Beiträge von Emmy

    Rebecca . Insgesamt bekommt sie jetzt doch noch andere Eindrücke vom Adel, da Katharina ihr hilft.

    Diesen kleinen Einblick, den Rebecca jetzt bekommt, ist gar nicht so verkehrt. So " muss" sie endlich umdenken. Sie hat sich glaube ich, total negativ auf den Adel eingefahren. Angeblich hat sie so viel über ihre Zeit mit Konstantin nachgedacht. War alles nur Lüge?? Aber wenn sie das getan hätte, müsste ihr doch aufgefallen sein, was Konstantin in manchen Gesprächen gesagt hat......das er eben nicht ihrem Bild des üblichen Adels entspricht.

    Das sehe ich auch so wie ihr - ich hoffe sehr, dass der nähere Kontakt mit Katharina bei Rebecca ein Umdenken bewirkt und sie die Menschen nicht mehr nach ihrer Abstammung be - oder verurteilt. Wenn dieser furchtbare und verlustreiche Krieg irgendetwas Positives in Gang gesetzt hat, dann ist es die allmähliche Auflösung des Standesdenkens . Wenn eine Situation so katastrophal ist und viele Menschen hungern und leiden, ist es wichtig, dass man zusammenhält und sich gegenseitig hilft. Dabei spielen die Standesunterschiede keine Rolle mehr und irgendwann wird sich keiner mehr wundern, wenn Adlige, Bürger, Handwerker und Bauern gemeinsam daran arbeiten, das Überleben zu sichern und die Zukunft zu gestalten.

    Hmm - das habe ich irgendwie anders gelesen. Albert hat die Unterlagen zu seiner Zeit im Waisenhaus bei Wittekind geklaut. Daher wusste er von den Unterschlagungen und dass Donatus die Sache in die Wege geleitet hatte. Dann hat er irgendwann diesen gefälschten Brief geschrieben, der angeblich so lange unterwegs war und an Donatus adressiert, wohl wissend, dass er ohnehin bei Adolphis landen würde. Er hofft wahrscheinlich, dass der Graf jetzt irgendwas unternimmt und endlich Licht in die Angelegenheit kommt. Im Grunde wünscht sich Albert einfach nur einen Vater, eine Familie, sowas wie Heimat und Geborgenheit. Das hat er sein Leben lang schmerzlich vermisst.

    Albert hat einen gefälschten Brief an Adolphis geschickt im Namen dieser Oberin des Waisenhauses, so habe ich das auch verstanden. Es zeigt auch, wie gebildet und sprachbegabt er ist, denn er imitiert den verschwurbelten Tonfall perfekt, der in diesen Kreisen üblich war. Sein Schicksal in diesem Waisenhaus ist wie eine offene Wunde in seiner Seele und er wird nie innerlich Ruhe finden und verzeihen können, wenn er diese Fragen nicht lösen kann. Hat sein Vater damals überhaupt von seiner Existenz erfahren? Wer ist seine Mutter und wie ist die Rolle von Wittkind zu bewerten? Albert hat einen hohen Anspruch auf persönliche Integrität und Loyalität - und zwar was ihn selber betrifft wie auch andere.

    Auch als sie später seinen Brief in den Ofen schmeißt.

    Wo steht das denn? Er hat ihr doch gar keinen Brief gegeben, nur seinen Einberufungsbefehl gezeigt?

    Ich vermute ganz stark, dass Feodora Angst hat, dass Adolfphis dann die Pläne, bezüglich auf die Hochzeit mit Ludwig, stoppen würde. Ich hoffe so sehr, dass sich das alles irgendwann rächen wird.

    Das hoffe ich auch! Aber so, dass es nur Feodora wehtut, und niemand anderem.

    Die Sache mit den Briefen, die Rebecca von Konstantin erhält, als er an der Front ist, kommt glaube ich erst später in der Handlung. Ich musste allerdings auch schon weiterlesen, weil es so spannend ist. Rebecca befindet sich immer noch in einem fatalen inneren Konflikt - natürlich hat sie starke Gefühle für Konstantin und versucht alles, um sie zu unterdrücken. Es ist nur meistens so, dass sich solche tiefen Emotionen nicht auf Dauer verdrängen lassen, sie werden durch Unterdruck nur stärker. Ich hatte ja schon im ersten Teil große Probleme mit Rebecca`s Haltung zu seiner Abstammung und Familie, weil er daran völlig unschuldig ist. Es ist bei ihr fast so eine Art Sozialrassismus, wenn sie alle Adeligen in Grund und Boden verdammt und damit auch Konstantin abwertet. Es gibt in allen Schichten und allen Familien anständige und abscheuliche Menschen, mit der Herkunft hat das nichts zu tun.

    Katharina ist im Jahr 1900 zur Welt gekommen und in dieser Phase der Handlung etwa 15 - 16 Jahre alt. Damit ist sie noch vor einer Verheiratung sicher, aber sobald sie bei Hofe eingeführt wurde und ca. 17 - 18 Jahre alt ist, kann sie vermählt werden. Hoffentlich findet sie bis dahin einen Ausweg aus diesem Dilemma, denn Feodora wird nicht nachgeben, stur und selbstgerecht wie sie ist.

    Hallo ihr Lieben,


    ich konnte es kaum erwarten, mit dem 2. Band anzufangen und schon bei den ersten Sätzen haben mich die Schicksale der Personen und die schwierigen Zeiten, mit denen sie konfrontiert werden, in den Bann gezogen. Schon lange hat mich eine fiktive Geschichte nicht mehr so emotional berührt und gedanklich beschäftigt.

    Viele Aspekte hat Vorleser schon angesprochen und interpretiert. Den abartigen und widerlichen Charakter von Ludwig konnten wir bereits im 1. Band zur Genüge kennenlernen, aber was er sich auf dem Gut geleistet hat, hätte selbst ich ihm nicht in dieser Brutalität zugetraut. Hedwig tut mir von Herzen leid, sie war ein sehr empfindsames, sensibles junges Mädchen, hat sich sogar um die Katzen gekümmert und war im Grunde sehr einsam. Feodora`s Verhalten hat mich auch nicht mehr überrascht, sie würde sogar Katharina der Lügen bezichtigen, wenn sie von Ludwigs Übergriffen erfahren würde. Sie zeigt das fast schon zwanghaft neurotische Abwehrverhalten, alles zu verdrängen und zu negieren, was nicht ihr feudales Weltbild passt. Wie wird sie wohl reagieren, wenn der Kaiser ins Exil muss und die Monarchie am Ende ist? Dann hätte auch eine Ehe zwischen ihrer Tochter und Ludwig jeden Reiz für sie verloren.

    Schon seit Generationen lebt die adelige Familie von Auwitz- Aarhayn auf ihrem Landgut in Pommern. Im Sommer des Jahres 1913 stirbt der alte Gutsherr Donatus überraschend durch einen tragischen Unfall beim Holzfällen und damit tritt sein Sohn Adolphis seine Nachfolge an. Das Jahr bringt aber noch weitere Veränderungen mit sich, der neue Kutscher Albert Sonntag wirkt nach Außen hin pflichtbewusst und benimmt sich tadellos, verfolgt aber im Geheimen eigene Ziele, die mit seiner Kindheit im Waisenhaus zu tun haben. Die jüngste Tochter Katharina wird von ihrer strengen und extrem standesbewußten Mutter Feodora in eine Rolle gezwungen, gegen die sie sich zu wehren versucht. Gerade in Adelsfamilien wurde den Töchtern und Söhnen die Kindheit quasi geraubt, sie wurden behandelt wie junge Erwachsene, dazu passt ja auch, dass Katharina bereits seit Jahren ein Korsett tragen muss. Das bedeutet auch im gesellschaftlichen Sinn ein Leben mit strengen Regeln und unter ständiger Kontrolle. Ihre Mutter hat diese Vorstellungen so sehr verinnerlicht, dass sie ihrer Tochter keine Hilfe oder Unterstützung bieten kann auf ihrem schwierigen Weg ins Erwachsenwerden. Der älteste Sohn Konstantin hat viele neue Ideen für eine Modernisierung der Arbeitsabläufe auf den Feldern, womit er leider weder bei seinem Vater noch bei dem alten Gutsverwalter Gehör findet.Dennoch lässt er sich nicht entmutigen und zeigt sehr viel Charakterstärke und Willenskraft, nur in einer sehr privaten Angelegenheit gerät er in einen emotionalen Konflikt.


    Aber nicht nur innerhalb der Adelsfamilie brodelt es und treten alte und neue Probleme zutage, auch unter den zahlreichen Dienstboten gibt es Bösartigkeiten, Intrigen, Betrug und Neid. In diesem spannenden historischen Roman stehen die Konflikte zwischen den Generationen sowie auch innerhalb der Familie im Vordergrund. Die sozialen Spannungen zwischen Dienerschaft und Herrschaft, aber genauso innerhalb des Personals werden hier mit harten Bandagen ausgetragen.

    Es ist sicher kein Zufall, sondern sehr geschickte Dramaturgie, dass die Intrigen und persönlichen Katastrophen unter der Dienerschaft wie eine Spiegelung der familiären Erosion innerhalb der Adelsfamilie wirken. So groß sind die Unterschiede garnicht zwischen "downstairs" und "upstairs" - es sind eben oben genau wie unten alles nur fehlbare Menschen, von denen jeder seine eigene persönliche Tragik in sich trägt und zu bewältigen hat.

    Diese verschiedenen Handlungsebenen und Schicksale verweben sich im weiteren Verlauf zu einem interessanten Muster und entwickeln ihre eigene Dynamik , bis im Juni 1914 das Attentat von Sarajewo Europa erschüttert und letztlich zur Katastrophe des 1. Weltkriegs führt. Diese Bedrohung wirft bereits ihre Schatten voraus und die Karten werden neu gemischt, auch auf dem Gutshof. Wir dürfen uns jetzt auf zwei weitere Bände freuen, in denen diese wunderbar und intensiv erzählte Geschichte weitergeht.


    :tipp:

    Es geht in diesem historischen Roman um die Geschichte der Familie Rothmann und ihrer Schokoladenfabrik in Stuttgart im Jahr 1903. Der Beginn des 20. Jh. war eine Epoche geprägt von Umbrüchen, sowohl in gesellschaftlicher Hinsicht als auch was die technische und industrielle Entwicklung betrifft. Das alles wird hier thematisiert und gerade bei Judith, der 21- jährigen Tochter, spüren wir die gute Energie und Dynamik eines modernen Frauenlebens, was allerdings den Vorstellungen ihres Vaters Wilhelm Rothmann widerspricht, der noch verkrustet in althergebrachten Vorstellungen von Tradition, Gehorsam und Autorität seine Ziele durchsetzen will.

    Er hat mit einigen Sorgen und Problemen zu kämpfen in diesen Zeiten. Familiär läuft nicht alles nach seinen Vorstellungen - seine Gattin Hélène befindet sich bereits seit vielen Monaten zu einem Kuraufenthalt am Gardasee, wo ihr Nervenleiden behandelt werden soll, seine 8-jährigen Zwillingssöhne haben allerlei Streiche im Kopf , während ihre schulischen Leistungen weniger überzeugen und seine Tochter Judith zeigt wenig Begeisterung für den jungen Mann, den er als Ehemann für sie ausgesucht hat. Dazu kommen auch noch finanzielle Probleme durch einige riskante Fehlinvestitionen.

    Die Situation in der Familie und der Firma bekommt eine neue Dynamik, als Victor Rheinberger auf der Bildfläche erscheint und eine Anstellung in der Schokoladenfabrik erhält.

    Er findet seinen Platz im Betrieb und macht sich schnell unentbehrlich durch sein Geschick und sein Talent für Maschinenbau. Zudem entwickelt sich da was zwischen ihm und Judith - noch sehr vorsichtig und verhalten, aber immer wenn die beiden sich begegnen, ist da so eine bestimmte Schwingung und Atmosphäre in der Luft, was in ihr den Widerstand gegen die vom Vater gewünschte Eheschließung noch zusätzlich verstärkt.

    Der Roman ist großartig erzählt, er beschreibt eine sehr zeittypische Atmosphäre und bleibt doch immer nahe an den Personen, die so echt und glaubwürdig agieren und empfinden, dass es eine wahre Freude ist, sie durch das Geschehen zu begleiten. Meine Sympathien liegen bei den vielschichtigen Romanfiguren, die zu kämpfen haben, die an sich und der Welt verzweifeln, Fehler machen und sich doch wiederfinden - wie auch immer, sie sind interessant und man kann mit ihnen verzweifeln, leiden und sich freuen, wenn sie dann doch einen Weg gefunden haben, der ihnen entspricht.

    Zu dem Lesegenuß tragen auch die lebensnahen Dialoge bei und das hohe sprachliche Niveau des Romans. Die Geschichte ist für uns Leser so spannend und berührend, weil sie wunderbar und sehr intensiv erzählt wird, jede Romanfigur hat ihr ganz eigenes Wesen, ihre Identität und Sprache sind unverwechselbar und typgenau getroffen. Zudem wird auch die Epoche und das Umfeld in Stuttgart zu diesen Zeiten sehr eindringlich und glaubwürdig beschrieben, es ist mehr als nur Kulisse, diese Dinge sind sehr prägend und dramaturgisch perfekt eingesetzt und so ist mir der Abschied von den Personen am Ende richtig schwergefallen.:tipp: