Inhalt:
Zwölf Quellen, an das Leben ihrer Hüter gebunden und von diesen bestens bewacht. Versiegen die Quellen, geht die Menschheit zugrunde und verliert ihre Menschlichkeit. Doch etwas geht vor: "Wasser sinkt. Wasser steht . Wasser schweigt. Menschlichkeit versiegt und Bitternis steigt." So prophezeien es die Undae, jene Frauen, die alle Geheimnisse der Welt aus dem Wasser herauslesen können und die noch nie zuvor ein Mensch reden gehört hat.
Umso mehr Panik verursachen die plötzlichen und bedrohlichen Worte der Frauen. Drei Männer sollen jeweils eine der Undae auf ihrer Reise zu den Quellen begleiten, sie beschützen und über sie wachen. Die Quellen dürfen nicht versiegen und die Menschheit darf nicht zugrunde gehen. Doch die Hoffnung ist gering. Drei mutige welsische Offiziere und ein Trupp anderer Soldaten begleiten die Frauen, doch schon bald muss die Gruppe Verluste hinnehmen und sich schließlich ganz trennen. Babu, ein ehemaliger Kufurhirte, und sein Falke Juhut stoßen zufällig auf die Undae Reva und den welsischen Offizier Felt und schließen sich der kleinen Gruppe an. Doch der Ausgang der Reise ist ungewiss und jede Quelle, die versiegt, bringt die Menschheit dem Abgrund ein Stück näher.
Meine Meinung:
High-Fantasy ist eigentlich so gar nicht mein präferiertes Genre, doch dieser Klappentext hat mich so sehr gefesselt, dass ich mich unbedingt an "Zwölf Wasser" heranwagen wollte. Die Tatsache, dass ich mich jetzt definitiv mal wieder einem High-Fantasy Roman zuwende werde, spricht ja schon für sich! Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so sehr in einer erfundenen Welt verlieren könnte, wie es bei diesem Roman der Fall war. Da die Handlung recht komplex ist, möchte ich nochmal ein wenig genauer auf diese eingehen:
Zuerst lernt der Leser Babu, einen Kafurhirten und Merzen kennen. Er hat eine der größten Kafurherden seines Dorfes und ist zudem noch der Neffe des Thons, des Oberhauptes der Merzer. Doch so recht scheint Babu nicht in dieses Volk hineinzupassen. Als ihm dann von den geheimnisvollen Falknern ein Ei überreicht wird, aus dem bald ein Szasla, ein Falke der "alten Zeit", schlüpfen soll, verändert sich Babu Leben maßgeblich. Doch auch ein weiteres Ereignis sorgt für Aufruhr, Babu trifft auf den Mörder seines Vaters und findet heraus, was damals wirklich passiert ist. Danach ist eines sicher: Babu muss flüchten, denn vor dem Thon ist er nichtmehr sicher.
Perspektivenwechsel: Welsien hat vor über hundert Jahren den Krieg gegen die Pramer verlorenen und das gesamte Welsenreich wurde in Schutt und Asche gelegt. Eine neue Zeitrechnung brach an und die Welsen lebten seitdem in ständigem Hunger, denn die Tagesrationen an Essen werden streng rationiert. Berühmt sind die Welsen für die Herstellungen ihrer Waffen aus dem robusten Welsenstahl, aber auch für die Undae, die hohen Frauen, die alles zu wissen scheinen, was in den Welt vorgeht, da sie es im ständigen Fließen des Wasser lesen können. Als eben diese Frauen alle Offiziere Welsiens zusammenrufen, ist die Stadt in Aufruhr. Noch nie haben die Undae gesprochen. Und was sie zu sagen haben, ist noch grauenvollen. So machen sich drei Offiiere und ihre besten Männer auf den Weg, die Undae auf ihrem Weg zu zwölf Quellen um ihr Versiegen zu verhindern.
Erstmal vorweg: Dieses Buch hat mich von seiner Grundidee her wirklich weggeblasen! Zwölf Quellen, die für unterschiedliche Eigenschaften der Menschheit stehen, die ihrer Menschlichkeit ausmachen, wie Liebe, Freundschaft, Hoffnung, Erkenntnis... Diese Quellen stehen kurz vor dem Versiegen und damit die Menschheit vor dem tiefsten Abgrund, den es jemals in der Geschichte zu verzeichnen gab.
Ein längst vergangener Krieg zwischen zwei großen Weltmächten - Welsien und Pram - und die Geschichten, die sich um den Untergang Welsiens ranken, handelnd von Dämonen, einer alles zerstörenden geisterhaften Feuerwand und zwei Zwillingsschwestern, die mit ihren magischen Fähigkeiten auf unterschiedlichen Seiten kämpften. Mich haben beide Geschichten sofort in ihren Bann gezogen. Zusammen mit der geheimnisvollen Geschichte Babus und seines Szasla, dem zerstörten Welsien, mit den Menschen, die dem Tod immer wieder gerade so von der Schippe springen, aber auch den mutigen Männern und ihrer grenzenlosen Loyalität, konnte mich "Zwölf Wasser" gleich zu Beginn von sich einnehmen.
Die Welt, die E. L. Greiff erschaffen hat, ist voller Geheimnisse und Dingen, die es zu entdecken gibt. Es gibt zwar keine Zwerge, Riesen, Elben etc., dafür aber andere fantastische Wesen, wie Wölfe, die den Albtraum eines jeden Menschen kennen und diesem offenbaren, die Undae und die zwölf Quellhüter selbst, aber auch die Szasla, die in dem Roman eine tragende Rolle spielen. Die Charaktere sind ebenso detailliert ausgearbeitet, denn jeder verkörpert eine andere Tugend und ist auf seine Weise bewundernswert. Was aber alle gleichermaßen auszeichnet, ist ihr Mut und ihrer Loyalität. Dafür musste ich vorallem Felt während des Lesens des Öfteren bewundern.
Auch die Landschaft und die einzelnen Orte sind magisch und werden bis ins kleinste Detail beschrieben. Besonders faszinierend ist hier meiner Meinungs nach der Nebelwald, aber auch Wiatrain, die Stadt der Szasla. Was es mit diesen beiden Orten auf sich hat, werde ich euch nicht verraten, es in "Zwölf Wasser" aber zu erfahren, lohnt sich wirklich!
Leider spürt man in "Zwölf Wasser" aber nur allzu sehr, dass dieser Roman erst der Auftakt zu einer grandiosen Reihe ist. Denn so sehr mich die von E. L. Greiff erschaffene Welt auch für sich einnehmen konnte, muss ich doch sagen, dass das Buch so seine Längen hatte. Der Autor ergeht sich in ausschweifenden Erklärungen, die für meinen Geschmack teilweise zu verschnörkelt waren und aufgebauscht wurden. Natürlich musste E. L. Greiff seine neu erschaffene Welt und alle Begebenheiten, die sich in ihr zugetragen haben, dem Leser erstmal nahe bringen, aber so habe ich nach dem Lesen das Gefühl gehabt, zwar eine aufregende Reise in einer fantastischen Welt begonnen zu haben, aber die eigentliche Geschichte an sich, hat noch gar nicht angefangen. Spannung findet man in diesem Roman kaum, da "Zwölf Wasser" vom mystischen Schreibstil des Autors, den Charaktere, der Landschaft und den alten sagenumwobenen Mythen, lebt. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die Geschichte schon ein bisschen weiter vorgeschritten wäre. Auf beinahe 600 Seiten finde ich, dass man das schon erwarten darf.
Beinahe 600 Seiten? Das Buch hat doch 608 Seiten? Gut erkannt! Der Roman beinhaltet nämlich noch ein umfangreiches Personenverzeichnis mit Stammeszugehörigkeit und Worterklärungen, sowie eine schön gezeichnete und detaillierte Karte der von E. L. Greiff erschaffenen Welt. Diese Ausstattung des Romans hat mir sehr gut gefallen, ist aber auch von Nöten, um "Zwölf Wasser" einwandfrei verstehen zu können.
Alles in allem ein wundervoller Auftakt zu einer High-Fantasy Reihe, die unheimlich vielversprechend ist. Ich erwarte mir viel von den Folgebändern, die im Herbst nächsten bzw. übernächsten Jahres erscheinen sollen.
Hoffentlich geht es in diesen dann mal richtig zur Sache, denn eine wirkliche Schlacht findet im Auftakt nicht statt. Außerdem wünsche ich mir, dass man endlich einmal richtig in die Geschichte der zwölf Quellen einsteigt. Wenn der Autor dann auch noch seinen mystischen und detailreichen Schreibstil beibehält, sich aber nicht zu sehr in den alten Geschichten ergeht, wird das Buch sicherlich die Höchstpunktzahl von mir bekommen. Diesmal reicht es leider "nur" für vier Ratten.