Beiträge von bookstars

    Nach dem Buch „Lilienblut“ liegt mit „Schattengrund“ nun der zweite Jugendbuch-Thriller von Elisabeth Herrmann vor.


    MEINE MEINUNG
    Für ihren Thriller hat die Autorin das Ambiente, in dem die Handlung spielt, sehr geschickt gewählt: Schneechaos, ein von der Außenwelt abgeschnittenes Harz-Dorf, keine Netzverbindung ...
    Mir fiel es nicht schwer, mich in diese Winterstimmung und die extremen Witterungsverhältnisse hinein zu versetzen.
    Auch die verschiedenen Mythen und Sagen aus dem Harz, die in die Geschichte eingeflochten sind, tragen dazu bei, die düstere und unheimliche Atmosphäre noch zu verdichten.
    Insgesamt wurde der Spannungsbogen über die meiste Zeit hinweg auf einem ziemlich hohem Niveau gehalten.
    Sehr gezielt hat die Autorin gruselige, angsteinflößende und manchmal zudem übernatürliche mystische Elemente in die Handlung eingebaut. Dadurch können wir die unterschwellige Bedrohung von Nico hautnah nachempfinden, so dass manchmal auch bei uns die Nerven ziemlich blank liegen. Immer wieder werden uns Fragmente aus Nicos Kindheitserinnerungen aus Siebenlehen präsentiert, die schrittweise zu einer schlüssigen Geschichte zusammengesetzt werden können. Sehr geschickt hat uns die Autorin aber manchmal auch mit vorschnellen Verdächtigungen auf eine falsche Spur geschickt.
    Mich hat das Buch zieht sehr schnell in seinen Bann gezogen, so dass ich es erst wieder aus den Händen legen konnte, als ich schließlich bei der Auflösung des Ganzen angelangt war. Am Ende ihres Thrillers lässt uns die Autorin an einer bewegenden, traurigen Geschichte teilhaben, in die erschreckend viele Menschen aus Siebenlehen in der einen oder anderen Weise verwickelt waren. Eine beklemmende Thematik, die mich sehr nachdenklich zurück gelassen hat.
    Sehr sympathisch finde ich die Protagonistin Nico beschrieben. Sie entwickelt sich während der Geschichte weiter und scheint in Siebenlehen zunehmend reifer und selbstbewusster geworden zu sein. Sehr schnell habe ich mich auf ihre Seite gestellt und gemeinsam mit ihr versucht, die Geschehnisse in ihrer Vergangenheit zu ergründen und herausfinden, was in diesem unheimlichen Dorf vor vielen Jahren wirklich vorgefallen ist.
    Das Einzige, was mich teilweise gestört hat, waren einige Ungereimtheiten in den Verwandtschaftsbeziehungen von Felis Familie und das etwas zu dick aufgetragene Happy End zum Schluss, in das doch etwas zu viel hineingepackt wurde.
    Als sehr gelungen empfand ich den leichten und lockeren Schreibstil der Autorin, der sprachlich aber keineswegs anspruchslos war und schon zu Beginn für einen angenehmen Lesefluss sorgte.


    FAZIT
    Schattengrund ist ein fesselnder und zugleich bewegender Jugendthriller mit einer tollen Atmosphäre, der auch für Erwachsene lesenswert ist!


    4ratten

    INHALT
    „Leningrad in den frühen 80er Jahren: Das Schachwunderkind Alexander Besetow gibt seine Ideale zugunsten des Luxus auf, den die Kommunisten ihm bieten. Cambridge, Massachusetts im Jahr 2006: Bei der jungen Dozentin Irina Ellison wird Chorea Huntington diagnostiziert eine Krankheit, die schon ihrem Vater den Verstand geraubt hat. Vor seinem Tod hat er dem Schachweltmeister Alexander Besetow eine alles entscheidende Frage gestellt: Wie kann man weitermachen, wenn die Niederlage nicht abwendbar ist? Um die Antwort zu erhalten, reist Irina zu Alexander. Dieser hat sich ebenfalls einer aussichtslosen Sache verschrieben: Er tritt bei den Wahlen gegen den russischen Präsidenten an. Irina unterstützt ihn dabei und sucht mit ihm die lebenswichtige Antwort auf die Frage: Wie weiterleben, wenn die Niederlage unausweichlich ist?“ (Klappentext Verlag)


    MEINE MEINUNG
    In dem Debütroman der jungen amerikanischen Autorin Jennifer DuBois begegnen sich zwei Menschen, die nicht unterschiedlicher sein könnten, die Amerikanerin Irina und der Russe Alexander zu einem sehr bedeutsamen Moment in ihrem Leben. Beide verbindet eine Gemeinsamkeit, denn sie stehen einem aussichtslosen Kampf gegenüber, den sie nicht gewinnen können.
    Beide befinden sich aus unterschiedlichen Gründen in einem unlösbaren Konflikt, sie hängen an ihrem Leben, sind mit ihren derzeitigen Lebensumständen unglücklich und unzufrieden, sehen sich aber zugleich nicht in der Lage, ihr Schicksal zu positiv beeinflussen und zu verändern.
    Die fesselnden Lebensgeschichten der beiden Hauptfiguren ziehen den Leser schon bald in ihren Bann.
    Der ständige Wechsel der Erzählperspektiven bringt Spannung in die Erzählung und man fragt sich, wie und wann die beiden Erzählstränge aufeinandertreffen werden. Gleich einer Schachpartie geht es Zug um Zug, die Abschnitte berichten wechselnd von der Lebensgeschichte Alexanders und Irinas, mal aus der Vergangenheit in Russland und mal aus der Gegenwart in den USA. So bewegen sich die Episoden der beiden Protagonisten auch zeitlich und räumlich immer mehr aufeinander zu, bis es schließlich zu einem persönlichen Treffen der beiden im Jahre 2006 kommt. Die beiden Erzählstränge sind nun ineinander verwoben, die nachfolgende Handlung wird aber weiterhin aus den Perspektiven beider Protagonisten erzählt.
    Der Autorin ist eine herausragende, tiefgründige Charakterzeichnung ihrer sehr interessanten Hauptfiguren gelungen. Die vielschichtigen Charaktere sind unglaublich authentisch und einfühlsam bis in kleine Details beschrieben.
    Sehr bewegend und eindringlich wird uns Irinas Lebensgeschichte und ihr Schicksal aus der Ich-Perspektive beschrieben. Sie muss sich der Gewissheit stellen, schon kurz vor Ausbruch einer tödlich verlaufenden Erbkrankheit zu stehen, zudem einer Krankheit, die einen über Jahrzehnte schleichend um den Verstand und seine gesamte Persönlichkeit bringt. Sie muss sich mit der Frage auseinandersetzten, wie sie ihr künftiges Leben angesichts ihrer Krankheitsgeschichte gestalten soll. Die Autorin spricht hier eine sehr komplexe, hochinteressante Thematik, über die man als Leser lange Zeit nachdenken wird und auf die es keine generelle Antwort geben kann. Irinas Entscheidung alle persönlichen Brücken abzubrechen und nach Russland ins Ungewisse zu flüchten, empfinde ich als sehr radikal aber auch verständlich. Hervorragend schildert die Autorin die facettenreiche Gefühlswelt Irinas, ihre Melancholie und Niedergeschlagenheit, ihre Zerrissenheit und ihren wütenden Trotz. Auch in die zunehmend sarkastische und fatalistische Haltung konnte ich mich nur zu gut hineinversetzen.
    Zu Alexanders Lebensgeschichte, durchgängig in der 3. Person verfasst, konnte ich anfangs wenig Zugang finden, da mir sein Handeln und seine Gefühle fremd und sehr distanziert erschienen. Seine Entwicklung vom jungen hochbegabten Schachspieler zum politischen Dissidenten konnte ich durch seine beschriebene Passivität wenig nachvollziehen. Erst allmählich beginnt sich durch intensivere Einblicke in sein späteres Leben als Schachgenie der UdSSR die schillernde Persönlichkeit Alexanders eindrucksvoll zu entfalten. Die Darstellung der russischen Geschichte, der maroden Gesellschaft und korrupten Politik nach dem kalten Krieg fand ich äußerst gelungen und aufschlussreich, um Alexanders Wandel und sein politisches Engagement gegen die Putin-Ära zu verstehen. Auch wenn das Schachspiel Alexanders Leben geprägt hat und für ihn allgegenwärtig ist, nimmt es im Roman nur eine Nebenrolle ein. So nehmen nur wenige Schachpartien wie beispielsweise Alexanders Niederlage gegen den IBM-Computer, eine historisch verbürgte Partie, größeren Raum ein und werden detaillierter beschrieben.
    Spannend an Alexanders Geschichte ist zudem, dass die Autorin Bezug auf eine reale Person und historische Geschehnisse nimmt, denn der Schachweltmeister Kasparow führte ebenfalls einen völlig aussichtslosen Wahlkampf als Präsidentschaftskandidat gegen Putin.
    Nach dem eher unspektakulären ersten Zusammentreffen von Irina und Alexander, bei dem sie auf die Frage ihres Vaters erwartungsgemäß keine befriedigende Antwort erhält, entsteht zwischen den beiden eine besondere, sehr vertrauensvolle Beziehung. Diese zeigt sich in sehr einfühlsamen, tiefgründigen Gesprächen über ihre Ängste und Geheimnisse, die mir sehr gut gefallen haben. Beiden ist die Aussichtslosigkeit ihres Kampfes klar und dieser vergebliche Kampf macht sie zu Seelenverwandten.
    Leider läuft die verbleibende Handlung nach diesem vermeintlichen Höhepunkt des Aufeinandertreffens einem recht unspektakulären Ende zu. Noch deutlich mehr dieser anregenden, philosophischen Gespräche und Betrachtungen der beiden hätte ich mir gewünscht.
    Insbesondere die prägnante, atmosphärisch dichte Schilderung vom desolaten Zustand Russlands und der Städte hat mich sehr beeindruckt und fängt sehr authentisch die desolate, politische Situation ein. Dies lässt auf umfangreiche Recherchearbeiten der Autorin schließen.
    „Das Leben ist groß“ ist ein berührender Roman, der sich mit existenziellen Themen des Lebens beschäftigt und den Leser nach Ende der Lektüre mit seinen Fragestellungen noch lange zum Nachdenken anregt.
    In diesem anspruchsvollen Roman geht es um die Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit, Verlust und der eigenen Sterblichkeit und zugleich um Selbstfindung und die Suche nach dem Sinn des Lebens. Man nähert sich den Weisheiten des Lebens und findet doch keine klaren Antworten. Einzig die Gewissheit bleibt, dass der Tod für jeden von uns unausweichlich ist.
    Mit einer ungewöhnlich wortgewaltigen, bildreichen Sprache und einem außergewöhnlichen erzählerischen und kompositorischen Geschick ist der jungen Autorin ein wirklich beeindruckendes Debüt gelungen. Es konnte mich in jeder Hinsicht überzeugen und lässt mich auf weitere Werke aus der Feder dieses jungen vielversprechenden Talents hoffen.


    FAZIT
    Dieses außerordentlich faszinierende Debüt hat mich begeistert und sehr bewegt!
    Ein tiefgründiger und atmosphärisch dichter Roman, der erzählerisch ein Meisterwerk ist!
    Eine echte literarische Entdeckung!


    5ratten

    „Ein Bräutigam fürs Leben" von Marchesa Colombi


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    Bereits im Jahre 1885 schrieb die Italienerin Marchesa Colombi den Roman „Ein Bräutigam fürs Leben“, der nun beim Verlag edition fünf in neuer Übersetzung erschienen ist.


    INHALT
    Die hübsche, junge Denza wünscht sich nicht sehnlicher, als endlich dem todlangweiligen, ereignislosen Alltag in ihrem kleinbürgerlichen Elternhaus durch eine Heirat zu entkommen. Einen anderen Ausweg gab es zu jener Zeit im 19. Jahrhundert für junge Mädchen nicht. Schon bald verliebt sich Denza unsterblich in einen Verehrer, den sie zunächst noch gar nicht persönlich kennt. Sie träumt von einem besseren Leben an der Seite ihres künftigen Ehemanns und weiß bereits vor dem ersten Treffen mit ihrem wohlhabenden Traummann, dass es die große Liebe ist. Doch ihre Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, denn voller Ungeduld muss sie schon viel zu lange auf den längst überfälligen Heiratsantrag warten . . .


    MEINE MEINUNG
    Anhand von Denza, einer jungen Frau aus kleinbürgerlichem Hause, portraitiert die Autorin exemplarisch ein Frauenleben Mitte des 19. Jahrhunderts in der italienischen Provinz Piemonts.
    Der Roman beginnt mit dem viel sagenden Satz der Protagonistin Denza: „Eine eintönigere, ödere und freudlosere Jugend als meine kann man sich eigentlich kaum vorstellen.“
    Sehr einfühlsam und eindringlich gelingt es der Autorin, uns die pragmatische Betrachtungsweise und nüchterne Gedankenwelt sowie den freudlosen Alltag der Hauptfigur nahe zu bringen. So hatte ich schon bald eine Vorstellung von den Lebensbedingungen der damaligen Zeit, der Protagonistin und ihrer Familie vor Augen. Vor allem erstaunlich ist es, wie rasch mich der Roman in seinen Bann ziehen konnte. Auch wenn die geschilderten Lebensverhältnisse doch kaum noch mit unserem heutigen Leben vergleichbar sind und einem sehr fremd erscheinen, üben sie eine ungeheure Faszination auf den Leser aus.
    Im Mittelpunkt all ihres Denkens steht für Denza das Thema Heirat, denn zur damaligen Zeit gab es keine andere Möglichkeit, ihrer ausweglosen Situation zu entkommen. So ist es auch kein Wunder, dass sie sich immer häufiger aus dem ereignislosen Alltag wegträumt und sich einen Märchenprinzen herbeiwünscht, der sie rettet.
    Sehr amüsant ist es zu lesen, dass Denza sich voller Inbrunst in einen heimlichen Verehrer verliebt hat, der zwar aus wohlhabenden Elternhaus stammt, doch sich bei genauerem Hinschauen als eher monströs und recht charakterschwach erweist. Die Autorin schildert sehr fesselnd und gekonnt, auf welch harte Geduldsprobe Denza gestellt wird, bis hin zu der bitteren und schockierenden Erkenntnis, dass sie sich hoffnungslos in ihre Traumwelt verrannt hat.
    Sehr gut gefallen hat mir die sehr feinsinnige Ironie der Autorin, die trotz des eher nüchternen Schreibstils zwischen den Zeilen zu lesen ist.
    Hervorzuheben ist die sehr gelungene Neuübersetzung des Romans, die sich sprachlich angenehm und flüssig lesen lässt, und in der Ausdrucksweise genau den richtigen Ton trifft.
    Sehr lesenswert ist auch die dem Roman vorangestellte Einführung der italienischen Autorin Natalia Ginzburg, die dieses faszinierende literarische Kleinod von 1885 Mitte der 1970er entdeckte und es erneut veröffentlichen ließ. Hierin erläutert sie uns ausführlich, welchen ungeheuren Einfluss dieses Büchlein auf sie und ihre späteren schriftstellerischen Werke hatte.
    Durch das insgesamt eher schlichte Design wirkt das Buch sehr edel und kann in seiner hohen Qualität mit seinem roten Leineneinband mit Prägung, passendem Lesebändchen und einer Geschenkbanderole überzeugen.


    FAZIT
    Ein aufgrund seiner thematischen Zeitlosigkeit interessanter, sehr lesenswerter Roman!
    Durch seine hochwertige Gestaltung auch hervorragend als Geschenk eignet!


    4ratten

    Oberland von Tanja Weber


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    Nach „Sommersaat“ ist „Oberland“ nun der zweite Kriminalroman der Autorin Tanja Weber.


    INHALT
    Der Postbote Johannes Stifter, der schon im 1. Band Hauptfigur war, hat sich nach den Ereignissen im kleinen Dorf Germerow in Brandenburg nach Oberbayern versetzten lassen.
    Nun lebt er in Lohdorf, einer gemütlichen oberbayerischen Kleinstadt in der Nähe von München mit vielen wohlhabenden Rentnern und Pensionären, die dort ihrem wohlverdienten Lebensabend entgegensehen. Stifter hat sich gut eingelebt in seiner Wahlheimat. Er genießt die Beschaulichkeit des bayerischen Landlebens und der Natur, nimmt am Familienleben seiner netten Vermieter teil und entspannt sich abends bei Bier und Jazzmusik.
    Doch allmählich beginnt er bei seinen Touren aufmerksamer hinter die idyllischen Fassaden zu blicken, entdeckt Armut und Verfall und merkt immer deutlicher, dass viele Bewohner Lohdorfs etwas zu verbergen haben. Vor allem bei seiner Begegnung mit der feindseligen alten Adligen Gudrun von Rechlin und ihrer hilflosen, alkohol- und tablettensüchtigen Tochter Annette wird er unfreiwillig mit deren erschreckenden und deprimierenden Einzelschicksalen konfrontiert. Verdächtige Vorgänge und merkwürdige Beobachtungen rund um die Villa der von Rechlins häufen sich und erwecken Stifters Interesse. Was versucht Gudrun Rechlin vor den Augen aller nur so vehement zu verbergen?
    Ohne es zu wollen gerät Stifter immer tiefer in einen Strudel aus finanziellem Ruin, Verzweiflung, ungeahntem Hass und abstoßender Habgier und kommt schließlich einem unglaublichen Verbrechen auf die Spur.


    MEINE MEINUNG
    Sehr stimmungsvoll und unaufgeregt entwickelt sich die vielschichtige Kriminalgeschichte, die aus verschiedensten Perspektiven erzählt wird und erst langsam an Kontur gewinnt. Durch die verschiedenen Erzählperspektiven lernt der Leser die Motive und Hintergründe der jeweils handelnden Personen kennen und kann sich damit auseinandersetzten. Allmählich und mit unglaublichem Fingerspitzengefühl fügt die Autorin die unterschiedlichen Handlungsstränge mit seinen verschiedenen Charakteren zu einem Gesamtbild zusammen. Ein schockierendes und deprimierendes Gesamtbild, denn „Oberland“ ist kein unterhaltsamer amüsanter Regional-Krimi, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.
    Die globalen Finanzkrise, ihre menschlichen Opfer und deren Verzweiflungstaten – die in diesem packenden Kriminalroman angesprochene Thematik stimmt den Leser sehr nachdenklich. Mutig beschreibt die Autorin Gewaltexzesse ihrer Protagonisten und führt uns eine schockierende Verrohung einer Generation vor Augen, die eigentlich andere Werte vermittelt bekommen hat, nun aber nichts mehr zu verlieren hat. Die unfassbaren Abgründe der menschlichen Existenz, die sich vor dem bayerischen Idyll auftun, machen uns in ihrer Intensität und ihrem Ausmaß sehr betroffen.
    Doch neben diesen Schattenseiten gibt es in diesem Kriminalroman auch besondere Highlights.
    Immer wieder blitzen sehr humorvolle Episoden auf, die die an sich sehr tragische Stimmung auflockern.
    Insbesondere die einfühlsame, detaillierte Figurenzeichnung der so unterschiedlichen Charaktere bis hin zu den Nebenfiguren ist hervorragend gelungen. So sind auch die Senioren in ihrer Verzweiflung und Ohnmacht sehr lebendig und authentisch beschrieben, und ich konnte mich bei einigen gut in ihre Emotionen hineinversetzen.
    Meine Lieblingsfiguren waren neben dem Postboten Stifter der sensible bayerische Ex-Kommissar Thalmeier und die weltoffene Bauernhof-Familie Lanz mit dem pubertierenden Sohnemann.
    Herausragend ist der sympathische Protagonist Stifter gezeichnet, der mir als absolut liebenswerter Charakter sehr rasch ans Herz gewachsen ist. Er bekommt als offener und aufmerksamer Beobachter auf seiner Tour alles mit und interessiert sich für seine Mitmenschen und seine Umwelt in einer unaufdringlichen Art. Er schaut eben nicht weg wie die meisten im Ort, sondern macht sich viele Gedanken und bringt sich ein. Passend zu seinem Naturell stellt er auch keine eigentlichen Ermittlungen an, wie uns der Buch-Untertitel das suggerieren möchte.
    Trotz der Schwere der Thematik lässt sich die Geschichte leicht und angenehm lesen. Der Autorin ist es durch den Wechsel der Erzählperspektiven hervorragend gelungen, mich zu fesseln und in den Strudel der Geschehnisse hineinzuziehen, so dass ich das Buch gar nicht mehr weglegen mochte und dem Ausgang gespannt entgegenfieberte.
    Ich würde mich über ein baldiges Wiedersehen mit Postbote Stifter und seinem Freund Thalmeier vielleicht dann als Ermittlerduo freuen.


    FAZIT
    Spannungsreich, aufwühlend und berührend! Ein Regionalkrimi der etwas anderen Art – sehr lesenswert wie ich finde!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    "Ganz neu anfangen, alles hinter sich lassen, in eine andere Haut schlüpfen … Was für manche ein verlockendes Gedankenspiel ist, wird für die 16-jährige Maja tödlicher Ernst. "


    MEINE MEINUNG
    Mit "Und keiner wird dich kennen" ist der Autorin Katja Brandis ein unglaublich packender Jugend-Thriller gelungen, den man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann.
    Hierin bringt sie uns sehr gekonnt die beklemmende Thematik Stalking in einer äußerst extremen Form nahe.
    In der Geschichte voller Dramatik geht es um die 16jährige Maja und ihre Familie, die von heute auf morgen eine neue Identität annehmen und fliehen müssen.
    Sehr eindringlich führt uns die Autorin vor Augen, was es im Einzelnen bedeutet, wenn eine ganze Familie Opfer eines gewalttätigen Stalkers und rechtskräftig verurteilten Täters wird. Die Angst davor haben muss, dass er nach der Haftentlassung seinen Psychoterror fortsetzt und die körperlichen Gewaltandrohungen wahr macht.
    Stückchenweise erfahren wir, wie schlimm es für die Familie ist, wieder mit den brutalen Erlebnissen und Ängsten ihren Vergangenheit konfrontiert zu werden, nachdem es ihnen gerade gelungen war, all dies ein wenig hinter sich und Normalität einkehren zu lassen. So werden die Wut, Angst, Hilflosigkeit, innere Zerrissenheit und Verzweiflung der Opfer auch für den Leser unmittelbar spürbar. Sehr gut herausgearbeitet hat die Autorin auch all die negativen Konsequenzen, die ein Opferschutzprogramm mit sich bringt.
    Die sympathische Protagonistin Maja ist sehr authentisch und vielschichtig charakterisiert. Aus ihrer Perspektive erlebt man hautnah mit, wie furchtbar es ist, wirklich alles zurücklassen zu müssen, um irgendwo bei Null anzufangen. Wir erhalten tiefe Einblicke in die Psyche der Opfer und begreifen, dass auch das Leben mit neuer Identität und anderem trotz Umzugs stets eine Belastungsprobe bleibt und einen hohen Preis hat. Überall lauern Gefahren für sie und ihre Familie, permanentes Lügen und die Angst vor Entdeckung sind ein ständiger Begleiter! Nur zu gut kann man sich in Majas verzweifelte Lage hineinversetzen, und versteht, warum sie sich letztlich über das Kontaktverbot zu ihrem Freund Lorenzo hinwegsetzt und damit alles aufs Spiel setzt.
    Sehr überzeugend und authentisch sind ebenfalls die übrigen Charaktere gezeichnet, seien es Elias, der jüngere und so beeindruckend tapfere Bruder von Maja, ihr Freund Lorenzo, der hartnäckig für seine Liebe kämpft, oder die flippige neue Freundin Stella, die selbst ein großes Geheimnis verbirgt und Maja stets zur Seite steht.
    Hervorragend gelungen ist auch die kenntnisreiche Charakterisierung des Antagonisten Robert Barsch als gefährlicher Stalker und Psychopath. So konnten wir seine komplizierte, gespaltene Persönlichkeit und Gedankenwelt aus der Täter-Perspektive hautnah miterleben. Seine Gewaltfantasien, die mir manchmal richtig Gänsehaut bereitet haben, steigern die Spannung immens und lassen beim Lesen unheilvolle Vorahnungen hochkommen.
    Sehr schön wurde von der Autorin herausgearbeitet, dass er eben nicht durchgängig ein Monster ist, sondern auch seine liebenswerten, netten Seiten hat, mit denen er immer wieder Leute für sich gewinnen und manipulieren kann.
    Durch den ständigen Wechsel der verschiedenen Erzählperspektiven von Opfer und Täter baut sich ein enormer Spannungsbogen auf, der schließlich in einem fesselnden Showdown gipfelt.
    Positiv hervorzuheben ist schließlich auch Katja Brandis flüssiger, jugendlicher Schreibstil, der sehr angenehm zu lesen ist.


    FAZIT
    Ein sehr packender Jugendthriller zum Thema Stalking, der durch seine detaillierte Schilderung der Täter- und Opferperspektive besticht.
    Nicht nur für Jugendliche sehr lesenswert!


    4ratten

    INHALT
    Schon als 12-jähriger Junge ist Jonah Lightbody klar, dass er später einmal Börsenmakler werden möchte. Aber nicht so wie sein Vater, der mehr auf Sicherheit und Seriosität bedacht ist. Er will sich auf dem Börsenparkett einen Namen machen, ein luxuriöses Leben führen, Geld und Macht haben, wie sein großes Vorbild „Der Baron“, den er in der Bank seines Vaters kennengelernt hat.
    Mit der heimlichen Unterstützung seines Mentors „Der Baron“ gelingt Jonah tatsächlich das Undenkbare. Als jüngster Börsenmakler im Team des Barons scheint Jonah es einige Jahre später wirklich geschafft zu haben, er arbeitet bei der Bank seines Vaters, und ihm liegt fast die Welt zu Füßen. Zu spät erkennt er, dass er als Spielball einer weltweiten Verschwörung mächtiger, skrupelloser Leute dazu benutzt wird, seinem Vater gigantische Verluste eines geplatzten Börsencoups anzuhängen. Bei dieser vom Baron initiierten, schmutzigen Intrige wird Jonahs Vater zum Bauernopfer gemacht und kurzerhand entlassen. Nachdem es ihm gelungen ist, Jonah von seiner Unschuld zu überzeugen, ist dieser bereit, seinem Vater bei der Suche nach Beweismitteln zu helfen und die Verschwörung, die für den weltweiten Finanzkollaps verantwortlich ist, aufzudecken. Damit geraten sie ins Visier mächtiger Feinde und eine erbarmungslose Jagd auf Leben und Tod beginnt.


    MEINE MEINUNG
    Inspiriert von den Ursachen und Folgen der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 hat der Autor Nic Bennett seinen Jugendthriller „Dead cat bounce“ geschrieben, in dem er die unglaublichen Vorgänge um dieses Ereignis in eine packende fiktive Story eingearbeitet hat.
    Ein mutiges, gewagtes Ziel, das er sich für sein Debüt gesteckt hat, denn die Themen Börse und Finanzgeschäfte finden die meisten Leute eher abschreckend und langweilig.
    Nach einem sehr spannenden Prolog, der uns einen Ausblick auf zukünftige Ereignisse zeigt, folgt eine sehr verhaltene Fortführung der Handlung und eine Einführung der Charaktere. Da Bennett selber als Börsenmakler gearbeitet hat und auf eigene Erfahrungen in diesem Bereich zurückgreifen kann, führt uns der Autor recht ausführlich in die Welt der Börse und der Finanzen ein. Für die wenig Interessierten liefert er hier viel zu umfangreiche Informationen, die andererseits für die wirklich an Hintergrundwissen Interessierten leider zu oberflächlich bleiben. Dieser lange Einführungsteil hätte deutlich gestrafft werden können, auch wenn er dazu dient, dem Leser das besondere Milieu vor Augen zu führen.
    Dann aber entwickelt sich nach und nach eine unglaublich temporeiche und Action-geladene Handlung, die uns Leser und die Hauptfiguren nicht mehr zum Atemholen kommen lässt und uns für den etwas zähen Einstieg mehr als entschädigt. Bennett erzeugt durch die permanente Angst der Protagonisten vor Entdeckung, Fluchtszenen und Schauplatzwechsel eine unglaublich hohe Spannung, die durch manch unvorhergesehene Wendung noch gesteigert wird.
    Bennett schildert die meisten seiner Charaktere zwar lebendig, doch erscheinen sie etwas flach und oberflächlich. Vor allem der Baron und seine Mitarbeiter sind faszinierende Charaktere, die er aber leider ziemlich stereotyp und nicht sehr detailreich ausgearbeitet hat. So bleiben leider viele Hintergründe im Dunkeln verborgen.
    Selbst sein Protagonist Jonah ist in vielen Dingen zu überzeichnet. Insbesondere seine anfängliche Rolle als 12jähriger Überflieger und Alleskönner ist derart unrealistisch, dass er mich als Figur nicht gefangen nehmen konnte. Erst nachdem er sich mit der Vergangenheit seines Vaters auseinandergesetzt und zu ihm ein engeres Verhältnis aufgebaut hat, setzt bei ihm auch eine charakterliche Entwicklung ein, die ihn sympathisch werden lässt.
    Jonahs Vater David ist als interessanter, vielschichtiger Charakter angelegt, in den man sich besser hineinversetzen kann. Wir erfahren viel über seine traurige Vergangenheit, die Hintergründe für sein schlechtes Verhältnis zu seinem Sohn und den schwelenden Konflikt zwischen ihm und dem Baron. Nachvollziehbar geschildert wurde, dass es dem Vater trotz langjähriger Entfremdung schließlich durch seine Offenheit gelingt, seinen Sohn aus dem Bannkreis des übermächtigen, charismatischen Barons zu holen und ihn auf seine Seite zu ziehen.
    Insgesamt wirken einige Aspekte der Handlung schon etwas weit hergeholt, erscheinen übertrieben und teilweise auch unrealistisch. Eine Überspitzung, die sicher dem Genre Thriller geschuldet ist und hilft, die Spannung zu erhöhen.
    Nach einem fesselnden Showdown endet der Thriller ziemlich abrupt mit einem fiesen Cliffhanger. Um zu erfahren, wie es mit Jonah und seinem Kampf gegen die mächtigen, korrupten Gegenspieler weitergeht, muss man sich leider noch etwas gedulden.
    So bleibt zu hoffen, dass Nic Bennett sich mit dem zweiten Band „Black Swan Dive“ beeilt und wir auf die Fortsetzung des spannenden Thrillers nicht allzu lange warten müssen.


    FAZIT
    Trotz einiger Anlaufschwierigkeiten und Schwächen ein unglaublich packender Jugendthriller rund um die schillernde Welt der Börsen und Finanzspekulationen!


    4ratten

    Meine Meinung
    In ihrem wundervollen Jugendroman „In dieser ganz besonderen Nacht“ nimmt uns Nicole C. Vosseler mit auf eine äußerst faszinierende Reise nach San Francisco, wo wir gemeinsam mit der Protagonistin Amber eine sehr geheimnisvolle, übersinnliche Welt kennenlernen.
    Die Autorin erzählt uns die bewegende, romantische Liebesgeschichte zwischen Amber und Nathaniel, die es nicht geben dürfte und die eigentlich keine Zukunft haben kann. Sie handelt von einer außergewöhnlichen Liebe jenseits von Leben und Tod, die jegliche Naturgesetze gesprengt und „in einer ganz besonderen Nacht“ Unmögliches möglich und real gemacht hat.
    Hierbei ist es der Autorin auf sehr elegante Weise gelungen, die paranormalen Elemente der Geschichte sehr wirklich und realitätsnah erscheinen zu lassen, so dass man nie das Gefühl bekommt, in eine irreale Fantasy-Welt abzudriften. Sehr behutsam werden wir gemeinsam mit der zunächst ahnungslosen Amber an diese übersinnliche Welt jenseits des normalen Alltags herangeführt. Die geschilderten, geisterhaften Phänomene erscheinen einem durch die vielen nachvollziehbaren Erklärungen geradezu plausibel und keineswegs beängstigend oder gar unnormal.
    In der vielschichtigen, oft melancholisch gestimmten Handlung werden aber auch sehr emotionale Aspekte angesprochen, die zum Nachdenken anregen über das Leben und den Tod, über Verlust, Trauer und Geisterglauben.
    Die sympathische Protagonistin Amber ist ein sehr vielschichtiger, sensibler Charakter mit einigen Ecken und Kanten, der herrlich lebensnah und mit viel Feingespür ausgearbeitet wurde. Nach dem tragischen Tod ihrer Mutter hat sie ein schweres Los zu tragen, muss sich in einer völlig fremden Umgebung einleben und neue Kontakte knüpfen. Es fällt einem nicht schwer, sich in ihre schwierige Lage hinein zu versetzen, und sie rasch ins Herz zu schließen.
    Sehr einfühlsam und berührend schildert die Autorin ihre anfängliche Verletzlichkeit und ihren völligen Rückzug in sich selbst, in dem sie uns an ihren Emotionen und ihrer weiteren Entwicklung teilhaben lässt. Erst allmählich lernt Amber mit ihrer Trauer und ihrer besonderen „Gabe“ umzugehen und ist schließlich auch wieder in der Lage, auf Menschen zuzugehen, Vertrauen aufzubauen und Freundschaften zu schließen.
    Aus einer weiteren, kursiv hervorgehobenen Erzählperspektive lernen wir die sehr fesselnde, mysteriöse Figur Nathaniel über seine Gedankenwelt kennen. Erst allmählich gewinnt seine schillernde Persönlichkeit an Kontur, bis irgendwann sein „geisterhaftes“ Wesen deutlich wird. Ungeheuer spannend ist es, mehr über sein Schicksal als ein Gefangener zwischen dem Diesseits und Jenseits und seine Vergangenheit zu erfahren.
    Auch die vielen interessanten Nebenfiguren, wie beispielsweise ihr sympathischer Vater Ted, aber auch ihr neu gewonnener, etwas flippiger Freundeskreis sind sehr authentisch, mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und haben mir sehr gut gefallen. Zum Ende hin ist man traurig sie alle gehen lassen zu müssen und wünscht ihnen von Herzen, dass sie glücklich werden!
    Der recht anspruchsvolle Schreibstil der Autorin gefällt mir außergewöhnlich gut und ist sehr angenehm zu lesen. Sehr fesselnd fand ich die sehr ausführlichen, detailreichen, bildhaften Beschreibungen, die mir in unnachahmlicher Weise die faszinierende Atmosphäre von San Francisco nahe brachten. Sehr behutsam konnte ich gemeinsam mit Amber dort ankommen und die vielfältigen Eindrücke dieser eindrucksvollen Stadt auf mich wirken lassen. Erst allmählich nimmt die Geschichte um Amber und Nathaniel an Tempo auf und wird kontinuierlich spannender. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen in der Handlung konnte mich das gelungene Ende des Romans nochmals überraschen und zufriedenstellen.
    Schweren Herzens heißt es für den Leser nun Abschied nehmen von wundervollen, liebgewonnenen Charakteren und der aufregenden „Geisterstadt“ San Francisco, die sicherlich mit all ihren Attraktionen immer einen Besuch wert ist.


    FAZIT
    Ein berührender Jugendroman mit Tiefgang und einer fantasievollen, romantischen Liebesgeschichte, der mich durch eine außergewöhnlich dichte Atmosphäre gefesselt und vollauf begeistert hat.
    Sehr lesenswert!

    INHALT
    Nach dem Simulationsangriff der Ken auf die Altruan-Fraktion vor wenigen Tagen ist Tris und Tobias mit einigen Überlebenden die Flucht zum Amite-Hauptquartier gelungen, zu denen sich weitere Flüchtlinge aus anderen Fraktionen retten konnten. Doch auch dort sind sie nicht lange vor den Ken und abtrünnigen Ferox sicher und müssen erneut flüchten.
    Der Krieg zwischen den Fraktionen und der Zusammenbruch des Fraktionssystems lässt sie nicht mehr zur Ruhe kommen. Um eine Katastrophe zu verhindern, müssen sie sich Verbündete suchen und sich den Ken und ihren perfiden Zielen mit allen Mitteln entgegenstellen.


    MEINE MEINUNG
    Ohne eine Zusammenfassung der vorherigen Ereignisse wird der Leser einfach in die fiktive Welt des sehnlichst erwarteten zweiten Teils hinein katapultiert. Bei dem nahtlosen Übergang hat man gleich das Gefühl, als hätte man gar nicht aufgehört zu lesen.
    Deshalb mein Tipp für alle, bei denen der Vorgängerband schon nicht mehr ganz so präsent ist: Vielleicht sollte man einfach vor Lesebeginn einige Erinnerungen an Handlung und Protagonisten auffrischen, damit einem der Einstieg etwas leichter fällt.
    Doch schon nach kurzer Zeit werden einem die Zusammenhänge wieder klar und man kann in die atemberaubend fesselnde Geschichte eintauchen.
    Schon im ersten Teil fand ich die Grundidee der Autorin mit den verschiedenen Fraktionen in einer dystopischen Welt sehr interessant und überzeugend dargestellt. Während wir dort vor allem die Ferox ausführlich kennenlernen konnten, bekommen wir nun durch die ständigen Schauplatzwechsel die Gelegenheit auch die Hauptquartiere anderer Fraktionen, deren Wesenszüge und Besonderheiten hautnah zu erleben. Die im 1. Band noch unterschwellig spürbaren Differenzen und Animositäten zwischen den einzelnen Fraktionen treten nun als offener Konflikt zutage, wodurch das Fraktionssystem völlig auseinander zu fallen scheint. Jede Fraktion und sogar jeder einzelne Fraktionsangehörige hat in diesem Krieg nun Stellung zu beziehen. Mit den Fraktionslosen kommt eine weitere unwägbare Komponente ins Spiel. Auch unsere beiden Protagonisten Tris und Tobias alias Four müssen sich entscheiden, auf welcher Seite sie kämpfen wollen. Nun gilt es Verbündete zu suchen und neue Allianzen zu schmieden, um gegen die aggressiven Angriffe der Ken vorzugehen und die Hintergründe für deren Vorgehen zu verstehen.
    Das Erzähltempo ist extrem hoch und die sehr fesselnd geschilderten Ereignisse überschlagen sich häufig. Insgesamt ist die Handlung geprägt von vielen Schauplatzwechseln und teilweise recht brutalen Kämpfen mit vielen Toten. Auch bei einigen uns bekannten Figuren und deren Verhalten müssen wir uns auf Überraschungen gefasst machen. Die Autorin hält in diesem undurchsichtigen Konflikt so manche unvorhersehbare Wendung bereit. Es wird immer schwieriger zu entscheiden, wem noch zu vertrauen ist.
    Die Ereignisse werden aus der Sicht von Tris aus der Ich-Perspektive beschrieben.
    Tris befindet sich in einer emotionalen Krise, hat sehr mit dem Tod ihrer Eltern und ihrer Schuld an Wills Tod zu kämpfen. In sehr eindringlicher Weise nimmt man an ihren Gefühlen und Zweifeln Anteil und leidet mit ihr. In ihrem labilen Zustand trifft sie immer häufiger irrationale Entscheidungen, geht unnötige Risiken ein und bringt sich in Lebensgefahr.
    Hervorragend gelungen ist der Autorin auch in diesem Band die Charakterisierung ihrer anderen Figuren, die sehr wirklichkeitsnah und vielschichtig wirken. Auch ihre innerlichen Veränderungen kann sie nachvollziehbar vermitteln.
    Diese Weiterentwicklung wird insbesondere bei Tobias deutlich, der mir leider im zweiten Teil des Buchs etwas zu kurz kam. Er legt seine Unnahbarkeit immer mehr ab, lässt uns an seinen Gefühlen und Ängsten teilhaben
    Gerade bei den intimen Szenen zwischen Tris und Tobias gelingt es der Autorin sehr einfühlsam und authentisch das Besondere ihrer Beziehung einzufangen. Leider sind diese Momente nur sehr selten zu finden, denn die beiden streiten häufig, haben große Probleme einander zu vertrauen und eine große Kluft scheint sie zu trennen. Ein geschickt eingesetztes Stilmittel um durch den Konflikt zwischen den Protagonisten zusätzlich Spannung aufzubauen.
    Eine riesige Überraschung hält uns die Autorin für den Schluss dieses Bandes bereit, denn was wir dort erfahren, lässt uns ähnlich wie alle Protagonisten ziemlich verwirrt und ratlos zurück.
    Mit diesem gemeinen Cliffhanger kann ich das Erscheinen des nächsten Bandes kaum erwarten und fiebere dem großen Finale schon entgegen. Ich bin sehr gespannt darauf, was sie sich hierzu einfallen lässt.


    FAZIT
    Für alle Fans von Dystopien ist die Trilogie „Die Bestimmung“ ein absolutes Muss.
    Mit einem rasanten Erzähltempo, unerwarteten Wendungen und tollen lebendigen Protagonisten kann auch der zweite Band “Tödliche Wahrheit” seine Leser begeistern und hervorragend unterhalten.


    4ratten

    Rockaholic von C. J. Scuse


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    „Rockaholic" ist der 2. Roman der britischen Autorin C. J. Scuse.


    INHALT
    Die quirlige 16jährige Jody, hat erst vor kurzem ihren über allen geliebten Großvater verloren und trauert ihm sehr nach. Welch ein Lichtblick für sie, dass ihre amerikanische Lieblingsrockband „The Regulators" ein Konzert in ihrer Stadt gibt. Für Jody ist natürlich klar, dass sie da hingehen muss, denn sie steht total auf den Leadsänger der Rockband, ihren Jackson, den tollsten aller Sänger, ihren angehimmelten Superstar. Doch Jody ist leider bei weitem nicht die Einzige in der gigantischen Menge von Fans, die möglichst nah an der Bühne sein möchte. In dem höllischen Gedränge kann sie sich plötzlich nicht mehr auf den Beinen halten und stürzt zu Boden. Statt vorne ihrem Idol zuzujubeln, findet sie sich Backstage in der Krankenstation auf einer Liege wieder – mit einer gigantischen Beule am Kopf. Blöder kann es eigentlich kaum noch laufen. Kaum zu glauben, dass auf einmal ihr angebeteter Rockstar vor ihr steht! Doch von nun an nimmt eine ziemlich groteske Geschichte ihren Lauf und so manches läuft ganz anders als gedacht…


    MEINE MEINUNG
    Das hört sich doch sehr nach einer netten, aber unrealistischen Liebesgeschichte an nach dem altbewährten Schema „Junges naives Mädchen trifft supertollen berühmten Rockstar und beide verlieben sich unsterblich ineinander – späteres Happy End garantiert“. Doch weit gefehlt – in diesem Jugendbuch entwickelt sich alles anders als zunächst gedacht.
    Die etwas überdrehte, quirlige Protagonistin Jody ist unheimlich sympathisch und liebenswert gezeichnet, obwohl sie im Grunde genommen ein total verrückter Freak ist. Dies zeigt sich zum Beispiel in ihrer Besessenheit von der Rockband The Regulators und insbesondere von ihrem Schwarm, dem Leadsänger Jackson Gatlin. Es ist nicht verwunderlich, dass sie sich in eine völlig skurrile Situation bringt und sich mit ihm in einer Garage wiederfindet! Sehr schön ist es aber auch zu erleben, wie Jody während der Geschichte an sich wächst und reifer wird.
    Hervorragend ist auch der Charakter der Rockstars Jackson herausgearbeitet, der uns die Höhen und Tiefen des Musik-Business sehr authentisch vor Augen führt. An seiner Figur zeigt uns die Autorin sehr drastisch und schonungslos auch die negativen Seiten und Auswüchse des Star-Seins auf. Bei ihren Schilderungen gelingt ihr eine wirklich spannende Gratwanderung: Hinter der Fassade des angehimmelten Idols sehen wir einen echten Unsympathen, der aber auch seine menschlichen, verletzlichen Momente zu haben scheint.
    Als versöhnlichen Gegenpart können wir uns noch auf Jodys besten Freund Mac freuen, ein absolut interessanter und schillernder Charakter, der mir sehr gut gefallen hat.
    Eine nette Nebenrolle hat dann noch seine niedliche kleine Schwester Cree inne, zu der ich aber nicht mehr verraten möchte.
    Die Entführung des Rockstars als Ausgangssituation der Geschichte ist auf den ersten Blick zwar skurril und völlig unrealistisch, doch schafft es die Autorin, ihrer Erzählung eine sehr interessante Wendung zu geben und in einem sehr passenden Ton auch ernstere Themen anzusprechen. So kommt schließlich trotz vieler Episoden zum Schmunzeln eine fesselnde und ebenfalls tiefsinnige Geschichte zum Vorschein mit vielen schönen, berührenden Momenten.
    Der jugendliche Schreibstil der Autorin ist sehr lebendig, frech und sehr humorvoll. Sofort wird man derart in die Handlung hineingezogen, dass man das Buch gar nicht mehr weglegen möchte.
    Scuse versteht es hervorragend, eine bestimmte Atmosphäre einzufangen und lebendig zu beschreiben, so dass man das Gefühl hat, selbst mitten im Geschehen zu sein. So hat mir beispielsweise der Beschreibung der ganzen Atmosphäre beim Rockkonzert sehr gut gefallen, treffender geht es einfach nicht.


    FAZIT
    „Rockaholic" ist eine total witzige und ziemlich quirlige Story, die aber auch ernsthafte Töne anschlägt!
    Ein absolut lesenswerter Roman, der uns zeigt, dass letztlich nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint!


    4ratten

    Jenseits der Dunkeltwelt von A. Christine Schyboll


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    „Jenseits der Dunkeltwelt" ist der Debütroman von A. Christine Schyboll und im fhl-Verlag Leipzig erschienen.
    INHALT
    Karl Sandhauser, glücklich verheirateter, dreifacher Familienvater und Systemadministrator bei einer Bank steckt in einer tiefen Midlife-Crisis. Statt beständig seiner Versorgerrolle und seinen familiären Verpflichtungen nachkommen zu müssen, träumt er von einem Leben in völliger Freiheit und wünscht sich sehnlichst auszubrechen, um seine wirklichen Talente ausleben zu können. Seine wahre Bestimmung sieht er als international gefeierter Schriftsteller. Er fokussiert sich immer mehr auf die Idee, dass nur im Gefängnis eine 5jährige Auszeit zum sorgenfreien ungestörten Schreiben seines Romans möglich ist. Doch sein genial geplantes Verbrechen scheitert: Er landet schließlich in der Psychiatrie, beginnt dort zu Schreiben und wird jedoch durch Einschreiten seiner Frau wieder entlassen. Um endlich seinen Traum nach innerer Freiheit verwirklichen zu können und seiner schicksalhaften Berufung näher zu kommen, begeht er eine weitere Straftat. Ihm gelingt die bis ins kleinste Detail durchgeplante Entführung der bekannten Rocksängerin Lisanna. Während ihrer Flucht in die Pyrenäen wendet sich plötzlich das Blatt und Karl wird schließlich das Entführungsopfer. Doch am Ende ihrer Reise gelangen beide nach einer kurzen Begegnung mit einem mysteriösen Fremden zu einer letztlich wichtigen Erkenntnis.


    MEINE MEINUNG
    Auf der Buchrückseite wurde bereits die gesamte Handlung des Romans zusammengefasst und sogar das Ende vorweggenommen – eine recht skurrile vielschichtige Geschichte, die immer wieder ungewöhnliche Wendungen für den Leser bereithält, mit Elementen eines Kriminalromans und Roadmovies und darüber hinaus angereichert mit humorvollen und teilweise satirischen Formulierungen.
    Mit dem vorangestellten bekannten Orakelspruch von Delphi „Erkenne dich selbst“ beginnt der in drei Teile untergliederte Roman und verweist damit schon ein wenig auf die eigentliche Intention der Autorin: Durch philosophische Betrachtungen soll der Leser zum Nachdenken über das eigene Leben angeregt werden.
    Der Schreibstil der Autorin ist außergewöhnlich, eloquent und abwechslungsreich, sehr humorvoll und angereichert mit sehr gelungenen Formulierungen, die man erst auf sich wirken lassen muss. Anfangs empfand ich ihn als etwas gewöhnungsbedürftig, konnte mich dann aber recht schnell mit ihm anfreunden. Dies ist kein Buch, das man mal schnell nebenher lesen kann.
    Die Einführung von Karl, die Darstellung seiner Bilderbuchfamilie und Familienprobleme hätten meiner Ansicht nach ruhig etwas verkürzt und prägnanter dargelegt werden können. Die vielschichtigen Charaktere sind sehr überspitzt dargestellt, so dass ich ihnen leider nur wenig Sympathien entgegenbringen konnte.
    Dennoch konnte ich die Sinnkrise des Protagonisten Karl gut nachvollziehen und fand die Grundkonstellation der Geschichte äußerst interessant und herausfordernd.
    Zunehmend wird die äußere Handlung nebensächlich und in den Vordergrund rücken die tiefgründigen Überlegungen Karls auf dem Weg zu einer Bewusstseinsänderung. Gemeinsam mit ihm beschäftigen wir uns mit eher philosophischen Themen wie dem Bewusstwerden der eigenen wahren Bestimmung, dem Streben nach tiefer Erkenntnis und einem authentischen und selbstverwirklichten Leben fernab jeglicher gesellschaftlicher Verpflichtungen und Zwänge. Während die Handlung mit der Durchführung von Karls erstem Coup, der Entführung und Flucht rasant an Fahrt aufnimmt und an Spannung gewinnt, wird man als Leser durch diese 2. philosophische Ebene oftmals im Lesefluss regelrecht ausgebremst. Daher hatte ich manchmal zunächst Schwierigkeiten mich gedanklich darauf einzulassen und die Erkenntnisse daraus auf mich wirken zu lassen.
    Am Ende von Karls innerem Wandlungsprozess gelangt er zu seiner ureigenen Erkenntnis - welchen Weg er zukünftig beschreiten wird, bleibt jedoch offen, was ich leider etwas schade fand.
    Der Schluss dieses ungewöhnlichen Romans hat mich sehr nachdenklich mit vielen komplexen Fragen zurückgelassen und offenbart zugleich, was es mit dem Titel „Jenseits der Dunkelwelt“ auf sich hat.
    Sehr geglückt ist übrigens die Auswahl des Covers: Vor einem dämmrig-düsteren Hintergrund hebt sich ein von der untergehenden Sonne angestrahlter Holzzaun ab, der uns wie ein leuchtender Pfad magisch anzieht und weiterzuleiten scheint.


    FAZIT
    Meiner Ansicht nach ist dies ein sehr mutiger Ansatz der Autorin, Lesern in Form eines kriminalistisch angehauchten Romans sehr komplexe philosophische Überlegungen nahezubringen.
    Leser, die sich vorrangig unterhalten lassen möchten und eher geringes Interesse an derartigen Themen haben, werden mit der skurrilen Handlung des Romans recht wenig anfangen können und ihn enttäuscht weglegen.
    Empfehlenswert ist der Roman jedoch für eine aufmerksame Leserschaft, die sich auf die philosophische Thematik des Buches einlassen möchte und offen für neue Denkanstöße ist.


    4ratten

    Gummitwist in Schalke Nord von Elke Schleich


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    INHALT
    Im Mittelpunkt der 18 kleinen Geschichten steht das Mädchen Leni, das mit ihrer Familie in Gelsenkirchen im „Ruhrpott“ der 60er Jahren lebt. Über einen Zeitraum von 12 Jahren dürfen wir an ihrem Leben und ihrem allmählichen Erwachsenwerden teilhaben.
    Die erste Episode beginnt mit dem 6. Geburtstag der kleinen Leni im Kreise ihrer Familie. Sie ist voller Vorfreude und mit der festen Überzeugung aufgestanden, dass endlich ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen wird und sie ein Pony geschenkt bekommt. Doch welch herbe Enttäuschung für Leni, als sich das Geschenk als Plüschpferd entpuppt!
    Ihre Pferdeliebe und der Traum irgendwann einmal ein eigenes Pferd zu besitzen, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch und werden uns bis zum Schluss begleiten.
    In weiteren Geschichten nimmt uns Leni mit zum Grubenpferd Fanni, zum Baden an den Rhein-Herne-Kanal und auf die Reise zu ihren Verwandten in die 'Ostzone'.
    Doch mit zunehmendem Alter wird Lenis Welt merklich komplexer und komplizierter und hält manch eine Enttäuschung für sie parat, die wir hautnah in den Erzählungen über ihre erste Verliebtheit und den ersten Kuss miterleben können.


    MEINE MEINUNG
    Die Autorin Elke Schleich nimmt uns mit auf eine Reise in ihre eigene Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet der spannenden sechziger Jahre. Eine Region in der boomenden Nachkriegszeit, die vor allem vom Bergbau und der Stahlindustrie geprägt wär.
    Für manch einen Leser ist dies sicher auch eine nostalgische Zeitreise in die eigene Vergangenheit. Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit mit einem ganz eigenen Zauber werden wieder lebendig - frei von all der Hetze und den Ablenkungen der heutigen modernen Unterhaltungselektronik.
    Bereits in den kurzen, unglaublich stimmungsvollen Episoden aus Lenis Kindheit ist mir die Ich-Erzählerin ans Herz gewachsen, die größtenteils auch autobiographische Züge trägt.
    Ich konnte ihre kleinen Freuden, ihre Sorgen und Nöte im damaligen Alltag hautnah miterleben und nachempfinden, denn vieles davon habe ich selbst so erlebt. Sehr gut hat mir die schnörkellose und dennoch anschauliche Sprache der Autorin gefallen, die ihren Text mit Humor und Ruhrgebietswitz gewürzt und teilweise auch anrührend persönlich gestaltet hat.
    So ist es ihr gelungen, ein wie ich meine sehr authentisches, lebendiges und zugleich sympathisches Bild der damaligen Zeit im Kohlenpott zu zeichnen.
    Sehr interessante Schwarz-Weiß-Fotografien von verschiedenen Schauplätzen in Gelsenkirchen der sechziger Jahre lockern den liebevoll gestalteten Leseband zusätzlich auf!


    FAZIT
    Dieses großartige Buch ist ein unterhaltsamer Lesespaß für alle, die im Ruhrgebiet jener Zeit aufgewachsen sind und in nostalgischen Erinnerungen schwelgen möchten!
    Es eignet sich aber auch für jüngere Leser, die das Ruhrgebiet und die 60er Jahre nicht aus eigener Erfahrung kennengelernt haben und wissen wollen, wie es damals war.
    Ein wundervolles Geschenk! Sehr empfehlenswert!


    4ratten

    Hero: Impressionen einer Familie von Root Leeb


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    INHALT
    Die Hauptfigur des Romans ist der 70jährige Hero Wieland, Leiter eines Traditionsunternehmens und Familienpatriarch im klassischen Sinne. Als strenges und autoritäres Oberhaupt einer Großfamilie mit fünf erwachsenen Geschwistern, zahlreichen Enkeln und Urenkeln hielt er bisher alle Fäden in der Hand und sorgte für den Zusammenhalt der Vorzeigefamilie. Doch mit Bekanntwerden der fatalen Diagnose Nierenzellkarzinom ist Hero plötzlich gezwungen sich mit seinem Schicksal und möglichen Tod auseinanderzusetzen. Langsam beginnen sich die Machtzentren innerhalb der Familie zu verschieben. Immer deutlicher zeigt sich, dass dies keine gut funktionierende, harmonische Großfamilie ist, die nun geschlossen zusammenrückt und Hero unterstützen wird. Jedes Familienmitglied geht anders mit der neuen Situation und dem todkranken Vater um.
    Zu Beginn der Krankheit zieht Hero sich immer mehr zurück, verdrängt seine ausweglose Situation und weigert sich, klare Verhältnisse zu schaffen. Mit zunehmender Krankheit aber gelingt es ihm schließlich, sich mit dem Sterben auseinander zu setzen und seinem bevorstehenden Tod sehr gelassen ins Auge zu sehen.


    MEINE MEINUNG
    Erzählt wird der Roman hauptsächlich aus der Perspektive des Vaters Hero und seiner wenig beachteten Tochter Nele, der mittleren der 5 Geschwister. Geschickt eingebaut kommen in weiteren Kapiteln weitere Familienmitglieder sowie Neles neuer Freund zu Wort. Durch die verschiedenen Betrachtungsweisen lernen wir die sehr unterschiedlichen Charaktere, ihr Leben und ihr Verhältnis zum Vater kennen und erhalten so schließlich ein sehr aufschlussreiches Bild der Großfamilie.
    Obwohl es eigentlich in diesem Buch um ein sehr trauriges und bedrückendes Thema geht, sind viele Begebenheiten derart real und mit so viel Leichtigkeit und Witz beschrieben, dass es den Leser rasch mit seinem besonderen Charme gefangen nimmt.
    Besonders gefallen hat mir, wie einfühlsam und dennoch humorvoll die Autorin diese Art „Sterbebegleitung“ Heros geschrieben hat. Manchmal muss man über einige Situationen einfach herzlich lachen. Zuletzt habe ich sogar diesen störrischen alten Mann (trotz all seiner Makel) ins Herz geschlossen, denn für mich ist er am Ende in seiner Wahrhaftigkeit tatsächlich ein Held geworden.
    Auch die Figur der sympathischen Außenseiterin Nele, der „Unsichtbaren“, die sich stets für Hero eingesetzt hat und zum Schluss seine einzige Vertraute ist, auch wenn sie früher von seiner Zuneigung nie etwas zu spüren bekommen hat, finde ich sehr gelungen.


    FAZIT
    HERO ist ein außergewöhnlich berührender und beeindruckender Roman mit einer wunderschönen poetischen Sprache! Das eher bedrückende Thema Sterben wird in einer unvergleichlich leichten, oft witzigen und sogar unterhaltsamen Art behandelt, wodurch ihm auch seine Schwere genommen wird.
    Ich bin rundum begeistert! Dieser Roman ist absolut lesenswert!


    4ratten

    INHALT
    Die junge Masurin Minna, die mit ihren Eltern zusammen lebt, versucht ihrem langweiligen dörflichen Alltag durch Streifzüge in die Natur zu entfliehen. So lernt sie eines Tages den Ornithologen Gwidon im Wald kennen, einen verheirateten Polen. Sie treffen sich heimlich und fühlen sich allmählich immer mehr zueinander hingezogen. Gwidon und seine so gänzlich andere Welt üben eine große Faszination auf Minna aus. Sie beginnt sich für Literatur zu interessieren und leiht sich bei ihrem ehemaligen Lehrer Bücher aus.
    Um weiterhin in Gwidons Nähe sein zu können, nimmt Minna eine Stelle als Hausmädchen bei einem Apotheker in Allenstein an. Doch fühlt sie sich in der Stadt einsam, gefangen und keineswegs glücklich. Die sich abzeichnende Bedrohung durch den Nationalsozialismus für sie als Deutsche und Gwidon als Polen erkennt Minna nicht und dies wird beiden schließlich zum Verhängnis.


    MEINE MEINUNG
    Jedem Abschnitt des Romans ist ein stimmungsvolles Schwarz-Weiß-Foto von Masuren und ein Auszug aus Blog-Einträgen der Autorin vorangestellt, die sie während der Recherchen zur Geschichte ihrer masurischen Großmutter und der Reisen nach Masuren geschrieben hat.
    Die prägnante sehr gefühlvolle, poetische Sprache hat mich schnell gefangen genommen. Oft kommt die Geschichte auch ohne viele Worte aus - vieles wird nur szenisch angerissen, unvollständig beschrieben und man kann seiner Fantasie freien Lauf lassen. Sehr gelungen ist auch die Beschreibung der Natur und des masurischen Landlebens - einer dörflichen Idylle, die immer deutlicher durch die Vorboten des Nationalsozialismus getrübt wird. Es hat mir sehr gefallen, dass die in den Text eingestreuten Bezüge zum Himmel als eine Art Motiv immer wieder eine Verbindung zum Buchtitel herstellten.
    Der Roman erzählt eine zarte Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang, eine verbotene Liebe zwischen einem jungen masurischen Mädchen und einem Polen vor dem Hintergrund des aufkommenden Nationalsozialismus. Doch man ahnt, dass es noch um sehr viel mehr geht.
    Für Emilie Sawitzki
    "Sie wurde in Masuren geboren und dort 1945 erschossen. Sie war meine Großmutter. Lange kannte ich ihren Vornamen nicht. Von ihr gibt es kein Foto, kein Schriftzeugnis, keinen Grabstein – als hätte es sie nie gegeben."

    …so lautet die Widmung, die Anna Kaleri ihrem Roman voranstellt.
    Die Autorin wollte nicht das Schicksal ihrer masurischen Großmutter, über das sie leider während der langen Recherchen ohnehin viel zu wenig erfahren hatte, nacherzählen, sondern schuf mit Minna eine Figur, anhand der sie exemplarisch ein Frauenschicksal jener Zeit geschildert hat. Sie hat mit diesem Roman auch eine Hommage an ihre Großmutter und die vielen anderen Frauen, denen ähnliches widerfahren ist, geschrieben.
    Sehr lesenswert sind auch die Blog-Einträge, in denen Anna Kaleri über ihre Erlebnisse, Gefühle und Erfahrungen während ihrer Nachforschungen schrieb und diese zu verarbeiten versuchte.


    FAZIT
    „Der Himmel ist kein Fluss“ ist ein Buch, das mich sehr berührt hat und das ich nicht so schnell vergessen werde. Es ist absolut lesens- und empfehlenswert!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Balthasar Neumann - Architekt der Ewigkeit von Markus Grimm


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    INHALT
    In seiner Romanbiographie „Balthasar Neumann, Architekt der Ewigkeit“ stellt uns Markus Grimm den berühmten Barockarchitekten vor, dessen einzigartige Bauwerke auch heute noch von Touristen aus aller Welt vor allem in Würzburg und Franken bestaunt werden.


    MEINE MEINUNG
    Sehr geschickt hat der Autor eine spannende Rahmenhandlung gewählt und die verschiedenen Rückblicke auf das Leben und Wirken Neumanns darin einstreut. Hierdurch vermeidet der Autor, uns durch ein rein chronologisches Faktenaufzählen zu langweilen. Auf sehr unterhaltsame Weise bringt er uns Neumanns erstaunlichen Werdegang nahe, zeigt uns seine genialen Ideen und einzigartigen Visionen auf, die er in seinen Bauwerken umgesetzt hat.
    Der Autor nimmt uns mit auf eine spannende Spurensuche zu den zahlreichen Wirkungsstätten Neumanns vor allem in Würzburg. Als Beispiele für seine enorme Schaffenskraft und Verwirklichung seiner Vision vom unbegrenzten Innenraum werden insbesondere das Treppenhaus der Würzburger Residenz und die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen im Roman erwähnt.
    Mit der fiktiven Figur des geheimnisvollen Reisenden Rohrer, der zum Todestag Neumanns in die Stadt kommt, ist es Grimm gelungen, zusätzlich Spannung aufzubauen und die Geschichte abwechslungsreich zu gestalten. Da dieser durch sein sehr merkwürdiges Verhalten und seine ominösen Andeutungen, ist man als Leser sehr gespannt darauf zu erfahren, welche Geschichte er mit Meister Neumann zu Ende bringen will.
    Die erstaunliche Aufklärung von Rohrers „Mission“ erfahren wir jedoch erst gegen Ende des Romans.
    Sehr gut gefallen hat mir, wie Grimm den Menschen Balthasar Neumann als eine schillernde, interessante Persönlichkeit herausgearbeitet hat. Eigentlich von "Niederem Stand" - also ein Mann des einfachen Volkes, ist es Neumann gelungen, sich durchzubeißen und hochzuarbeiten. Durch den ständigen Wechsel der machthabenden Fürstbischöfe in Würzburg war er stets gezwungen, ein Leben im Auf und Ab zu führen und viele Kompromisse einzugehen, um letztlich seine Ideen und Visionen verwirklichen zu können. Obwohl er es außergewöhnlich gut verstand, mit den jeweils herrschenden Machthabern, die allesamt charakterlich schwierige Potentaten waren, umzugehen und auf ihre Eigenheiten einzugehen, war auch er Opfer von Kündigungen.
    Sehr gekonnt führt der Autor uns vor Augen, welche unterschiedlichen Motivationen und Wertvorstellungen damals die Machthabenden zu ihrem Handeln bewegt haben. So lernen wir auch verschiedene, historisch verbürgte Charaktere kennen, wie beispielsweise Neumanns Mäzenaten aus der Dynastie der Schönborns, den Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim und den Wiener Baumeister Johann Lukas von Hildebrandt.
    Der Roman lässt sich sehr angenehm lesen, da er äußerst unterhaltsam und verständlich geschrieben ist.
    So gelingt es Grimm, Interesse für Neumann und jene Epoche zu wecken und den Leser zu begeistern.
    Zu kritisieren an diesem Buch ist allerdings, dass uns der Autor Markus Grimm jegliche Informationen zu seinen Recherche-Arbeiten über Neumanns Leben, seine Bauwerke und seine Quellen vorenthält. So stellte sich mir häufiger die Frage, war dies wirklich so? Gibt es persönliche Aufzeichnungen von Neumann, die in die Charakterisierung einflossen? Ist die Information verbürgt oder einfach wieder eine ersonnene Anekdote zu Neumann, die in unser Bild über den Architekten passt?


    FAZIT
    Eine sehr empfehlenswerte Romanbiographie zu Balthasar Neumann und seinem beeindruckenden Lebenswerk!
    Diese atmosphärisch dichte Geschichtsvermittlung hat mich sehr unterhalten und zugleich gefesselt.

    Der dunkle Geist des Palio von Astrid Frank


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    INHALT
    Angesiedelt ist der neue Jugendroman „Der dunkle Geist des Palio“ von Astrid Frank in der italienischen Stadt Siena zur Zeit des berühmten Pferderennens „Palio“, das jedes Jahr auf dem Marktplatz stattfindet und schon seit dem Mittelalter ausgetragen wird.
    Die junge Maria hat es nicht leicht, da sie gefühlsmäßig hin und her gerissen ist. Einerseits gilt ihre Liebe ihrem Verlobten Angelo, dem „fliegenden Engel“. Doch dieser reitet als Berufsjockey für die Drachen, einem konkurrierenden Stadtteil, aus dem er stammt. Andererseits fühlt sie sich natürlich auch ihrer eigenen alteingesessenen Familie, den Morellis, verpflichtet und möchte, dass die Adler den Palio gewinnen.
    Während der nervenaufreibenden Vorbereitungsphase des Rennens ist Marias Vater, Signore Morelli, als Capitano der Adler natürlich in sehr beschäftigt und möchte unbedingt, dass sein Stadtteil endlich wieder einen Sieg nach Hause tragen wird - ein Sieg, der von unendlich vielen Faktoren abhängig ist.
    Parallel zur Handlung in der Gegenwart wird uns in Rückblenden von einer großen Tragödie berichtet, die sich vor 130 Jahren in der Familie Morelli zugetragen hat.
    Damals zerbrach die junge Liebe von Marias Urahnin an der unüberwindbaren Rivalität zwischen der Contrada ihrer Familie und der ihres Verlobten und endete in ihrem Freitod am geplanten Hochzeitstag. Eine Häufung von seltsamen mysteriösen Ereignissen verunsichert Maria zunehmend und sie befürchtet, dass sich die schicksalhaften Ereignisse aus der Vergangenheit wiederholen und ihr Glück mit Angelo gefährden könnten.


    MEINE MEINUNG
    Die verschiedenen Episoden vermitteln uns interessantes Hintergrundwissen rund um den Palio und zeigen uns, dass es bei dem Wettstreit um den Sieg beim Palio, nicht allein um ein reines Pferderennen sondern vor allem um die Ehre eines Stadtteils geht.
    Um zu gewinnen ist ein gewisses Quentchen Glück bei der Zulosung des Rennpferds nötig, aber vor allem gilt es jahrhundertealte Traditionen zu wahren. Es ist sehr interessant Marias Vater zu den verschiedenen Schauplätzen zu begleiten und ihn beim Schmieden von Allianzen, beim Bestechen und Austragen von schwelenden Fehden zu erleben. Die Autorin zeichnet ein schönes Spiegelbild der leidenschaftlichen italienischen Gesellschaft mit ihren vielen Fassetten!
    Sie schafft es, die vielfältigen Ereignisse vor dem Rennen so spannend und lebendig zu schildern, dass man das Buch kaum noch weglegen kann. Auch einige kritische Aspekte zum Palio wie beispielsweise die Gefahren für Pferd und Reiter wurden eingearbeitet. Sehr gekonnt wird die angespannte Atmosphäre vor dem eigentlichen Palio eingefangen, die Spannung wird immer weiter gesteigert, so dass man dem Rennen als Höhepunkt richtig entgegenfiebert.


    Sehr gelungen finde ich das Cover des Buchs, das die etwas düstere mystische Atmosphäre des Romans widerspiegelt - es ist eine echte Augenweide!
    Die Anfänge eines jeden Kapitels sind wunderschön gestaltet mit einem verspielten floralen Ornament.
    Jedem Kapitel ist jeweils das Motto eines Contrada (Stadtviertels) als Zitat vorangestellt. Neben Prolog und Epilog ist das Buch in insgesamt 17 Kapitel unterteilt und greift damit die Aufteilung Sienas in die 17 Stadtviertel auf.


    FAZIT
    Mir hat dieser vielseitige Jugend-Roman sehr gut gefallen! Er hebt sich wohltuend von vielen eher handlungsarmen Teenie-Lovestories ab und ist absolut empfehlenswert!
    Die gut durchdachte Erzählung ist gefühlvoll, sehr spannend und unterhaltsam geschrieben. Durch die vielen Hintergrundinformationen zu Siena und den Palio ist das Buch ebenfalls für Erwachsene interessant und gut zu lesen.


    5ratten

    Inhalt
    Nach einem Selbstmordversuch vor knapp einem Jahr ist die 16-jährige, psychisch labile Jane Patientin in einer psychiatrischen Therapieanstalt. Sie ist überzeugt davon, dass die Suizidgefährdung in ihrer Familie liegt, denn auch ihr Vater und dessen Mutter haben sich das Leben genommen. Sie hat den geheimen Plan für ihren Weihnachtsurlaub gefasst, bei einem Zwischenaufenthalt Medikamente für einen Todescocktail zu besorgen und sich auf ihrem Flug nach Hause umzubringen. Alles geht glatt, niemand durchschaut ihre Lügen und ihre Maschine startet trotz eines aufkommenden Schneesturms. Jane will gerade ihre Tabletten auf der Flugzeugtoilette schlucken, als plötzlich die Maschine Probleme bekommt und abstürzt. Welch eine Ironie des Schicksals, denn Jane und der 20jährige Paul, der neben ihr im Flugzeug gesessen hatte, sind die einzigen Überlegenden!


    Meine Meinung
    Das Jugend-Buch “Survive – Wenn der Schnee mein Herz berührt” von Alex Morel klingt nach einem sehr fesselnden, abenteuerlichen Unterhaltungsroman, der uns nach einem Flugzeugabsturz in die unzugänglichen Bergregionen der Rocky Mountains entführt.
    Wie werden die beiden einzigen Überlebenden Paul und Jane, die in ihrem Leben schon einiges mitgemacht haben, mit dieser Extremsituation in eisiger Kälte und ohne Lebensmittel fertig, wie werden sie sich beim unerbittlichen Kampf ums Überleben weiter entwickeln und können sie trotz geringer Hoffnung auf Rettung sogar über sich hinaus wachsen. Eine psychologisch sehr interessante, vielversprechende Ausgangssituation für einen Roman so finde ich.
    Im ersten Abschnitt des Romans macht uns der Autor mit seiner Protagonistin und Ich-Erzählerin Jane bekannt. Behutsam versucht er uns in ihre Gedankenwelt einzuführen, die einzig von der Vorstellung beherrscht ist, dass sie Teil der familiär bedingten Selbstmordhistorie ist. Statt sich mit ihren negativen Gefühlen, ihrer Hilflosigkeit und Wut zu beschäftigen, verwendet sie all ihre Energie zur Täuschung ihrer Therapeuten sowie der exakten Planung ihres Selbstmords während des Flugs. Insgesamt empfand ich Jane als Hauptcharakter eher farblos, wenig sympathisch und so konnte ich mich auch nicht gut in ihre seelische Verfassung hinein versetzen.
    Leider hat der Autor gerade Janes inneren Kampf und ihre Emotionen in dieser Extremsituation zu oberflächlich ausgearbeitet. So bleibt ihr rascher Sinneswandel nach dem Flugzeugabsturz für mich wenig nachvollziehbar. Wollte sie vor wenigen Stunden noch unbedingt ihren Plan erfüllen und sterben, weiß sie nun plötzlich, dass sie unbedingt überleben will.
    Auch die Figur von Paul lässt größtenteils tiefere Einblicke in seine seelische Verfassung vermissen. Einige seiner anfänglichen Verhaltensweisen machten auf mich einen der Situation wenig angemessenen und sehr unrealistischen Eindruck. Als erfahrener Kletterer führt er ihre Expedition in winterlicher Kälte an und schafft es Jane zu motivieren, ihren Überlebenswillen und Kampfgeist auf dem scheinbar endlosen Marsch durch die Wildnis zu wecken.
    Schön herausgearbeitet ist, wie Jane und Paul sich immer mehr öffnen, zusammenrücken um ihren Überlebenskampf zu bewältigen und über ihre "problembehaftete“ Vergangenheit sprechen können. Doch danach werden ihre Dialoge leider wieder oberflächlich und belanglos. Für meinen Geschmack hätte die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander ruhig behutsamer und ausführlicher ausgearbeitet werden können. Ihre Liebesbeziehung kam mir doch etwas zu unvermittelt.
    Der Autor hat versucht, die Umgebung der Absturzstelle und das gesamte unwirtliche Szenario in den Bergen ausführlich zu beschreiben und uns die besondere Atmosphäre vor Augen zu führen. Leider hatte ich Probleme, mir die verschiedenen Schauplätze und die Kletterpartien in den Bergen bildlich vorzustellen.
    Obwohl sein Roman sehr flüssig und spannend geschrieben ist, fehlte mir irgendwie das gewisse fesselnde Etwas, um mich in seinen Bann zu ziehen. Immerhin hat es der Autor schließlich doch noch geschafft, mich durch die Dramatik der Ereignisse gegen Ende mitzureißen. Viele der Situationen sind jedoch zu wenig detailliert und berührend beschrieben, zu rasch abgehandelt und haben mich leider die Tragik und Intensität der Ereignisse nicht spüren lassen. Ich hätte mir bei der Charakterisierung der Protagonisten insgesamt mehr Tiefgang gewünscht, um mich besser in sie hinein versetzen und mitfühlen zu können.


    Fazit
    Ein hochdramatisches Abenteuer in eisiger Kälte, ein unerbittlichen Kampf ums Überleben und berührende Schicksale der Protagonisten!
    Ein thematisch interessanter Jugendroman, der unterhaltsam und spannend geschrieben ist, mich aber wegen fehlenden Tiefgangs der Charaktere nicht vollkommen überzeugen konnte!


    3ratten

    INHALT
    Nach seinem Selbstmordversuch und dem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik versucht Ryan wieder in den normalen Alltag zurückzufinden und die dunkle Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch dies ist gar nicht so einfach für ihn, denn nichts ist mehr so wie zuvor. Seine Eltern sind in Bezug auf ihn überempfindlich und in der Schule ist er zum Außenseiter geworden, mit dem niemand mehr etwas zu tun haben möchte. Manchmal hat er das Gefühl, dass eine trennende Glasscheibe zwischen ihn und seinen Umwelt schiebt.
    Nur in den Momenten, in denen er das eiskalte Wasser des Wasserfalls auf sich spürt und sich dabei in Gefahr begibt, ist er wirklich bei sich, und seine Energie und Lebensfreude kehren zurück.
    Eines Tages lernt Ryan die geheimnisvolle Nicki, die Schwester eines Mitschülers kennen. Sie interessiert sich für ihn und möchte unbedingt den Grund für seinen Suizidversuch erfahren. Doch auch sie scheint etwas vor Ryan verbergen zu wollen! Was will sie wirklich von ihm? Kann Ryan ihr Vertrauen schenken?


    MEINE MEINUNG
    Die amerikanische Autorin Jennifer R. Hubbard greift in ihrem sehr einfühlsamen und eindringlichen Jugendroman „Atme nicht" die sehr wichtige und ernste Thematik Selbstmord auf. Es geht um die vielfältigen Gefühle der Betroffenen und die Hintergründe für einen Suizidversuch, aber auch um die Bewältigung der in der Zeit danach auftretenden Probleme. Ein Thema, das einen bewegt und nachdenklich macht, und leider viel zu selten in der Jugendliteratur angesprochen wird.
    Die beiden Hauptfiguren Nicki und Ryan sind sehr vielschichtig ausgearbeitete Charaktere mit einigen Ecken und Kanten, und erscheinen sympathisch, sehr authentisch und lebendig.
    Der Autorin hat ihren Roman durchgängig aus der Perspektive Ryans in der Ich-Erzählform geschrieben. Dadurch wirken die Schilderungen von Ryans Gefühlswelt äußerst intensiv, sind für den Leser sehr glaubwürdig und nachvollziehbar. Die Sichtweise eines männlichen Charakters einmal hautnah mitzuerleben empfand ich als sehr aufschlussreich und spannend.
    Sehr gut kann man sich in Ryans Gefühlschaos und seine Konflikte hineinversetzen, wenn er sich plötzlich unverstanden, hilflos und verzweifelt fühlt, und manchmal auf Nickis Fragen misstrauisch und abweisend reagiert. Er hat große Schwierigkeiten, ihr zu vertrauen, obwohl er sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht, als einen Menschen, dem er sich öffnen kann und der ihn versteht.
    Auch mit Nicki hat die Autorin eine sehr interessante Figur geschaffen, da wir durch sie die andere Seite der Suizid-Thematik kennenlernen. Bei den Hinterbliebenen hinterlässt ein Suizid immer auch quälende Fragen nach dem Warum und Schuldgefühle, die sie zu bewältigen haben. Sie müssen Schock und Trauer verarbeiten und lernen, neue Lebenskraft zu schöpfen.
    Mit ihren hartnäckigen Fragen gelingt es Nicki schließlich auch Ryan aus der Reserve zu locken, und sich mit den Hintergründen seiner Tat auseinanderzusetzen.
    Sehr bewegend und einfühlsam ist die Entwicklung der beiden so unterschiedlichen Hauptfiguren in diesem Roman dargestellt. Es ist spannend zu lesen, wie es den beiden allmählich gelingt, ihr Misstrauen zu überwinden, sich einander anzunähern, über ihre Probleme und Ängste zu reden und so einander Halt zu geben.
    Sehr gut ist der Autorin auch die atmosphärisch dichte Beschreibung von Ryans Zufluchtsort gelungen. Diesen tosenden Wasserfall inmitten des Waldes konnte ich mir hervorragend als mystischen Anziehungspunkt vorstellen.
    Trotz der schwierigen Thematik liest sich der Roman dank des sehr flüssigen Schreibstils der Autorin sehr angenehm und konnte mich immer wieder durch seine besondere Atmosphäre gefangen nehmen.


    FAZIT
    „Atme nicht" von Jennifer R. Hubbard ist ein sehr einfühlsames und bewegendes Jugendbuch, das nicht nur für Jugendliche lesenswert ist!
    Insgesamt eine sehr gelungene Verarbeitung der Thematik Suizid, Selbstmordversuch und der schwierigen Zeit danach, aber auch über die Macht der Freundschaft und die vielen Hoffnungsschimmer im Leben.


    4ratten

    Scharlatan von Claudia Weiss


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    Nach ihrem Debüt mit „Schandweib” liegt mit „Scharlatan” nun der zweite historische Roman der promovierten Historikerin Claudia Weiss vor.
    Angesiedelt ist er im Nordost-Europa zu Beginn des 18. Jahrhunderts, das vom Großen Nordischen Krieg in Mitleidenschaft gezogenen ist.


    INHALT
    Wir begegnen dem jungen Advokaten Hinrich Wrangel wieder, dem Protagonisten aus dem „Schandweib”, der mittlerweile seine Ruth geheiratet hat und mit ihr in Hamburg lebt.
    Nach der widerrechtlichen Inhaftierung des russischen Sonderbeauftragten Johann Reinhold von Patkul durch sächsische Hofbeamte reist Wrangel in geheimen Auftrag nach Königsberg, um gemeinsam mit weiteren juristischen Kollegen ein politisch brisantes Verteidigungsschreiben zu verfassen. Doch nach einem konspirativen Treffen in der Nähe von Königsberg wird Wrangels Kutsche überfallen und dieser verschwindet spurlos.
    Als Hinrichs Ehefrau Ruth die Nachricht erhält, ist sie die Einzige, die nicht an den Tod ihres Manns glaubt. Um mehr über die Hintergründe des Überfalls und Hinweise auf eine mögliche Entführung zu erfahren, begibt sich Ruth zusammen mit Jurek, ihrem treuen Diener, auf eine beschwerliche und äußerst gefährliche Reise durch das damalige Nord-Europa – eine Reise die sie weiter führt als sie je für möglich gehalten hätte. So durchqueren die beiden auf der Suche nach Wrangel viele Länder und Gegenden, erleben allerlei Abenteuer und gelangen schließlich sogar nach St. Petersburg.


    MEINE MEINUNG
    Ein anspruchsvoller und wirklich gut recherchierter historischer Roman, der mich gut unterhalten hat. Man spürt, dass die Autorin vom Fach ist. Als promovierte Historikerin und Osteuropakennerin gelingt es ihr außergewöhnlich gut, dem Leser die teilweise recht komplizierten politischen Hintergründe jener Zeit näher zu bringen. Dennoch ist der Roman niemals langweilig, sondern sehr packend und mitreißend geschrieben. Die Handlung wechselt zwischen verschiedenen Schauplätzen ab, wodurch der Spannungsbogen behutsam immer mehr gesteigert wird.
    Die Protagonisten sind sympathisch und einfühlsam charakterisiert. So ist Ruth Wrangel beispielsweise eine aufgeklärte, gebildete und eher rationale junge Frau, deren Entscheidungen und Handeln aber in ihrer Verzweiflung auch von Visionen und Traumdeutungen beeinflusst werden.
    Sehr schön herausgearbeitet ist auch die schillernde Persönlichkeit Patkuls als Berater, Sonderbeauftragter, Diplomat und Ränkeschmied verschiedener Regierungen. Die vielfältigen Verwicklungen um seine Person, die historisch verbürgt sind, wurden geschickt mit der fiktiven Handlung rund um die Protagonisten verwoben. Die Autorin schildert uns sehr authentisch und detailgetreu zahlreiche Episoden aus dem damaligen Alltag und gibt uns zudem einige interessante Einblicke in das höfische Leben. Auch erfahren wir eine Menge spannende Hintergrundinformationen zum Bau der Zarenstadt Sankt Petersburg.
    Besonders gefallen hat mir, dass in diesem Roman reale Geschichte erzählt wird und ich über die Erlebnisse der Protagonisten so viele Details über die politischen Verhältnisse jener Zeit erfahren konnte!
    Schade nur, dass dem Buch keinerlei Kartenmaterial und auch kein Glossar beigefügt wurde, doch wer sich für weiterführende Bilder, ausführliche Karten und historische Hintergrundinformationen interessiert, dem sein das enhanced eBook empfohlen. Außerdem findet man diese Zusatzinformationen auch im Internet auf einer eigens eingerichteten Website zum Buch!


    FAZIT
    „Scharlatan“ ist wirklich etwas Besonderes unter den historischen Romanen - erstklassig geschrieben, authentisch und spannend erzählt und mit einer glaubwürdigen Handlung!
    Da ein Teil der Geschichte auf historischen Tatsachen basiert ist es zugleich eine äußerst lehrreiche und unterhaltsame Geschichtsstunde und absolut lesenswert!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    „Sauerstoff ist für die meisten Lebewesen überlebenswichtig. Ungefähr 2,5 Milliarden Jahre lang war Sauerstoff das am häufigsten vorkommende chemische Element auf Erden. Bis zum Switch.“


    INHALT
    Jahre nach dem „Switch“ – dem totalen Zusammenbruch des Ökosystems, gibt es nur noch eine Welt ohne Sauerstoff, die eigentlich kein Leben mehr ermöglicht. Die wenigen Überlebenden führen ein streng reglementiertes Leben unter einer Glaskuppel in einer Zweiklassengesellschaft, den Premiums – der Elite und den Seconds – der Unterschicht.
    Während sich die Seconds die Abgaben für den teuren Sauerstoff kaum leisten können, kann sich die reiche Elite auch Vergnügungen mit zusätzlichem Sauerstoffverbrauch wie Jogging, Tanzen und andere Sportarten leisten.
    Die beiden befreundeten Teenager Bea und Quinn sind in diesem Gesellschaftssystem groß geworden, ohne es zu je hinterfragen.
    Während Quinn als Premium-Sohn eines ranghohen BREATHE-Mitglieds eine glänzende, unbeschwerte Zukunft vor sich hat, muss Bea als Tochter armer Seconds um Privilegien, ihre Anerkennung und einen Aufstieg im System kämpfen.
    Als die ebenfalls 16jährige Second Alina, Mitglied einer geheimen Widerstandsgruppe gegen die „BREATHE“-Organisation, von einer missglückten Mission zurückkehrt, muss sie aus der Kuppel vor Soldaten fliehen. Ihr Ziel ist der verborgen gehaltene Rebellenhain ihrer Widerstandsgruppe, in dem Leben außerhalb der Kuppel möglich ist.
    Bea und Quinn, die mit Sauerstoff-Flaschen ausgestattet einen gemeinsamen Ausflug ins Ödland außerhalb der Kuppel unternehmen wollen, begegnen zufällig Alina an der Grenze und verhelfen ihr zur Flucht.
    Eine fatale Entscheidung, denn nun müssen sie sich gemeinsam durch das unwirtliche Ödland durchkämpfen und geraten schließlich ins Visier der unbarmherzigen Verfolger des BREATHE-Systems . . .


    MEINE MEINUNG
    „Eine im wahrsten Sinne atemberaubende Zukunftsvision“ wurde diese neue Dystopie „Breathe – Gefangen unter Glas“ im Klappentext angekündigt, doch meine hohen Erwartungen wurden leider gleich in mehrerlei Hinsicht sehr enttäuscht.
    Die Geschichte wird aus der Perspektive der drei sehr unterschiedlichen Protagonisten Alina, Bea und Quinn erzählt. Leider ist es mir während der gesamten Geschichte nicht gelungen, deren „innere Stimme“ zu erkennen, und so musste ich oft nach einigen Seiten nochmals die Kapitelüberschrift zu Rate ziehen, um zu wissen, aus welcher Sicht gerade erzählt wird. Insgesamt ist es der Autorin nicht gelungen, die Charaktere der unterschiedlichen Persönlichkeiten richtig herauszuarbeiten. Ihre Gefühlswelt und ihr individuelles Verhalten blieben mir oft absolut unrealistisch und nicht nachvollziehbar. Sie erschienen mir einfach in allem zu oberflächlich, homogen und stereotyp, so dass mir keiner der drei Charaktere ans Herz wachsen konnte.
    Ähnlich dürftig und unrealistisch wurden auch die Gegenspieler ausgearbeitet, wie beispielsweise der BREATHE-Präsident und Quinns Vater, die in ihrem übertriebenen Verhalten eher Karikaturen glichen als ernstzunehmenden Gegnern und brutalen Befehlshabern.
    Die größte Enttäuschung für mich war aber die eigentlich als Heldin prädestinierte Rebellenführerin. Diese wird derart egozentrisch und unsympathisch geschildert, dass man sich wundert, wie sie überhaupt zu ihrer Führungsposition gekommen ist und einen Widerstand leiten soll.
    Ein bizarres, eigentlich hoch interessantes Szenario hat sich die Autorin für ihre Welt ohne Sauerstoff ausgedacht, doch ist es ihr leider nicht gelungen, mir die hochtechnisierte Kuppelstadt und das lebensfeindliche Ödland so zu beschreiben, dass ich es mir bildlich vorstellen konnte. Zu oberflächlich, unrealistisch und unlogisch blieben viele Details in der Darstellung der von ihr erdachten dystopischen Welt, aber auch bei den geschilderten Ereignissen fielen mir immer wieder Ungereimtheiten auf. Zu keiner Zeit konnte mich die Geschichte richtig in seinen Bann ziehen, denn dazu fehlten atmosphärische Dichte und spannende, vielschichtige Charaktere, mit denen ich mitfiebern konnte.
    Trotz vieler Schauplatzwechsel ist es der Autorin nicht gelungen dauerhaft Spannung aufzubauen, die Handlung plätscherte oftmals dahin und unnötige Nebenhandlungen wurden eingeführt. Leider konnte mich auch der Showdown zum Ende nicht wirklich fesseln, da selbst die Action-Szenen viel zu flach und hölzern beschrieben wurden, und das Finale ein viel zu abruptes Ende nahm.
    Eine Fortsetzung von „Breathe“ ist bereits in Arbeit.


    FAZIT
    Ein Dystopie-Auftakt, der mich absolut nicht überzeugen und begeistern konnte.
    Eine interessante Ausgangsidee und spannende Zukunftsvision, die leider von der Autorin nur unzureichend umgesetzt und ausgearbeitet wurde. Schade, dass hier so viel Potential verschenkt wurde, denn daraus hätte eine wirklich packende Geschichte werden können!


    3ratten