Soundtrack zur Rezension: Dreams von The Cranberries.
Das. Buch. Ist. Toll. Echt jetzt.
Also Maddy hat SCID, wie der Junge in dem Film mit der Blase, der von Jake Gyllenhaal gespielt wird, also der Junge, nicht die Blase, und den ich endlich mal sehen sollte. Ihr Tagesablauf ist deshalb komplett verplant, mit stündlichen Untersuchungen, hypoallergenem Essen, frisch desinfizierten und verschweißten Büchern, und Krankenhausweißem alles. Trotzdem ist sie fröhlich und unbeschwert. Sie sieht alles positiv und mit Humor. Dabei ist sie so so so sympathisch. Einfach jemand, dessen Buchblog man besuchen will. (Uh, ja! Maddy bloggt über Bücher. Spoiler inklusive. Auch im Buch selber.)
Dann Auftritt Olly. Der genauso sympathisch ist. Er schreibt Maddy eigentlich nur an, weil er denkt, dass sie Hausarrest hat, und ihr diese Zeit vertreiben will (denn hey, er kennt das!). Und schwupps fangen die Chatsessions bis 3 Uhr Nachts an.
Dabei sind die beiden respektvoll und ehrlich, ziehen Grenzen und loten sich gegenseitig aus. Sie tänzeln nicht herum sondern fragen, was sie wissen wollen.
ZitatAlles anzeigenMadeleine: Welche Farbe haben deine Augen?
Olly: blau
Madeleine: Geht’s auch etwas genauer?
Olly: meerblau
Madeleine: Atlantik oder Pazifik?
Der Spannungsbogen flaut dabei niemals ab. Dabei geht das ganze natürlich weit über das übliche Werden sie? Werden sie nicht? hinaus. Es ist mehr ein: Werden sie jemals im selben Raum sein? Wird Maddy dabei explodieren? Und wird Maddys Mutter ihre Freundschaft bemerken?
Dabei ist die Geschichte natürlich süß, aber der Zuckerschock ist aushaltbar. Keine Diabeteswarnung für dieses Buch. Es klingt zwar nicht so, weil diese Rezension sehr viele Ahs, Ohs, und Schachtelsätze enthält, aber das liegt vor allem daran, dass ich realen Zucker gegessen habe. Und zwar viel davon.
Das, was mich gestört hat, ist der Schluss.
Okay, Maddy ist also gar nicht krank. Ihre Mutter hat sich das eingebildet, weil sie ihr Kind sicher bei sich halten wollte. Maddy kann somit in Zukunft das Haus verlassen und ganz normal vor sich hinleben. Ich habe diesen Plot Twist schon seit den ersten Seiten ahnen können und die ganze Zeit gehofft, es wird nicht so sein. Was für eine Message ist das denn? „Hey, man kann nur glücklich sein, wenn man nicht krank ist“? Ja, SCID ist eine scheiß Krankheit, aber man kann sie sich auch nicht einfach weg wünschen. Way to go, um Leuten mit SCID oder ähnlichen Krankheiten Mut zu machen und ihnen zu sagen, dass man auch damit ein Leben leben kann. Nope, laut dem Buch hat man nur gut zu leben, wenn man das Haus verlassen kann, und wenn es einen tötet. Denn tot draußen zu sein ist besser, als sich ein Leben drinnen einzurichten. WTF.
Gleichzeitig wurde die Mutter, die übrigens für den Großteil des Buches nicht mal einen Namen bekommt, was ich hasse, wie die Pest, als Opfer dargestellt. Yepp, sie ist psychisch krank. Madeleine dazu anzuhalten, nett zu ihr zu sein, weil ihre Mutter sie jetzt braucht, halte ich allerdings für falsch. Ja, sie hat so gehandelt, weil sie krank ist. Trotzdem hat sie Madeleine 18 Jahre gestohlen und diese hat ein Recht, sauer zu sein. Man darf sich von psychisch kranken Menschen abwenden, wenn sie einen verletzen. Das ist in Ordnung.
Aber nein, Maddy wohnt immer noch bei ihr und hält ihr Händchen, weil alle ihr sagen, dass die Mutter das braucht.
Und nach diesem Thema jetzt noch jammern auf hohem Niveau:
Mir sind alle Charaktere zu blass geblieben, allen voran Olly. Ich weiß nichts über ihn, außer, dass er muskulös ist, gerne klettert, Mathe mag, und schwarz trägt.
Ach so, und sein Kopf ist seltsam geformt.
Das wars. Selbst seine E-Mail-Adresse ist Genericuser33@gmail.com. Und sein Zimmer hat, bis auf ein Parkour-Poster, keinerlei Deko.
Man hätte ruhig ein bisschen über ihn erzählen können. Wie bezahlt er sein Auto? Hat er einen Nebenjob? Will er studieren? Will er mal mit seinen 5 Kindern Partridge Family-Style durchs Land ziehen? Was tut er gerade und was hat er vor im Leben?
Das gleiche mit Maddy. Sie lernt fleißig, aber was sie in Zukunft anstellen will ist ein Mysterium.
Schön fand ich den Schreibstil. Er ist locker leicht. Sogar so leicht, dass ich das Buch innerhalb eines Tages in wenigen Stunden beendet habe. Große Teile werden über Chatnachrichten zwischen den beiden bestritten. Wie ihr wisst, bin ich ein Sucker für so etwas.
Es gibt auch Illustrationen (ILLUSTRATIONEN!). Und Tumblr-Postings. Über Bücher. Alles in allem ist das Buch eine Wundertüte an Varietäten. Man mag einen bestimmten Stil? ZU BLÖD. Aber keine Sorge, in 5 bis 20 Seiten kommt er wieder.
Und außerdem: Yay for diversity! Maddy ist nämlich japanisch-afroamerikanisch. Mit Sommersprossen.
Fazit:
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