Rückseite der Hörbuchbox)



    Meine persönliche Meinung


    Da ich noch kein Buch von Gisa Klönne gelesen habe, war ich anfangs etwas unsicher, ob ich auch wirklich alles ausreichend verstehe, vor allem, inwieweit die privaten Verwicklungen des Ermittlerpaares für das Verständnis nötig sind. So war ich dann nicht erstaunt, dass ich bei diesem Hörbuch tatsächlich die erste CD mehrmals hören musste, bis ich den Zusammenhang wirklich geblickt habe. Rückblickend waren aber weniger die Wissenslücken um Judith Krüger und Manni Kozilius dafür verantwortlich, als die verschiedenen Erzählperspektiven, die in einem Hörbuch einfach weniger klar voneinander abgesetzt sind, als in der Leseausgabe.


    Es herrscht schwül-heißes Sommerwetter in Köln. Judith Krieger entflieht ihrer Dachgeschosswohnung zu später Nachtstunde, um im Park zu joggen. Dabei stößt sie auf eine gesichtslose männliche Leiche. Es handelt sich um Jonas Vollenweider, der auf der griechischen Insel Samos wohnhaft ist und polizeilich erfasst ist, weil er des Mordes an seiner Familie im Jahr 1986 verdächtigt wurde. Sein Vater war Pädagoge und hat damals das Erziehungsheim „Frohsinn“ geleitet, indem seit dem 2. Weltkrieg Kinder untergebracht wurden.
    Wir stoßen hier auf ein gerne verdrängtes Kapitel der neueren deutschen Geschichte. Die Erziehungsmethoden in den Kinderheimen, in denen erst Kriegswaisen und später auch andere Kinder lebten, stammten aus dem Dritten Reich. Im Haus „Frohsinn“ folgte man der Pädagogik des Erziehungsratgebers von Johanna Haarer, der auf Zucht und Ordnung basiert und jegliche individuellen Wünsche und Sehnsüchte der Kinder im Keime erstickt. So wurden „tobende“ Kinder beispielsweise weggesperrt, ohne dann man ihnen sagte wie lange, bis sie resignierten.
    Gisa Klönne gelingt es sehr gut, die Auswirkungen auf sensible Weise darzustellen, die so ein rigider Erziehungsstil bis ins Erwachsenenalter hat. Man spürt hier sowohl die intensive Recherchearbeit als auch persönliche Betroffenheit und gesellschaftskritisches Engagement der Autorin.
    Dieser Krimi zeichnet sich durch ruhige Ermittlungsarbeit und einzelne psychologisch fein ausgestaltete Charakteren aus. Die Kommissarin Judith Krieger ist für mich etwas flach geblieben. An einigen Stellen wurde auf Geschehnisse aus Vorgängerbänden verwiesen, die ich nicht kenne und mit deren Informationen mir die Ermittlerin bestimmt etwas näher gewesen wäre. Auch das Privatleben von Manni ist zwar immer wieder Thema, aber auch seine Person findet in meiner Vorstellung nicht zu einem abgerundeten Ganzen zusammen. Für das Verständnis des eigentlichen Inhalts sind aber die persönlichen Entwicklungen der Polizisten nicht vonnöten.


    Ich empfand dieses Hörbuch auf angenehme Weise durchgehend spannend, auch wenn man auf Action verzichten muss. Die Ermittlungen führen Judith Krüger auf die griechische Insel Samos, deren Landschaft wunderschön beschrieben wird. Auf ihrer Homepage (http://www.gisa-kloenne.de) stellt die Autorin ein paar eindrucksvolle Bilder zur Verfügung. Mir hat es besonders die dreifarbige Katze angetan.


    Etwas enttäuschend fand ich leider das Ende. Die Handlung gewinnt zwar gegen Ende noch mal richtig an Spannung, nicht zuletzt auf Grund eines Waldbrandes, der auf Samos die Menschen bedroht. Wenn man bis jetzt Actionszenen vermisst hat, wäre jetzt der Moment gewesen, das auszugleichen. Aber leider sind die letzten Entwicklungen nur in einer rückblickenden Erzählung aus der Sicht von Judith Krieger verarbeitet. Ich hätte mir hier eine etwas ausführlichere Ausgestaltung gewünscht, stattdessen ließ mich das Ende dieses wirklich sehr aussagestarken Buches etwas ratlos zurück.


    Das Hörbuch wird in ungekürzter Fassung gelesen von Karen Schulz-Vobach, deren Stimme wunderbar harmoniert mit diesem, mehrheitlich aus der Perspektive einer Frau erzählten Krimi. Es gibt keine Musik oder Geräuschekulisse als Untermalung, was ich nicht störend empfinde. Aber ich hatte, wie eingangs schon erwähnt, teilweise etwas Mühe damit, die Erzählperspektiven zu erkennen. Mir sind keine Kapitelangaben oder Angaben von Schauplätzen aufgefallen, die das erleichtert hätten. Dieses Hörbuch hat einiges an Aufmerksamkeit von mir abverlangt, so dass ich es nicht so leicht nebenher hören konnte, wie das sonst oft der Fall ist. Aber der Inhalt war dafür umso lohnender.


    Ich habe sehr viele Gedankenanstöße gefunden und schätze es immer sehr, wenn ein Buch abgesehen von guter Unterhaltung auch noch eine Botschaft vermittelt. Das ist hier definitiv der Fall.


    Ich vergebe diesem Hörbuch 4ratten und eine Lausch- oder Leseempfehlung.

    Autor


    Liza Marklund, geboren 1962 in Piteå, arbeitete als Journalistin für verschiedene Zeitungen und Fernsehsender, bevor sie mit der Krimiserie um Annika Bengtzon international eine gefeierte Bestsellerautorin wurde.
    (Verlagsinfo)



    Inhalt


    In einer Schneewehe liegt eine blasse schöne Frau. Sie ist nicht die Erste, die in den vergangenen Monaten in einem Stockholmer Vorort erstochen wurde. Journalistin Annika Bengtzon glaubt nicht an einen Serienmörder und beginnt zu recherchieren. Plötzlich bricht eine Katastrophe über sie herein: Ihr Mann Thomas ist in Afrika entführt worden. Er ist derzeit in Nairobi mit einer internationalen politischen Delegation. Nach und nach exekutieren die Geiselnehmer die Mitglieder der Gruppe. Annika reist sofort dorthin und versucht mit allen Mitteln, ihren Mann zu retten.
    (Verlagsinfo)



    Erscheinungsbild


    Das Buch liegt in gebundener Form vor mit stabilem dunkelgrauem Papp-Cover. Der Schutzumschlag ist ansprechend gestaltet: Auf weißem bis hellgrauem Grund ist über Titel und Autorennamen ein sehr großer markanter schwarzer Zweig mit sehr großen Roten Dornen abgebildet. Das ist auf jeden Fall ein Eyecatcher, hat aber leider mit dem Roman nichts zu tun.



    Meine persönliche Meinung


    Der Kriminalroman ist eingeteilt in Abschnitte mit den Überschriften Tag 0 bis Tag 10 mit dem jeweiligen Datum und einem Epilog, der einige Tage nach dem Ende eine Rückschau aus Sicht der Hauptfiguren darstellt.


    Das Buch beginnt mit einem klassischen Auftakt: Eine Frau wird im tiefen Schnee hinter einer Kindertagesstätte tot aufgefunden. Die Journalistin Annika Bengtzon befindet sich am Fundort und möchte gleich mit den Recherchen für einen Artikel beginnen. Doch sehr bald bricht Unheil über ihre Familie herein. Ihr Ehemann Thomas, der mit einer EU-Delegation die Krisengebiete von Somalia und Kenia besucht, wird durch eine unbekannte terroristische Gruppierung entführt. Annika sieht sich einer Lösegeldforderung gegenüber, die sie unmöglich erfüllen. Der Staatssekretär Jimmy Halenius, der sich als Thomas´ Vorgesetzten verantwortlich fühlt, steht Annika zur Seite und verhandelt mit den Erpressern. Zum großen Teil ist das Buch aus dieser Perspektive erzählt. In einer weiteren Perspektive schildert Thomas als Ich-Erzähler seine Erlebnisse sehr hautnah und als dritten Handlungsstrang erfahren wir aus der Zeitungsredaktion des Abendblattes vom deren Umgang mit den Morden an mehreren Frauen und mit dem Entführungsfall.


    Durch die verschiedenen Erzählperspektiven wirkt der Kriminalroman abwechslungsreicher. Man merkt, dass Liza Marklund intensive Recherchen angestellt hat zum Thema Entführungen. Die Schilderungen aus Thomas´ Sicht sind sehr sensibel, aber auch wieder schonungslos und gehen wirklich unter die Haut. Diese Einschübe finde ich sehr gelungen, leider sind immer recht kurz.


    Der Umgang mit der Entführung auf Annikas Seite finde ich leider nicht sehr glaubwürdig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man wirklich nur eine Person abstellt für die Betreuung der erpressten Familie und die Ehefrau selber zuständig sein soll für die Logistik, Organisation, Verpflegung inklusive stets geladener Handyakkus. Ich vermute, dass da doch einiges mehr an Technik aufgebaut und bedient werden muss.


    Dies ist der 9. Teil der Reihe um Annika Bengtzon. Ich habe bisher erst einen Band davon gelesen. Mir ging es bei diesem aber ähnlich wie in „Lebenslänglich“: Ich werde überhaupt nicht warm mit der Person der Annika, sie kommt mir als sehr oberflächlich vor, sie erscheint egoistisch, besitz ergreifend und nicht selten auch dumm. So ist ihr Handeln für mich oft überhaupt nicht nachvollziehbar. Zum Beispiel wird sie vom „Abendblatt“ für das Lösegeld finanziell unterstützt, wenn sie über den Entführungsfall einen Bericht schreibt und möglichst aussagekräftiges Videomaterial liefert. Das führt dazu, dass sie in den allerunmöglichsten Situationen die Videokamera zückt und für das Publikum weint.


    Die Aufklärung des Mordfalles, der eigentlich den Aufhänger für das Buch und die Grundlage für den deutschen Titel des Buches liefert, wird nur im Hintergrund abgehandelt. Die betreffenden Teile sind im Buch teilweise so weit auseinander gestreut, dass ich deren Zusammenhang schon fast vergessen hatte.


    Sprachlich ist der Roman sehr flüssig geschrieben und liest sich sehr angenehm. Als stilistische Besonderheit sind mir stellenweise sehr viele Klammern aufgefallen. Das finde ich in informativen Texten in Ordnung, aber in einem Roman doch eher ungewöhnlich.


    Für mich hat dieses Buch die hohen Erwartungen, die ich mit dem Namen von Liza Marklund verknüpfe, nicht erfüllt. Dabei sind die Szenen, die aus der Perspektive der Entführungsopfer beschrieben sind wirklich sehr gut. Ich hatte zwischendurch das Gefühl, als wären die verschiedenen Erzählstränge von verschiedenen Personen geschrieben. Insgesamt ist „Weißer Tod“ als Teil einer Serie lesbar und bringt das Privatleben von Annika Bengtzon auch weiter. Aber für mich erscheint der Roman als Ganzes zuwenig abgerundet.



    Ich vergebe 3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

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    Mit dem Henker Jakob Kuisl in Regensburg


    Zum Inhalt:


    Der Prolog zeigt eine typische Szene des dreißigjährigen Krieges im Jahre 1637: Eine Gruppe marodierender Söldner überfällt ein Dorf, tötet alles, was sich in den Weg stellt, zündet die Häuser an und vergewaltigt Frauen.


    Das erste Kapitel setzt 25 Jahre später ein, im August 1662. Der Schongauer Henker Jakob Kuisl ist unterwegs von seinem Wohnort Schongau nach Regensburg, wo er seine schwer erkrankte Schwester besuchen möchte. Kuisl ist neben seiner Tätigkeit als Scharfrichter auch Heilkundiger und hat Tinkturen und Heilkräuter im Gepäck, um damit seine kranke Schwester Liesbeth, die mit dem Bader Hofmann verheiratet ist, gesund zu pflegen. Die Reise verläuft nicht ohne Zwischenfälle: Als Kuisl durch das Stadttor treten möchte, wird er ohne Grund festgenommen und muss die Nacht in einer Zelle verbringen. Am nächsten Morgen wir er auf freien Fuß gesetzt und macht sich auf den Weg zu seiner Schwester. Als er das Haus des Baders Hofmann betritt, macht er eine schreckliche Entdeckung. Liesbeth und ihr Mann sitzen mit aufgeschlitzter Kehle in einem Badezuber. Kurz nach ihm stürmen Büttel das Haus und verhaften ihn. Er wird des Mordes am Baderehepaar verdächtigt und in den Turm gesperrt. Da Jakob seine Unschuld beteuert, wird er einer peinlichen Befragung unterzogen, wo er immer grausamere Foltermethoden aushalten muss.


    In einem anderen Erzählstrang lernt der Leser Magdalena Kuisl kennen, Jakobs Tochter. Der Beruf des Henkers gilt als unehrenhaft und deshalb wird die ganze Familie von der Bevölkerung gemieden. Magdalena muss sehr viele Demütigungen über sich ergehen lassen und leidet ganz besonders darunter, weil sie in Simon, den Sohn des Medicus verliebt ist. Als sie die Schmach nicht mehr aushalten kann, flieht sie mit Simon aus Schongau nach Regensburg, wo sie sich bei ihrer Tante Liesbeth, der es vor vielen Jahren genau gleich ergangen ist, Unterschlupf erhofft.


    Simon und Magdalena erfahren in Regensburg von der Ermordung der Tante und der Verhaftung des Vaters. Sie stoßen auf Nathan, den König der Bettler, der ihnen mit seinem Netzwerk aus Bettlern und wichtigen Leuten behilflich ist, einem unheimlichen Verbrechen auf die Spur zu kommen, dessen Ursachen weit zurück, bis in den dreißigjährigen Krieg reichen.



    Eigene Meinung:


    Oliver Pötzsch vermag es meisterhaft, mit wenigen Worten eine farbenfrohe Szenerie vor dem inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen. Die Personen werden sowohl vom Charakter als auch vom Aussehen her sehr genau beschrieben. Man sieht förmlich die goldenen Zähne aus dem Mund des Bettlerkönigs Nathan blitzen. Die Kleidung der Protagonisten entspricht ihrem gesellschaftlichen und beruflichen Stand, sodass man schon bei der Erwähnung eines bestimmten Accessoires auf die Person schließen kann, bevor sie noch benannt wird. Ebenso sind die städtebaulichen Besonderheiten von Regensburg sehr anschaulich herausgearbeitet.


    Dieser historische Krimi ist ausgesprochen abwechslungsreich geschrieben. Das Spannungsniveau ist durch verschiedene Erzählperspektiven und Rückblenden durchwegs hoch und man gewinnt interessante Einblicke in das Leben und die Politik einer sehr wichtigen Stadt im Vorfeld des sehr entscheidenden Reichtags von 1654.


    „Die Henkerstocher und der König der Bettler“ ist der dritte Teil der Reihe um den Schongauer Henker, der tatsächlich gelebt hat und als Vorfahr des Autors, Oliver Pötzsch gilt.


    Für mich was dieses Buch der erste Kontakt mit der Reihe um den Henker Kuisl. Ich hatte aber überhaupt keine Verständnisschwierigkeiten, die Personen sind alle ausführlich genug eingeführt und erwachen förmlich zum Leben. Selbstverständlich ist es für den optimalen Genuss immer von Vorteil, wenn man eine Reihe in der vorgesehenen Reihenfolge liest.
    Ich habe bereits jetzt den Henker Kuisl und seine Familie ins Herz geschlossen und freue mich auf den 4. Teil der Serie, der noch im Frühling 2012 mit dem Titel „Der Hexer und die Henkerstochter“ erscheinen wird.



    Zum Hörbuch:


    Von historischen Romanen lese ich eigentlich immer das Buch. Aber in letzter Zeit stöbere ich in der Bücherei immer öfter bei den Hörbüchern. So habe ich auch dieses spontan mitgenommen, weil mir das Cover aus dem Internet schon bekannt war. Das Hörbuch besteht aus 6 CDs, ich kann leider nichts darüber sagen, wo gekürzt worden ist. Für mich war der Inhalt durchgehend leicht verständlich und ich habe nichts vermisst.


    Das Hörbuch wird gelesen von Michael Fitz. Seine leicht dialektgefärbte Sprache passt wunderbar zu Jakob Kuisl und seinen Leuten und ist genau die richtige Art, diese Bücher fürs Ohr zu präsentieren. Die Kapitel werden durch eine Ansage von Zeit und Ort und durch stimmungsvolle Musik oder eine passende Geräuschkulisse eingeleitet, was diesem Hörbuch eine ganz besondere Note verleiht.



    Die vollständige Reihe im Überblick:


    Die Henkerstochter (2008)
    Die Henkerstochter und der schwarze Mönch (2009)
    Die Henkerstochter und der König der Bettler (2010)
    Der Hexer und die Henkerstochter (April 2012)



    Ich vergebe 5ratten

    Ich muss zugeben, dass seit der Lektüre dieses Buches schon einige Zeit vergangen ist. Ich hatte richtig Mühe, für mich eine Struktur in das Buch zu bringen, damit ich ein paar Sätze darüber schreiben kann, ohne dass mein Text einen völlig verwirrten Eindruck macht.


    Vom Inhalt möchte ich nicht mehr verraten, als man ohnehin dem Cover entnehmen kann. Ein Kind wird tot in einer Wohnung gefunden, ein anderes Kind schwebt in großer Gefahr. Der ermittelnde Kommissar Manthey versucht, Licht in den Zusammenhang dieser zwei Verbrechen zu bringen. Hauptfigur ist Jacqueline, eine Frau, die sozusagen zwischen den Welten wandelt. Die Einschübe aus ihrer Perspektive erzählt, bringen die Handlung zwar voran, als Leser ist man aber nie wirklich sicher, woran man ist, weil sie vorerst zusammenhangslos erscheinen.


    Die Kapitel im Buch orientieren sich zeitlich an einer „Katharsis“: Es wird in der Kapitelüberschrift jeweils angegeben, wie viele Tag vor der Katharsis die erzählte Handlung stattfindet. Die „Katharsis“ ist ein Begriff aus dem klassischen griechischen Drama und bezieht sich auf den Reinigungsvorgang, den das Publikum durch das Mitleiden mit den Figuren erlebt. Entlang dem Schema eines Dramas ist der Thriller eigentlich auch aufgebaut - nur chronologisch durcheinander gewirbelt.


    Der Prolog setzt gleich mit dem Höhepunkt beziehungsweise dem Wendpunkt ein. Die darauf folgenden Kapitel bringen dem Leser die beteiligten Figuren näher und erzählen ihre Geschichte (Exposition). Die zeitlich nach dem Prolog einzuordnenden Erzählstränge führen letztendlich zur „Katharsis“ – der Reinigung. Eine Reinigung entfaltet immer auch einen heilenden oder befreienden Effekt. In diesem Fall bezieht sich dieser auch noch auf eine interessante Nebenfigur, was dem Buch ein sehr versöhnliches und positives Ende verleiht.


    Ich hatte in der ersten Hälfte gewisse Verständnisprobleme, da die einzelnen Handlungsstränge nicht chronologisch erzählt werden. Als Leser muss man mit recht schwer nachvollziehbaren Zeitsprüngen zurecht kommen. Nach einiger Zeit weiß man aber die Kapitelüberschriften zu beachten, dann fällt es wesentlich leichter, dem Plot zu folgen.


    Sprachlich ist das Buch sehr angenehm zu lesen. Siegfried Langer schreibt sehr routiniert. Die Sätze sind eher kurz gehalten, aber ohne dass der Text dadurch ins „Stakkatohafte“ abdriftet. Die angenehme Kapitellänge motiviert durch die wechselnden Perspektiven zum schnellen Weiterlesen. Meine Empfehlung ist, sich genügend Lesezeit einzuplanen, damit man das Buch in einer Woche ausgelesen hat. Dann hat man durchgehend spannende Unterhaltung und kann die Geschichte auf sich wirken lassen. Bei größeren Leseunterbrechungen könnte es schwierig sein, den Faden wieder zu finden.


    Was mir etwas gefehlt hat, ist ein bleibender Inhalt. Es ist nicht so, dass ich ein Buch nicht genießen kann, bei dem es „nur“ um spannende Unterhaltung geht. Aber ich mag es, wenn ein thematischer Aufhänger dafür sorgt, dass ich ein bestimmtes Thema gedanklich vertiefen kann. Dann erinnere ich mich einfach länger an das Buch und es wirkt nachhaltiger.
    Dieser Thriller wirft durchaus Fragen auf, wie beispielsweise häusliche Gewalt oder seelische Erkrankungen. Aber für mich fehlt etwas die Vertiefung und die Auflösung.


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    egl. Originaltitel: The Enchantress of Florence



    Der Autor: (Verlagsinfo)


    Salman Rushdie,1947 in Bombay geboren, studierte in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman Mitternachtskinder (1983) wurde er weltberühmt. Seine Bücher erhielten renommierte internationale Auszeichnungen und sind in über zwei Dutzend Sprachen übersetzt. Zuletzt wurde ihm 1996 der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt.
    2008 schlug ihn die Queen zum Ritter.



    Inhalt: (Klappentext der gebunden Ausgabe)


    1572: In den Palast Akbars im indischen Fatehpur Sikri kommt ein junger blonder Mann, der behauptet, er sei den ganzen Weg um Afrika herum aus der Stadt Florenz im fernen Europa angereist. Übrigens heiße er Vespucci und sei Akbars Onkel.


    Der ob der überraschenden Verwandtschaftsbeziehung verblüffte, aber von der Neugier gepackte Moguln-Herrscher gewährt im Gastfreundschat – ist er doch einem gutgesponnenen Garn nicht abgeneigt. Ja, er hat sich sogar eine fiktive Lieblingsfrau erkoren, was für einen stets sicherheitsgefährdeten Weltenherrscher unbestreitbare Vorteile hat.


    Zwei Jahre lang behält Akbar Vespucci am Hof und lässt sich in dämmrigen Abendstunden fasziniert erzählen. So erfährt er von Machiavelli, Botticelli, dem Admiral Andrea Doria, Dracula, den Medicis und tausend anderen. Die Schauplätze von Vespuccis weitschweifigem Bericht reichen vom indischen Subkontinent über das Italien der Renaissance, die Küsten Afrikas und den nahen Osten bis nach Amerika. Aber in ihrem Zentrum steht stets „Schwarzauge“, die zauberhafte Florentinerin, schönste Frau der damals bekannten Welt. Und siehe da, sie ähnelt verdächtig einer Figur auf den Bildern von Akbars Hofmaler – jener, die er sich zur Lieblingsfrau erkoren hat …


    Rushdies Roman ist randvoll mit Geschichten: über die Liebe, über Macht und Verrat, über Städtebau, die christliche Seefahrt, italienische Städtepolitik, orientalische Küche, Folter, Gärten, Kleidung , Kunst – ein wahres Füllhorn schüttet der wohl phantasiebegabteste Autor beider Welten über uns aus.



    Mein persönlicher Eindruck:


    Obwohl ich kein besonderer Freund des „Magischen Realismus“ bin, der durch Salman Rushdie als wohl prominentester Autor vertreten wird, wollte ich einen seiner Romane lesen. Da dieses Buch laut Klappentext durch Akbar den Großen sowohl zentralasiatische wie europäische Geschichte aus der Zeit der Renaissance vereint, habe ich mich an das gut 400 Seiten starke Werk gewagt.


    Der Roman ist eingeteilt in drei große Abschnitte, die ihrerseits wiederum in insgesamt19 kürzere Kapitel unterteilt sind. Hinten befindet sich eine ausführliche Biografie, die mir aber nicht viel geholfen hat, weil ich nicht über Zugang zu einer geisteswissenschaftlichen Bibliothek verfüge.


    Im ersten Teil wird noch relativ zusammenhängend erzählt, wie Niccoló Vespucci an den Hof Akbars des Großen gelangt. Daneben wird Akbar, die Geschichte Zentralasiens bis zu seiner Regentschaft und sowie das Leben an seinem Hof und in der Stadt Sikri vorgestellt.
    Der zweite und dritte Teil besteht vorwiegend aus den Erzählungen und Geschichten, die Niccoló Verspucci zu Akbars Unterhaltung zum Besten gibt.


    Vespucci behauptet Akbars Onkel zu sein und versucht durch die nicht nachvollziehbare Historie seiner Mutter „Angelica“ diese Behauptung zu belegen. Kurzerhand erfindet man am Hofe Akbars eine bislang verschwiegene Prinzessin, malt und schreibt die Geschichtsbücher um, so dass sich die Erzählungen Vespuccis in die Geschichte von Akbars Großreich einfügen.

    Da Rushdie immer wieder abschweift in Seemannsgarn und Legenden, weiß man als Leser nie sicher, was nun wirklich geschehen ist, und was ins Reich der Mythologie gehört. Die Erzählperspektive wechselt immer wieder, allerdings ändert sich die sprachliche Ausdrucksweise in den verschiedenen Sichtweisen in keiner Weise, so dass die Wechsel oft erst mit Verzögerung nachvollziehbar sind.


    Auf mich hat dieses Buch sehr verwirrend gewirkt. Ich habe versucht mit Hilfe von historisch verbürgten Personen und erwähnten Jahreszahlen den daher schwadronierten Geschichten einen historischen Rahmen zu geben, bin aber kläglich gescheitert, da ich auf biografische Unmöglichkeiten gestoßen bin. Das Durcheinander von Fantasie und Wirklichkeit war für mich nicht verständlich, sodass ich mich ziemlich durch dieses Buch hindurchkämpfen musste. Dabei beinhalteten für mich die ersten 150 und die letzten 50 – 100 Seiten am ehesten einen stringenten Inhalt, während ich bei den mittleren 200 Seiten allergrößte Mühe hatte, dem Roman wenigstens die wichtigsten Informationen zu entnehmen.


    Ich habe jetzt nicht das Gefühl, dass ich viel Neues zur Geschichte Zentralasiens oder der Renaissance mit ihren Eroberungen gelernt habe. Es sind vielleicht neue Bilder, neue Eindrücke, neue Farben hinzugekommen. Aber dennoch war dieses Buch für mich nicht wirklich ein Gewinn.


    Die deutsche Übersetzung des Titels ist irreführend. Es handelt sich bei der verschwiegenen Prinzessin nicht um eine Florentinerin sondern um eine Nachfahrin des legendären Dschinghis Khan, die während ihres Aufenthalts in Florenz die florentinische Bevölkerung, vor allem die Männerwelt, verzaubert. Daher der englische Titel „The Enchantress of Florence“.


    Wer gerne weit ausschweifende Schilderungen liest, wo sich Realität und Mythologie die Hand geben, und das vor einem opulenten exotischen Hintergrund, der wird dieses Buch sicher lieben. Ich nicht so wirklich.



    2ratten

    Ein Bündel Briefe im Gepäck


    Autor: (Verlagsinfo)


    Die Bücher von John Boyne, geboren 1971, wurden bisher in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang
    Boyne mit seinem Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama", der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand, für das Kino verfilmt und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde. John Boyne lebt in Dublin.



    Inhalt: (Verlagsinfo)


    London, September 1919: Der junge Tristan Sadler steigt in einen Zug. Er fährt nach Norwich, um sich dort mit Marian Bancroft, der Schwester seines toten Kameraden Will, zu treffen, mit dem er Seite an Seite im Ersten Weltkrieg gekämpft hat. Als Gepäck trägt Tristan ein Bündel Briefe mit sich – und seine Erinnerung.
    In Norwich trifft sich Tristan mit Marian in einem Café. Er erzählt ihr von seiner ersten Begegnung mit Will im Ausbildungslager Aldershot; von der Schiffspassage nach Nordfrankreich, vom Leben und Sterben im Grabenkampf, aber auch von der Freundschaft und dem Vertrauen, das sich die beiden jungen Männer schenken. Und er legt Zeugnis darüber ab, wie Will sein Leben einsetzt, um sich unter unmenschlichen Bedingungen einen Rest von Menschlichkeit zu bewahren. Tristans erschütternder Bericht ist ebenso schonungslos wie ungeheuerlich, und doch bleibt er Marian die schrecklichste Wahrheit schuldig - vorerst.



    Eigene Gedanken:


    Ein Jahr nach Ende des ersten Weltkrieges reist der 21 jährige Tristan Sadler mit dem Zug von London nach Norwich mit einem Bündel Briefe im Gepäck. Er hat im 1. Weltkrieg in Frankreich gekämpft und möchte Briefe aus dem Besitz seines getöteten Freundes Will Bancroft seiner Schwester zurückbringen. Neben den Briefen trägt Tristan auch sehr belastende Erinnerungen aus dem Krieg mit, die er Wills Schwester Marian anvertrauen möchte.


    Marian und Will sind als Kinder des Pastors von Norwich in einer sehr behüteten Umgebung aufgewachsen. Will verspürt die Pflicht in den Krieg zu ziehen und für sein Vaterland zu kämpfen. Er bringt jedoch sehr bald ein gewisses Verständnis für pazifistisches Gedankengut. Im Ausbildungslager im Jahre 1916 in Aldershot freundet sich Will mit dem 17 jährigen Tristan Sadler an, der mit seinem Alter geschwindelt hat, weil er unbedingt in den Krieg ziehen wollte. Obwohl ihre Freundschaft nicht ungetrübt bleibt, so kämpfen sie im Sommer bis Herbst 1916 in Frankreich doch Seite an Seite im Schützengraben.


    Während der ganzen Zeit im Ausbildungslager sowie an der Front hatte Will regen Briefkontakt mit seiner Schwester Marian, so dass sie über viele Geschehnisse aus Wills Perspektive recht gut informiert ist. Tristan erzählt Marian auf recht schonungslose die Erlebnisse im Schützengraben aus seiner Sicht und bringt ihr die letzten Monate ihres Bruders nahe.


    Nach 60 Jahren kommt es zu einer letzten Begegnung von Marian und Tristan, nach der Tristan seine Erlebnisse endgültig loslässt, indem er das Manuskript mit seinen Erlebnissen – seinem Geständnis - veröffentlicht.


    Das Buch ist in sieben größere Abschnitte unterteilt, die abwechslungsweise im Kriegsgeschehen 1916 beziehungsweise in Norwich anlässlich des Treffens von Tristan und Marian im September 1919 spielen. Obwohl man schon recht früh Vermutungen hat, in welche Richtung der Roman führen könnte und durch Vor- und Rückblenden einzelne Aspekte aufgegriffen werden, so führt John Boyne dennoch in einem sehr ruhigen Erzählrhythmus durch das Leben der beiden Freunde von der Kindheit bis zu den letzten Wochen an der Front.


    Die Bilder, die der Autor vor dem inneren Auge des Lesers heraufbeschwört, sind sehr eindringlich und nicht immer sehr angenehm. Ohne Effekthascherei wird auch die blutige und schmutzige Seite des Kämpfens im Schützengraben schonungslos dargestellt. Der Schwerpunkt liegt weniger auf der Spannung der Kampfhandlungen als auf der Stimmung, die herrscht, bestimmt unter anderem auch durch die täglichen Probleme mit Ernährung, Gesundheit Müdigkeit und Angst. Hautnah erlebt man mit, wie Kameraden und Vorgesetzte sterben oder den Verstand verlieren.


    Die Charaktere der beiden Hauptfiguren Tristan und Will sind meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Boyne zeichnet sowohl ihre Gefühlsschwankungen als auch ihre Enttäuschungen sehr sensibel auf. Genau so haben mir die anderen Charaktere unter den Soldaten sehr gut gefallen. Mit der Figur der Marian hatte ich etwas Mühe. Ich empfand sie anfangs, als sie Tristan im Café trifft und gegen Ende, als sie ihn ihren Eltern vorstellt, recht zickig und unreif. Dazwischen war sie mir sympathischer aber irgendwie doch konturlos. Sehr gut hat sie mir aber ganz am Ende gefallen, als sie Tristan nach 60 Jahren noch mal trifft. Das war auch für mich als Leser irgendwie versöhnend.



    Mein Fazit:


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es bringt dem Leser auf sehr sensible Art das Leben von Soldaten im 1. Weltkrieg nahe und zeigt auch, wie die Daheimgebliebenen mit den Verlusten fertig werden müssen. Allerdings sehe ich das Buch weniger als typischen historischen Roman, da er nur wenige Informationen über politische und strategische Hintergründe des Krieges beinhaltet. Der Schwerpunkt ist auf der Beschreibung des Lebens an der Front aus der Perspektive eines 17jährigen Soldaten, der sich nicht so intensiv mit den politischen Ränkespielen und dem strategischen Kriegsverlauf auseinandersetzen konnte. Wer eine ausführliche historische Aufarbeitung des Krieges erwartet, wird womöglich enttäuscht sein.


    Ein Roman über Freundschaft, enttäuschte Liebe, Mut, Feigheit, Schuld, das viel Raum für eigene Gedanken lässt und kein Urteil über die Beteiligten Personen fällt.



    Ich vergebe 4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Wo steckt das Böse?


    Autor: (Quelle: Autorenhomepage)


    Wulf Dorn ist 1969 geboren und schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. Seine Kurzgeschichten sind in Anthologien und Zeitschriften erschienen und wurden mehrfach ausgezeichnet. Die Faszination für das Unheimliche und Geheimnisvolle führte ihn zunächst in das Horror- Genre, ehe er die Spannbreite des Thrillers für sich entdeckte. 2009 veröffentlichte der Heyne-Verlag Dorns Debütroman ”Trigger”, der binnen weniger Wochen zum Bestseller wurde. Weitere Thriller im Heyne-Verlag sind „Kalte Stille“ (2010) und „Dunkler Wahn“ 2011).
    Mit „Mein böses Herz“ hat sich Wulf Dorn dem Jugendbuch zugewandt und ein sensibles und spannendes Werk geschaffen.



    Inhalt: (Quelle: Verlagsinfo)


    Ein abgründiges Verwirrspiel um dunkle Geheimnisse – und die Angst vor dem »Bösen« in der eigenen Seele
    Was tust du, wenn du nicht mehr weißt, was Realität ist und was Fantasie?
    Seit dem Tod ihres Bruders wurde Doro von Halluzinationen verfolgt, aber eigentlich dachte sie, das in den Griff gekriegt zu haben. Doch als sie mit ihrer Mutter aufs Land zieht, scheint die neue Umgebung erneut etwas in ihr auszulösen. Stimmen verfolgen sie. Und eines Nachts sieht Doro in ihrem Garten einen Jungen: verstört, abgemagert, verzweifelt. Der Junge bittet sie um Hilfe – und ist dann verschwunden. Wenig später erfährt Doro, dass er schon vor ihrer Begegnung Selbstmord begangen hat. Doro kann nicht glauben, dass sie sich den Jungen nur eingebildet hat. Doch die Suche nach der Wahrheit wird schnell zum Albtraum. Und tief in Doros Seele lauert ein dunkles Geheimnis ...



    Meine eigenen Gedanken:


    In diesem Jugendbuch macht sich der Leser aus der Sicht der 16 jährigen Doro auf die Suche nach ihren Erinnerungen, die sie schwer belasten und erlebt mit, wie sie damit fertig wird.


    Mit dem Tod ihres Bruders ist für Doro das Leben aus den Fugen geraten. Sie musste ihren kleinen Babybruder babysitten, während ihre Eltern ausgegangen sind. Am Morgen ist ihr Bruder tot und Doro kann sich überhaupt nicht mehr an die Nacht erinnern. Sie wird von Schuldgefühlen geplagt und leidet unter Halluzinationen, was dazu führt, dass Doro in einer Jugendpsychiatrischen Klinik behandelt werden muss. Da in der Folge des tragischen Todesfalls auch die Ehe ihrer Eltern in die Brüche geht, wagt die Mutter mit Doro einen Neustart. Sie ziehen in ein kleines Haus im ländlichen Ulfingen. Das bildet die Ausgangslage dieses Buches.


    Wir erleben wir, wie Doro Stück für Stück ihre Erinnerung an die schreckliche Nacht wieder findet und verarbeitet. Da sie noch immer unter Halluzinationen leidet, traut sich oft ihrer Wahrnehmung nicht, beziehungsweise sie hat Probleme damit, von ihrer Umgebung ernst genommen zu werden. Das Vorurteil, ein Freak zu sein, verfolgt sie Tag für Tag. Als sie in einer Nacht in ihrer Gartenlaube einen Jungen trifft, von dem sie später erfährt, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits hätte tot sein sollen, begibt sie sich auf die Suche nach dem Jungen, um sich und ihrer Umwelt zu beweisen, dass sie nicht verrückt ist.


    Der Leser wird sehr lange im Unklaren gelassen, ob sich Doro nicht doch einiges „einbildet“, aber spätestens als ihr Freund und Begleiter niedergeschlagen wird, ist klar, dass mehr hinter der Geschichte steckt, als die Flausen eines Freaks.


    Dieser Thriller ist sehr angenehm geschrieben und lässt sich von Jugendlichen sicher leicht lesen. Allerdings ist es inhaltlich nicht gerade leichte Kost. Es ist an keiner Stelle so richtig gruselig, dass man es weglegen muss. Aber die Bilder und Geräusche, die Doro in ihrem Kopf sieht und hört, sind nicht immer ganz leicht verdaulich. Durch den Ich-Erzählstil wird dieses Gefühl noch verstärkt. Das Buch zeigt in meinen Augen gut, wie man sich Halluzinationen vorstellen kann und bewegt sich geschickt an der Grenze, wo man unsicher ist, ob das Erlebte in der Realität geschieht oder ob diese Grenze überschritten ist und es sich um innere Bilder handelt oder gar tatsächlich um Magie oder Geister?


    Eine sensible, leise Geschichte mit angenehmem Spannungsfaktor.



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    Hörbuchdaten


    Titel: Mädchenfänger
    Autor: Jilliane Hoffman
    Anzahl CDs: 6 CDs, im Profilepac
    Hördauer: 470 Min.
    Erschienen: Juli, 2010
    Verlag: Argon Verlag
    ISBN: 978-3839810323
    Sprecher: Andrea Sawatzki



    Autor:


    Jilliane Hoffman war Staatsanwältin in Florida und unterrichtete jahrelang im Auftrag des Bundesstaates die Spezialeinheiten der Polizei - von Drogenfahndern bis zur Abteilung für Organisiertes Verbrechen - in allen juristischen Belangen. Mit ihren Romanen "Cupido", Morpheus" und "Vater unser", gelang ihr auf Anhieb der Durchbruch an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten.


    (Verlagsinfo)



    Inhalt:


    "PS: Freue mich auf morgen", lautete die letzte Mail von ElCapitan an Lainey. Seitdem ist die Dreizehnjährige nicht mehr nach Hause gekommen.
    FBI-Agent Bobby Dees glaubt nicht daran, dass Lainey einfach nur abgehauen ist, er befürchtet Schlimmeres und er weiß, wovon er spricht: Dees' Tochter Katy ist vor einem Jahr verschwunden, und er sucht immer noch nach ihr. Als Dees ein verstörendes Gemälde zugespielt wird, sieht er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Es zeigt eine junge Frau, die gefoltert wird. Sie hat kein Gesicht, doch in einer Ecke des Bildes erkennt er Laineys Schultasche …


    (Text von Hörbuch-Pac)



    Meine persönliche Meinung:


    Im Leben der jungen Elaine Emerson läuft es nicht rund. Durch einen Umzug musste sie ihre Schule wechseln und hat dadurch viele ihrer Freunde und Bezugspersonen verloren. In der neuen Schule hat sie unter den Schülern noch kaum Kontakte geknüpft. Dazu sacken ihre Noten in den Keller. Lainey ist ein unscheinbares Mädchen, nicht besonders hübsch, trägt Brille und sehnt sich nach Aufmerksamkeit. Da es auch in ihrer Familie wenig Grund zur Freude gibt, findet Lainey Trost im Internet. Sie lernt in einem Chat Zach kennen einen – angeblich 17 jährigen Jungen, der ihr sehr viel Verständnis entgegenbringt und ihr die Aufmerksamkeit schenkt, die sie sonst in ihrem Leben vermisst. Doch von diesem Zach geht große Gefahr aus. Zach lässt nicht lange auf sich warten und will Lainey im „Real life“ treffen. - Ein Date, ein richtiges Date - Elaine ist im siebten Himmel. Sie erzählt niemandem von diesem Treffen, damit sie nicht ihr Gesicht verliert, falls das Date ein Reinfall wird.
    Zach ist ein Psychopath, der es auf junge Mädchen abgesehen hat. Er entführt Lainey und hält sie an einem vorerst nicht näher bezeichneten Ort gefangen.


    Das ist die Ausgangslage, wenn Bobby Dees, Special Agent bei der Abteilung gegen Kinderkriminalität seine Ermittlungen aufnimmt. Er ist emotional besonders von dem Fall betroffen, weil vor einem Jahr seine Tochter Cathy verschwunden ist und er seither nichts mehr von ihr gehört hat. Sehr schnell wird klar, dass es sich um einen Serientäter handelt und Bobby befürchtet, dass auch seine Tochter zu den Opfern gehören könnte.


    Die Ermittlungen werden begleitet von Einschüben aus Dees Privatleben. Er ist mir als sehr sympathischer Ermittler erschienen, der trotz der schweren persönlichen Belastung sein Bestes gibt, um der jungen Elaine zu helfen. Die polizeilichen Ermittlungen werden unterbrochen durch Schilderungen aus der Perspektive von Elaine beziehungsweise des Täters. Man erlebt Elaines Ängste mit, ihre Verzweiflung, ihren Hunger hautnah mit. Ich fand diese Passagen sehr ergreifend und war der Autorin dankbar, dass sie keine sexuellen Misshandlungen beschrieben hat. Elaine ist mir als Hauptperson sehr ans Herz gewachsen. Sie ist ein ganz normales Mädchen, das auch mal hübsch sein und im Mittelpunkt stehen möchte und dafür leider auch einen großen Fehler begeht.


    Das Thema Sicherheit im Internet hat sich unter Eltern von 10 – 18 jährigen Kindern zum Dauerbrenner entwickelt. Es vergeht kaum ein Elternabend, wo nicht mindestens eine Präventionsveranstaltung angekündigt oder eine Lerneinheit vorgestellt wird. Auch am heimischen Esstisch ist nicht selten Thema, wer welche knapp bekleideten Fotos auf sein Facebook Profil geladen hat. Allein schon aus diesem Grund finde ich dieses Buch sehr empfehlenswert. Es zeigt die Gefahren ungeschminkt auf, ohne Schuldzuweisungen in Richtung der Opfer.


    Ich fand dieses Hörbuch durchgehend spannend. Bis zum Schluss hat mich die Frage nicht losgelassen, ob es mit Elaine und Cathy ein gutes Ende nimmt. Der Schluss hat mir ganz besonders gut gefallen – Gänsehaut und Tränchen!


    Das Audiobook wird gelesen von Andrea Sawatzki. Ihre Stimme passt sehr gut zu einem Buch, in dem ein Mädchen die Hauptperson ist. An einigen Stellen fand ich, dass sie den Text etwas heruntergeleiert hat, ein bisschen wie ein Nachrichtensprecher. Ich hätte gerne etwas mehr Gefühl in der Stimme gehört.


    Auf der Verpackung meiner Ausgabe steht, dass dieses Hörbuch Unterhaltung für 940 km bietet. Ob es jetzt wirklich so weit reicht, kann ich nicht bestätigen, aber es eignet sich auf jeden Fall, um nebenher zu hören. Es ist sprachlich nicht sehr anspruchsvoll, die Geschichte wird relativ geradlinig erzählt, die Einschübe aus den anderen Erzählperspektiven sind klar abgesetzt und dennoch wird ein sehr spannender Thriller zu einem absolut aktuellen und wichtigen Thema geboten. - Unterhaltung mit „Message“ - so habe ich es gern!


    Ich vergebe 4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Ich bin gerade daran, das Hörbuch zu lauschen und hätte eine Frage an diejenigen, die das Buch gelesen haben: