War
es Mord, Selbstmord oder einfach nur ein Unfall?
Rebecca
und Lucy, die seit 6 Jahren verheiratet sind, wohnen seit etwas mehr
als 1 Jahr in ihrem Haus im Ostseebad Rerik.
Lucy
abeitet als Softwareentwicklerin und ist nur mittwochs und an den
Wochenenden in Rerik, an den anderen Tagen wohnt sie in der Hamburger
Wohnung, nahe ihres Arbeitsplatzes.
Rebecca
ist gelernte Physiotherapeutin, ist jedoch gerade in Elternzeit, weil
ihr Wunsch nach einem eigenen Kind vor 5 Monaten endlich in Erfüllung
gegangen ist. Obwohl Rebecca die Zeit mit der kleinen Greta genießt
und die Ruhe dringend braucht, scheint sie irgendwie doch auch einsam
zu sein. Am Strand lernt sie Julia kennen und hilft ihr aus einer
peinlichen Situation. In den nächsten Tagen verbringen die beiden
Frauen viel Zeit miteinander. Rebecca weiß, dass am kommenden
Wochenende Lucy ihre beiden Freunde und Geschäftspartner Finn und
Priska Hofmeister zum Essen eingeladen hat und so lädt sie Julia
spontan ein, ebenfalls zu kommen.
Julia
kommt jedoch
nicht, meldet
sich aber auch nicht, so dass Rebecca
glaubt, dass ihr
etwas
zugestoßen
sein muss.
Sie sucht jeden Fleck in Rerik nach ihrer neuen Freundin ab und die
Wahrheit, auf die sie bei ihrer Suche stößt, offenbart ihr, dass es
diese Julia gar nicht gibt. Niemand hat die Frau gesehen. Es sieht so
aus, als ob sich jemand ganz gezielt ihr Vertrauen erschlichen hat
und dann wieder untergetaucht ist.
Kurz
darauf wird am Fuße der Steilküste eine Frauenleiche entdeckt.
Es
handelt sich dabei jedoch nicht um Julia ….
Edda
Timm und den Kollegen von der Kripo Rostock stellen sich beim Anblick
des Fundortes drei
Fragen: Ist die Tote unglücklicherweise abgestürzt, aus eigenem
Antrieb über die Klippe gesprungen oder eventuell sogar gestürzt
worden?
Nach
ihrer eigenen Aussage ist Edda ein Nussknacker – sie knackt jedes
Rätsel; bei Computerspielen genauso wie in ihrem Job.
„Die
Frau am Strand“ ist das neueste Werk der Autorin Petra Johann. Ich
habe bisher jeden ihrer Kriminalromane gelesen, alle sind in meinen
Augen überdurchschnittlich gut und und deswegen waren meine
Erwartungen an dieses Buch recht hoch. Die Autorin hat mich aber
auch
dieses Mal nicht enttäuscht.
Das
Buch beginnt mit einem Prolog, dessen Sinn sich erst am Ende des
Buches erschließt. Es handelt sich um die letzten Gedanken einer
sterbenden Person; der Person, die tot am Fuße der Klippen gefunden
wurde.
Dann
beginnt Rebecca damit, rückwirkend
die
Geschichte zu erzählen. Rebecca
hat die direkte Anrede gewählt – sie spricht direkt zu mir, so als
wenn mir eine Freundin eine Begebenheit aus ihrem Leben erzählen
würde. Sie erzählt von ihrer Frau Lucy und der kleinen Greta, wie
sie Julia kennengelernt hat und sie anschließend fieberhaft sucht
und so wird der Leser aus 1. Hand informiert und direkt ins
Geschehen eingesogen. Die Erzählung Rebeccas endet vorerst an der
Stelle, an der die Kriminalkommissarin Edda Timm in die Geschichte
involviert wird – und zwar mit dem Fund der Leiche am Fuße des
Steilufers. Von
diesem Moment an erzählt eine außenstehende dritte Person und
beleuchtet die Ermittlungen und die damit zusammenhängenden
Fortschritte von Edda und ihrem Team. Ganz kurz vor der finalen
Auflösung des Falles übernimmt Rebecca wieder das Wort und erzählt
erneut aus ihrer Sicht und wieder
direkt
an den Leser gewandt, was sich wirklich zugetragen hat. Für mich war
diese Erzählweise neu. In all den Büchern, die ich schon gelesen
habe, wurde ich – zumindest nicht wissentlich - noch niemals direkt
von einem Protagonisten angesprochen, was für mich das Leseerlebnis
schon mal außergewöhnlich machte.
Einen
Punkt muss ich der Autorin zu Gute halten: Ihre Ermittlerin Edda Timm
hat zwar auch ihre Macken und Nauben (Schrullen und Launen), sie
trägt aber keinen Sack voller Dämonen mit sich, die im Laufe der
Geschichte den Fall zu einer persönlichen Sache werden lassen.
Vielen Dank dafür!!
Die
Anzahl der handelnden Personen ist überschaubar
und
alle Personen werden realistisch dargestellt.
Lucy
ist die Behütende, sie sorgt sich um ihre Frau Rebecca, möchte
immer jedem alles recht machen und auch ihr Freund und
Geschäftspartner Finn Hofmeister kann sich in jeder Lebenslage auf
Lucy verlassen.
Rebecca
leidet seit einigen Monaten an Depressionen, weswegen sie mit ihrer
Frau Lucy und Greta nach Rerik gezogen ist. Dort genießt sie die
Stille, kann ihrer Tochter die ungeteilte Aufmerksamkeit widmen,
fühlt sich aber scheinbar doch im tiefsten Inneren einsam, sonst
hätte sie sich nicht so gedankenlos auf Julia eingelassen. Diese
Begegnung wird sie noch bereuen, das merkt sie aber viel zu spät.
Bei
Edda Timm scheiden sich die Meinungen. Entweder man mag sie, oder man
mag sie nicht. Sie behandelt ihre Kollegen von oben herab, fühlt
sich als etwas besseres, ist pedantisch, übergenau und verbissen –
aus meiner Sicht ist es aber genau das, was gute Polizeiarbeit
braucht, um einen Fall aufzulösen. Aber auch eine Edda ist nicht
unfehlbar, weswegen sie ab und zu einen Ex-Kollegen zum
Gedankenaustausch
hinzuzieht.
Die
Autorin schafft es, von Anfang an Spannung in den Fall zu bringen und
diese auch bis zum Schluss zu halten. Als Leser ist es mir die ganze
Zeit über unmöglich, den Täter zu benennen, der kristallisiert
sich tatsächlich erst zum Ende des Buches heraus. Auch
wenn der Kreis der handelnden Personen überschaubar ist, ist der
Täter tatsächlich nicht greifbar.
Das
Buch umfasst 458 Seiten und ist in 4 Teile eingeteilt. Teil 1 und
Teil 4 sind den Erzählungen von Rebecca zugeordnet, Teil 2 und Teil
3 beziehen sich auf die Ermittlungen von Edda und ihrem Team und
umfassen die Wochentage Donnerstag bis Sonntag.
Für
mich war auch das wieder ein tolles Buch der Autorin Petra Johann.
Ich hadere jedoch nur ein klein wenig mit der vom Verlag
vorgenommenen Einteilung als „Thriller“. Für mich liegt der
Schwerpunkt des Buches eindeutig auf der Ermittlungsarbeit, von daher
ist es in meinen Augen eher ein Krimi als ein Thriller. Aber das ist
Meckern auf hohem Niveau.
Vielen
Dank an Petra Johann für unsere gemeinsame Leserunde, für das
Leseexemplar danke ich neben der Autorin auch dem Verlag ruetten &
loening und vielen Dank auch an Literaturschock.de, auf deren
Plattform wir die Leserunde abgehalten haben.