Das Jane-Austen-Projekt

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orthanger Abbey von Val McDermid? "Sinn und Sinnlichkeit" von Joanna Trollope? Es bringt eine leichte Dissonanz mit sich, wenn man das laut vor sich her sagt, oder? Doch genau das haben sich sechs BestsellerautorInnen gemeinsam mit dem Harper Collins Verlag vorgenommen: Die sechs Romane von Jane Austen neu zu interpretieren im Rahmen des Jane Austen Projektes.

Das Projekt stößt vor allem im englischsprachigen Raum auf vehemente Kritik und wenn wir ehrlich sind: Natürlich sind Jane Austens Romane so zeitlos und gelungen, dass sie kaum einer Modernisierung benötigen. Doch geht es beim Schreiben von Büchern immer darum, was "gebraucht" wird? Handelt es sich bei dem Projekt einzig darum, schnell Geld mit den Fans zu verdienen? Oder hat nicht Elizabeth sogar schon gegen Zombies gekämpft?

Nacherzählungen sind keine neue Erfindung

Sehen wir uns in der Welt der Literatur um, so finden wir etliche Romeos, die mit ihren Julias ihre Liebe gegen alle Widerstände ausleben. Wir finden blutsaugende Vampire, die nicht immer Graf Dracula heißen und manche davon sind so neu, dass sie sogar noch glitzern. Die Idee ist also bekannt und bietet sogar einige interessante Möglichkeiten. Natürlich ist das Etikett "nach Jane Austen" trotzdem kein Garant für ein gelungenes Buch. So war ich als Jane-Austen-Fan ebenfalls skeptisch.

Northanger Abbey

Während in Deutschland als erstes Buch "Jane Austens Northanger Abbey" von Val McDermid veröffentlicht wurde, nahm das Jane Austen Project in Großbritannien mit "Sense and Sensibility" von Joanna Trollope seinen Anfang. Dort sind auch bereits die Bücher drei ("Emma" von Alexander McCall Smith) und vier ("Pride and Prejudice" von Curtis Sittenfeld) erschienen.

Northanger Abbey im neuen Gewand

Die schottische Romanautorin Val McDermid ist vor allem bekannt für ihre spannungsgeladenen Thriller, von denen sie bisher eine ganze Menge geschrieben hat. Sollte sie den satirischen Schauerroman mit einem großen Schuss Romantik aus dem Jahr 1817 nacherzählen können? Würde "Die Abtei von Northanger" auch mit Smartphone und Facebook funktionieren? Austens naive Heldin Catherine Morland wird Cat, eine gutmütige Pfarrerstochter aus Dorset. Von ihrer Bekannten Susie wird sie eines Tages zum Edinburgh Festival eingeladen und schließlich lernt sie beim Tanzunterricht den charmanten Henry Tilney kennen. Es gibt allerhand Verwicklungen, vor allem verursacht durch den überheblichen John Thorpe und natürlich spielt auch die Abtei von Northanger eine große Rolle.

By TimDuncan (Own work) [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia CommonsAlle Neuinterpretationen nutzen als Basis Jane Austens Vorlage, bringen aber frischen Wind in die Handlung. Musik spielt aus iPods, man ist auf Twitter und Facebook und gefahren wird nicht mehr mit der Kutsche, sondern mit dem Mercedes. Dieses Recycling war vor Jahrhunderten gang und gäbe. Heute gilt immer noch der Grundsatz, dass man gute Bücher wieder lesen kann, obwohl man das Ende schon kennt.

Was Jane Austen wohl zu dem ehrgeizigen Projekt sagen würde?

Ich glaube nicht, dass sie entsetzt wäre. Ich glaube, sie würde sich geschmeichelt fühlen, dass so sechs namhafte Autoren und Autorinnen ihre Bücher neu erzählen. Zumindest "Northanger Abbey" merkt man deutlich an, wie sehr Val McDermid das Original und dessen Autorin verehrt. Das Projekt ist also nicht nur ein gewagtes Experiment, sondern auch eine wunderbare Hommage an eine großartige und unerreichte Autorin. Die Bücher werden niemals besser sein und sie versuchen auch nicht, die Vorlagen zu ersetzen. Sie erreichen aber sicherlich eine ganz neue Zielgruppe, die so vielleicht neugierig auf die Originale werden.

Es ist interessant, wie die AutorInnen mit der Modernisierung umgehen. Die grundlegenden Aspekte des Zusammenlebens haben sich verändert. Wir leben heute in einer Welt der Informationsflut. Will man mit jemandem in Kontakt treten, so ruft man ihn schnell an, anstatt einen Brief mit einem Diener zu schicken. Wir reisen auch viel schneller mit Autos, anstatt zu Pferd. Über all dies muss man sich Gedanken machen, will man so ein Buch nicht gegen die Wand fahren.

Northanger Abbey Deutsche AusgabeSinn und Notwendigkeit?

Am Ende kann man fragen: Brauchen wir diese Bücher wirklich? Nein. Wir brauchen sie nicht. Richten sie Schaden an? Nein. Ganz sicher nicht. Jane Austen bleibt Jane Austen. Immer. Diese neuen Bücher können aber vielleicht eine Brücke schlagen zu den so lesenswerten Klassikern.

Ich freue mich auf die weiteren Bücher des Projektes (besonders auf meinen Liebling "Stolz und Vorurteil"), die hoffentlich bald erscheinen.

Links:

Webseite The Jane Austen Project

Facebook The Jane Austen Project Facebook

Webseite Val McDermid (Webseite)

Webseite Harper Collins Deutschland

 

Bildnachweis
Foto Val McDermid:By TimDuncan (Own work) [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Blogtour erstellt. Die Blogtour findet vom 20. bis zum 24. Januar 2016 statt.

Morgen werdet ihr bei Kielfeder mehr über die Autorin erfahren. am 22.01. gibt es im Teesalon einen Vergleich zum Original. Bei Photographic Library findet ihr am 23.01. einen Beitrag über ein schottisches Frühstück und ein leckeres Scones-Rezept. Den Abschluss der Blogtour bildet am 24.01. das Edinburgh Festival Fringe bei Schattenwege

Gewinnspiel

Wie könnt ihr eines von fünf Exemplaren dieses wunderbaren Buches gewinnen? Ganz einfach: Kommentiert diesen Artikel und verratet mir ob und welches Buch ihr von Jane Austen schon gelesen habt.

Doppelte Gewinne werden ausgeschlossen. Die Gewinner_innern werden voraussichtlich ab dem 25.01. auf Literaturschock bekannt gegeben und per E-Mail benachrichtigt.

Werft unbedingt auch einen Blick auf unsere Leserunde ab dem 22.01. zu "Jane Austens Northanger Abbey" - natürlich dürft ihr dort auch gerne direkt einsteigen und mitdiskutieren.

SuseÜber die Autorin

Susanne K. (Literaturschock.de)

Susanne Kasper ist Gründerin und Chefredakteurin von Literaturschock und Leserunden.de. Sie liebt es, andere für die Literatur zu begeistern, ist Preisträgerin des Virenschleuderpreises der Kategorie "Persönlichkeit des Jahres" 2016 und bietet unter Social-Reading.media einen Autoren- und Verlagsservice. Über schamlose Mails freut sie sich ebenso wie über vegane Keksspenden. Sie nutzt in ihren Artikeln immer mehr das Femininum, weil sie der Ansicht ist, dass damit auch Männer gemeint sind.

 

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